Kronjuwel (German Edition)
stürmte er mit gesenktem Kopf los und schien Noah einfach umrennen zu wollen. All seine Schmerzen vergessend sprang Noah zur Seite, packte den Mann bei seinen ausgestreckten Armen und nutzte den Schwung des Mannes, um ihn mit einer Drehung zu Boden zu werfen. Der vermeintliche Dieb landete hart auf dem Rücken und Noah sprang sofort auf seinen Brustkorb und griff mit einer Hand an die Kehle des Mexikaners während er mit der anderen zur Faust geballt weit nach hinten ausholte, um so drohend zu verharren.
»Was sollte das werden?«, fragte er ihn mit zischender Stimme. Er musste sich zusammenreißen, um in seinem Gesicht die Schmerzen zu verbergen, die jetzt, da der Adrenalinstoß langsam wieder abnahm, wieder in seinen Körper zurückkehrten.
»Señor, bitte verstehen Sie doch«, stammelte der Mann, doch bevor er weiter sprechen konnte packte Noah noch ein bisschen fester zu und fuhr ihn an, »Wie heißt du?«
»Ricardo, Señor. Ich bin Ricardo, ich bin schon die ganze Zeit bei der Expedition dabei, bitte, lassen Sie mich gehen«, sagte der mexikanische Helfer mit starkem spanischem Akzent.
»Ich denke nicht einmal daran«, sagte Noah hart und hielt die Faust weiterhin geballt, weil der Mann sich zwar erfolglos aber heftig wand um seinem Griff zu entkommen.
»Ich wollte es für meine Familie tun«, fuhr Ricardo kleinlaut fort.
»Was tun?«
»Den Fund stehlen, Señor. Es gibt Menschen, die sehr viel Geld für solche Kunst bezahlen.«
»Niemand weiß von diesem Fund, wie sollte also jemand Interesse an dieser Steinplatte haben?«
»Nicht an dieser Platte im Einzelnen, aber es wussten genug Leute von dem, was man sich von dieser Expedition erhofft hat. Sehr einflussreiche Leute, Señor. Leute mit Geld und den richtigen Freunden, die sie mit Informationen versorgen.«
»Sie meinen Privatleute wussten von dem Ziel unserer Forschung? Wie kann das sein, wenn unsere Regierungen versucht haben so wenig wie möglich an die Öffentlichkeit dringen zu lassen?«
»Wir sind in Mexiko. Geheimnisse sind hier nur so viel Wert wie das doppelte Monatsgehalt desjenigen, der sie für sich behalten soll.«
»Wohin wolltest du die Platte bringen?«
»Ich kenne einen Mann in Ciudad de Mexico. Der hat Kontakte in alle möglichen Kreise. Ich bin nur ein kleiner, unbedeutender Mann, Señor, ich habe keinen Plan. Ich will einfach nur ein paar Dollar verdienen.«
»Nicht mit meinem Fundstück«, sagte Noah und unterdrückte den Reiz, nachzufragen, wie viel man auf dem Schwarzmarkt wohl für die Steinplatte bekommen konnte. Selbst ein paar tausend Dollar waren für einen einfachen Arbeiter in Mexiko bereits ein kleines Vermögen, deshalb rechnete er mit keiner all zu großen Summe. Nicht groß genug, jedenfalls, um dafür eine Straftat von dieser Größenordnung zu begehen.«
»Señor, ich bitte Sie«, fuhr Ricardo flehend fort, »Lassen Sie mich gehen, ich werde keinen Ärger mehr machen, das verspreche ich.«
Sie wurden unterbrochen, als draußen vor seinem Zelt eine vertraute Stimme seinen Namen rief. Noah wurde panisch, als er erkannte, dass Caine auf dem Weg zu seinem Zelt war.
»Hier herüber«, zischte er seinem ungebeten Gast zu und wies ihn in die hinterste Ecke seines Zeltes hinter eine schwere Ausrüstungskiste, in der die Mikroskope transportiert wurden, die sie zur genaueren Untersuchung der Fundstücke brauchten. Ricardo folgte seiner Aufforderung prompt und kauerte sich hinter der Kiste in die Ecke des Zeltes. Im buchstäblich letzten Moment warf Noah ein herumliegendes Stück der Transportfolie über Ricardos Kopf und wandte sich der Öffnung auf der anderen Seite seines Zeltes zu.
Der Eingang zu seinem Zelt wurde forsch zur Seite bewegt und Professor Caine trat ein. Noah machte hastig ein paar Schritte aus der hinteren Ecke seines Zeltes heraus, um ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Stelle zu lenken, an der Ricardo sich versteckt hielt.
»Hier sind Sie«, begann sie als sie ihn erblickte, »Was machen Sie denn, heute ist Ihr Abend. Wir wollen gleich zu Abend essen und Sie dürfen nicht fehlen.«
»Gut, ich schätze, dann komme ich auch gleich«, erwiderte Noah ausweichend.
»Arbeiten Sie an irgendetwas?«, schob Caine hinterher, als sie sah, dass die Schreibtischlampe brannte und ein offenes Notizbuch auf der Tischplatte lag.
»Ich... ich musste noch den Logbuch-Eintrag schreiben und eine Hand voll Skizzen anfertigen. Das sollte nicht mehr lange dauern.«
»Das kann doch nicht Ihr Ernst sein Noah, gönnen
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