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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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schreiben.
    Willem meinte, daß das auch nicht mehr helfen würde, und der Professor lachte.
    Dann schlenderten sie.
    Ãœber den grünen Boulevard, über den gelben, durch die knalligen Farben der Zeit und die architektonisch gewollten Brüche.
    Apropos, sagte der Professor. Man hat festgestellt, daß durch die ständig wachsende Automatisierung die Verbindungen in unseren Köpfen verkümmern. Schon heute gibt es Tausende – ach was: in den USA sind es Millionen, die nicht mehr wissen, wie man ohne elektronische Geräte überlebt. Was sagen Sie dazu?
    Pathologische Fälle.
    Könnte man meinen. Aber hopplahopp werden diese Fälle in der Überzahl sein und den Spieß umdrehen. Und dann werden die letzten Feuermacher und Automatenverweigerer pathologisch sein. Ich sage Ihnen, Kronhardt, die Automatisierung wird voranschreiten, altes Wissen verkümmern und schließlich verschwinden. Nehmen wir zum Beispiel das Brot: dieselben Menschen, die heute nicht mehr wissen, wie man ohne Strom Brot röstet, werden schon morgen vergessen haben, was überhaupt ein anständiges Brot ist. Und diejenigen, die heute dransitzen, Schaltpläne für Automaten zu entwickeln, werden morgen schon Schaltpläne für selbströstendes Brot entwickeln. Und hopplahopp, mein lieber Kronhardt, haben wir ein pathologisches Szenario auf Metaebene.
    Wie gesagt, heute sind es noch plumpe Automaten, die auf Befehl erhitztes Wasser plus Instantpulver ausspucken. Eine simple Angelegenheit, möchte man meinen. Und doch befinden wir uns schon hier auf einer Ebene der hochaktiven Manipulation, und indem der Mensch den sogenannten Fortschritt ständig vorantreibt und alles weiter und weiter aufspaltet, greift er ein bis in die eigene Evolution. Und nun stellen Sie sich selbströstendes Brot vor. Dazu wird man vielleicht die alten Varianten der Süßgräser oder Hefebakterien neu kombinieren, man wird eintauchen in genetische Informationen, wird Genwirkung umwandeln und neue Eigenschaften hervorbringen, und hopplahopp werden die manipulierten Merkmalsausprägungen zum Erbgut, und wir beleben unsere Welt mit etwas, was die belebte Welt selbst nie hervorgebracht hätte.
    Willem sah die leuchtenden Augen des Professors.
    Verstehen Sie, die Menschen betreiben die eigene Entmenschlichung. Sie lösen sich mit aller Macht aus dem Netzwerk der Evolution zugunsten einer neugeschöpften Synthetik. Sie geben uraltes Wissen auf und eingefleischte Fähigkeiten zur Anpassung und glauben fest daran, jede Schwäche und jede Degeneration auszugleichen, indem sie immer tiefer und immer gezielter Einfluß nehmen auf den gesamten Lebensraum. Und hopplahopp wird alles außer Kontrolle geraten; die über Jahrmilliarden eingeschwungene Harmonie des Lebens, die Artenvielfalt, Ozeane, die Atmosphäre, alles. Die menschliche Ethik, die wohltemperierten Sozialkontakte und alle Ehrfurcht vor der Schönheit und Größe einer über uns stehenden Schöpfung. Und die Menschen werden von alledem nichts merken, sie werden degeneriert in ihrer neugeschöpften Synthetik dahindümpeln und sich für übermenschlich halten. Nichtwahr, das Böse ist, daß das Böse sich nicht zu erkennen gibt. Und wir werden die letzten pathologischen Fälle sein, was. Wir mit unserer Sehnsucht nach einem stinknormalen Weizenfeld, nach ordentlichem Brot und selbstgemahlenem Kaffee. Was, mein lieber Kronhardt!
    Willem lächelte und sagte nichts. Er fühlte sich seltsam geborgen in den Worten des Professors. Als säße er auf der Wurt oder auf einer Werkbank in der Kommune, und so schlenderten sie über die Boulevards.
    Der Professor kickte in einen Haufen Plastikbecher. Wir sollten beizeiten ein Gestört-Lämpchen fürs Gehirn entwickeln. Oder meinen Sie nicht? Und er zerknüllte seinen Becher und warf ihn in einen Papierkorb.
    Für das Geschäft gab Willem kaum noch Zeit her, und den Alten gegenüber argumentierte er mit Stundenplan und Leistungsnachweisen. Und für alle Fälle hielt er eine Liste mit Seminaren und Vorlesungen bereit, um jederzeit eine Rechtfertigung parat zu haben. Tatsächlich jedoch hatte er seinen Stundenplan so zusammengestellt, daß ihm noch Zeit für andere Dinge blieb, und einen Großteil seiner Hausarbeiten erledigte er in der Bibliothek. Zu seinen Kommilitonen hatte er nur wenig Kontakt, und es war ihm egal. Ein- oder zweimal in der Woche fuhr

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