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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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hörten die rauhen Atemstöße, sie küßten sich mit aufgerissenen Augen und sahen, wie der Jüngere endlich nachgab. Er lief ein paar Meter, blieb stehen und flüchtete schließlich vor dem Alten.
    Auf dem Hochsitz spürte einer die Haut des anderen, die Reibung und Hitze, während der Hirsch die Kühe mit großer Strenge aus der Wacholdersenke trieb.
    Kurz vorm Sonnenuntergang brannte die Heide noch einmal auf, goldene und violette Blütenkronen, die sich über die Ebene bis in den achatfarbenen Horizont spannten. Das Rudel auf dem Platz warf lange Schatten, Barbara lag auf dem Sitzbrett, Willem stand behutsam auf.
    In der Ferne standen bereits Nebelbänder auf der Ebene, und die kühlen Nachtgerüche stiegen auf. Sie hatten Pullis übergezogen, aßen Schokolade und küßten sich. Unter ihnen die Tiere wirkten ruhig. Die Kühe hielten sich nah am Hirsch, und der Trupp zog gemächlich auf Äsung.
    Sie schnürten ihre Rucksäcke, als der Schuß über die Heide brach. Die Panik der Tiere war auf Anhieb zu spüren – der stockende Atem und zugleich die flüchtenden Sprünge. Ein irres Lachen folgte dem Schuß, und hinein in diesen beängstigenden Triumph ein entfesseltes Bellen.
    Als sie durch die Luke sahen, hatte der Hirsch sich gerade wieder aufgerappelt. Er blutete über dem Hinterlauf, sein Körper wankte noch einmal, schien noch einmal wegzubrechen, doch dann setzte er an und folgte mit großen Sprüngen den Kühen, die bereits gegen die Schatten eines Kieferngehölzes sprengten.
    Ã–stlich vom Hochsitz, aus körnigem Zwielicht, stieß ein kurzes Kommando. Das Bellen verstummte augenblicklich, und kurz darauf preschten zwei Schatten über die Ebene; ein langgestreckter, geschmeidiger Lauf, die Schnauzen zielgerichtet, und manchmal schien nur noch eine Pfote den Boden zu berühren. Die Hunde hielten seitlich auf den Hirsch zu, und vom Hochsitz konnten sie sehen, daß sie ihm den Weg ins Gehölz abschneiden würden. Sie waren schnell, entscheidender aber war die Schußwunde.
    Von Osten her stieg wieder das irre Lachen auf; dann wurde ein Motor gestartet, und bald zog ein Kübel mit abgeklapptem Verdeck über die Heide. Ein Mann steuerte, zwei hielten sich im schaukelnden Wagen aufrecht und johlten. Die Männer trugen Camouflage und Hüte wie Großwildjäger. Sie tranken, in einer Hand schaukelte ein Gewehr.
    Der Hirsch hinkte zwischendurch, und im Lauf schien der rote Schweiß an seiner Flanke zu verwehen. Die Hunde teilten sich. Einer schnitt den Weg zum Gehölz ab, der andere hetzte dem verletzten Tier nach. Der Kübel bremste, und die Männer sahen durchs Fernglas. Es war ein kurzer Kampf. Die Hunde stellten den Hirsch vor dem Gehölz, einer sprang ihn von hinten an, und während der Hirsch den schweren Kopf drehte, verbiß sich der zweite Hund in die Kehle.
    Die Männer johlten, und der Kübel fuhr wieder an.
    Auf dem Hochsitz meinten sie das Klagen des Hirsches zu hören. Der Hinterleib brach ihm ein, aus der Kehle spritzte Blut, und dann lag sein Kopf in der Heide.
    Nach einem Kommando ließen die Hunde ab. Sie wachten mit hängenden Zungen, und als der Wagen anrollte, sprangen sie wedelnd auf. Die Männer tätschelten sie, dann köpften sie frisches Bier, einen Augenblick stand das Klirren auf der Ebene, und in langen Zügen zogen sie die Flaschen leer. Warfen sie weg und machten sich ans Werk. Sie hatten ihre Hüte im Nacken hängen und hockten im Scheinwerferlicht über dem verendeten Tier. Einer ging zuerst ran und schnitt die Hoden ab. Dann nahm er das Geweih und bog den Kopf, so daß der Hals glatt auf dem Boden zu liegen kam. Die anderen setzten eine Schrotsäge an, und bald stießen ihre Unterarme wie Kolben. Als der Kopf abgetrennt war, johlten sie, dann wuchteten sie die Trophäe in den Kübel. Auf ein Zeichen hin machten sich die Hunde über den Kadaver her. Die Männer hatten einen Fuß lässig auf dem Kübel und tranken. Vom Hochsitz konnten sie das Lachen hören, und wenn ein Streichholz aufflammte, sahen sie, daß die Gesichter unter den breiten Hutkrempen mit Asche bemalt waren.
    Der Rückweg war lang, und sie wagten erst spät, die Taschenlampe einzuschalten.
    Der Käfer stand noch da, sie kamen gut auf die Landstraße, und noch bevor die Heizung auf Touren war, hielten sie an einem Dorfkrug. Die Stammgäste

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