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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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entwickelt. Die Frau ist gut, und ich fahre nachher hin. Wenn du willst, nehme ich Robert mit. Dann kannst du in Ruhe sehen, ob du was über Steiner findest.
    In der aufsteigenden Stadt wird die Hitze spürbar; als würde der neue Tag einen Energiespeicher öffnen, scheinen glastige Wellen aus den Häuserschluchten zu strömen, und nur einmal, als sie die Brill-Kreuzung nehmen, können sie zwischen den Brauereigerüchen noch eine leichte Frische ahnen.
    Barbara steuert durch die Martinistraße, und sie sehen Konetzkes Studio. Der Geländewagen des Serben steht nicht mehr da.
    Auf dem Osterdeich staut sich der Verkehr; rechter Hand der Fluß trägt unter glitzernden Reflexen das Blau des Himmels, doch die Brise von dort verdampft zwischen den heißen Motoren. Huptöne stoßen aus der Autoschlange, sie kommen nur langsam voran. Barbara erzählt, daß der Kykladenreeder sich wieder gemeldet habe. Ihm sitzen jetzt die Steuerfahnder im Nacken. Er hat in einem Kafenion am Hafen gesessen, als er die Männer vom Festland her in einem Motorboot kommen sah. Anzug, gespiegelte Sonnenbrille, und dann haben sie seine Flotte an die Kette gelegt. Auf der ganzen Insel haben sie es so gemacht. Noch die Alten, die irgendwann einmal zufällig gestrandeten Touristen Unterkunft im Stall gewährt haben, werden zu Steuersündern hochgerechnet, und von einem auf den anderen Tag ist nun die ganze Insel mit einer Schuld beladen, an der noch die Zukunft der Kindeskinder zerbrechen muß.
    Willem sagt: Ich mag die Griechen. Und ob sies wollten oder nicht, sie haben sich aufs falsche System eingelassen. Europa und die neue Währung passen womöglich nicht zu ihrer Philosophie.
    Ich glaube, sie wollten nicht. Aber konnten nicht anders. Dann lächelt sie und küßt ihn. Wie du.
    Als sich der Verkehr um eine Ampelphase voranschiebt, sagt sie: Ich werde ihm ein Geschenk machen. Einen schönen Anzug mit dezenter Stickerei: Es lebe der Freigeist!
    Willem sagt: So einen Anzug nehme ich auch. Und dann: Was ist mit Laschek?
    Wie kommst du auf Marcel?
    Er ist degeneriert und paßt nicht in unsere freigeistige Welt.
    Wir müssen uns auf ihn einlassen. Alles andere ist Energieverschwendung.
    Du hältst ihm die Stange, weil er das Geschäft nach vorne bringt.
    Das Geschäft bringen wir nur gemeinsam voran. Wenn wir gut zusammenwirken.
    Laschek wirkt aber nicht gut mit uns zusammen.
    Es kommt vielleicht mehr darauf an, auf welche Bereiche eines Menschen du dich einläßt und auf welche nicht.
    Du ignorierst seine Perversitäten?
    Nein. Wenn offenbar wird, daß er wo auch immer Perversitäten treibt, feuere ich ihn.
    Weiß er das?
    Ich denke, du hast mit ihm gesprochen.
    Ich komme bei ihm nicht an. Wir sind zu weit auseinander, haben keine gemeinsame Basis mehr. Und solange er Kronhardt hinter sich hat, ist ihm eh egal, was ich sage.
    Du mußt ein Gefühl für den Dicken entwickeln; fürs Miteinander. Da ist es meist besser, auf sanfte Art zu wirken. Respektiere ihn einfach so, wie er ist. Bleib offen, fang seine Energien ein, und wenn du seine Schwächen hast, zeigst du ihm, wie es anders geht. Und daß es sich anders lohnt. Ganz sanft, Willem. Aus dem Herzen. Das kannst du doch.
    Laschek ist ein Brocken für mich.
    Soll ich mit ihm reden?
    Vielleicht. Aber vielleicht versuch ichs auch noch mal.
    Hitze und Abgase scheinen direkt aus dem Asphalt zu stoßen, die Huptöne in den zähen Ampelphasen steigern sich. Rechter Hand fällt die Deichböschung in Wiesen ab, und Willem sieht Menschen, die dort im Gras liegen; Hunde spielen, der Fluß zieht dahin, die Reflexionen.
    Barbara beobachtet den Verkehr; dann schert sie aus der Schlange und beschleunigt auf der Gegenspur. Es ist ein vertrautes Manöver, und auf der Uhr sieht Willem, daß sie heute drei Minuten früher dran sind als gestern. So ziehen sie ein in das schmale Netz der Nebenstraßen; stoßen von hinten gegen das Theater vor und halten sich dann wieder einwärts; vorbei an der Kunsthalle und den Wallanlagen, und als die Doppelspitze vom Dom durch die Scheiben fällt, steuert Barbara den Jaguar durch eine schmale Einbahnstraße Richtung Marktplatz. In einer reservierten Bucht steigen sie aus.
    Das Morgenlicht zieht weich gegen die Schatten, über den schmalen Straßen ist der Himmel ein Streifen. Manchmal spüren sie, wie die Mauern die Hitze verschlucken oder etwas Dumpfes

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