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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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beschickt seine Dinge am Morgen langsam; auch wenn Barbara mehr Zeit für Toilette und Garderobe braucht, ist sie vor Willem abfahrbereit. Sie holt den Jaguar aus der Garage, wendet ihn, schließt die Flügeltore und lehnt sich gegen den Wagen. Reste der Nacht durchziehen noch die Luft, doch in dem lauen Wind steckt bereits die Ahnung von Hitze. Die Eichen stehen im klaren Licht; in der Höhe haben Wolkenfasern sich zu einem Strang formiert, aus dem Fortsätze wie Rippen heraustreiben. Der Himmel dahinter ist von tiefer Farbe. Barbara läßt den Morgen in sich, nimmt seine Spur auf. Eine Drossel singt aus den Ästen, das Pferd der Nachbarn wiehert, und als Willem kommt, gibt er ihr einen Kuß.
    Der Kies knirscht unter den Reifen, dann ziehen sie die kleine Straße gemächlich bis auf die Chaussee. Willem läßt einen Arm aus dem offenen Fenster hängen, und durch die Windschutzscheibe fallen die Bilder der Welt; die Kurve abwärts in die Senke, durch die Auwaldreste vorbei an der Anhöhe mit dem Schloß, und manchmal nimmt ihm die Limousine das Gefühl für Geschwindigkeit, und Wegstrecke und Zeitspanne lösen sich im knautschigen Leder einfach auf.
    Barbara zieht die Glühspirale heraus und raucht. Sie steuert souverän, und aus der anrückenden Stadt kann sie bereits die Schwingungen spüren. Den Rhythmus des Tages, und so verdichtet sich die Welt in der Windschutzscheibe, und der Jaguar zieht ein ins Städtische.
    Als sie die Brücke über die Lesum nehmen, sagt sie: Glaubst du an die Theorie deiner Detektive?
    Willem blickt noch eine Zeit geradeaus. Dann sieht er seine Frau an. Friedhelm Lampe hat von Anfang an am Embolietod meines Vaters gezweifelt. Und Konetzke scheint auf Material gestoßen zu sein, das Lampes alten Verdacht nur erhärtet. Wenn hinter dem Mord an Lampe wie auch an Konetzke das Motiv steckt, die wahre Todesursache meines Vaters unentdeckt zu lassen, steckt sehr wahrscheinlich jemand von damals dahinter. Ein alter Mensch also, der heute noch immer in der Lage scheint, einen Mord so gekonnt in einen natürlichen Tod zu verwandeln, daß die Welt ringsherum keinen Verdacht schöpft. Vielleicht ist dieser Mensch heute nur noch treibende Kraft und hat zur Ausführung seiner Taten Gehilfen zur Hand. Die große Frau und der große Mann könnten solche Gehilfen sein. Und der ominöse von Wrangel könnte die treibende Kraft dahinter sein. Ob sich hinter Kronhardts altem Geschäftsfreund Steiner tatsächlich von Wrangel verbirgt, wird sich zeigen. Daß aber Kronhardt selbst in diesen Fall verstrickt ist, glaube ich immer noch nicht. Er ist der Bruder meines Vaters; mein Onkel, mein Stiefvater; ein Mensch, an den ich kaum herzliche Erinnerungen habe, der aber aus seiner kühlen, aufgeblähten, vielleicht auch hilflosen Art heraus dennoch Spuren hinterlassen hat, die bis in mein Herz langen. Nein, Kronhardt traue ich so eine Fähigkeit zur Täuschung nicht zu. Auch nicht die Kaltblütigkeit. Und auch meiner Mutter traue ich es nicht zu.
    Barbara fädelt auf der sich ausbreitenden Straße nach rechts und steuert Richtung Hafenrand. Sie ziehen vorbei an der Stahlhütte und biegen hinter der Ampel auf die neue Trasse. Vorbei an Umschlagplätzen für Container, an Holzlagern und rangierenden Waggons. Die Sonne wärmt bereits den Fahrtwind und treibt die Gerüche in die Kabine. Als rechter Hand die Zylinder der Getreidemühle in Sicht kommen, sagt sie: Ich traue es den beiden auch nicht zu. Dann zieht sie nochmals die Glühspirale, raucht und sagt schließlich: Inéz aber.
    Wie?
    Barbara macht ein hilfloses Gesicht. Du hast es ihr von Anfang an unterstellt. Fledermaus- oder Austernsinne, hast du gesagt. Und Inéz meint, daß sie etwas spürt. Daß Robert in die Sache verwickelt ist.
    Und du?
    Ich weiß es nicht, Willem.
    Du meinst, wir sind befangen? Zu nah dran am Alten, um klar zu sehen?
    Ich weiß es nicht.
    Auf dem ehemaligen Werftgelände sind Fahnen gehißt. Wo einst das Eisen zu Onassis gebogen wurde, finden inmitten des glitzernden Einkaufszentrums Erlebnistage statt, und Willem liest, daß man heute Schlagerstar werden kann. Er sagt: Die Detektive haben das zu mir gesagt. Daß ich viel zu tief drinstecke, um noch klar zu sehen.
    Manchmal ist ein Blickwinkel von außen hilfreich.
    Ja.
    Sie drückt seine Hand. Rita Schrödinger hat eine neue Produktionsstrategie

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