Kronjuwel (German Edition)
Sie sich Ihre wohlverdiente Pause. Morgen ist genug Zeit, alles zu dokumentieren, heute wird gefeiert«, sagte Caine und wandte sich zum Gehen, doch plötzlich hielt sie inne und drehte sich noch einmal schmunzelnd zu Noah um.
»Zeigen Sie es mir noch einmal«, sagte Sie und ein diebisches Vergnügen stand ihr ins Gesicht geschrieben, als sei sie kurz davor etwas Verbotenes zu tun.
»Ja, natürlich«, erwiderte Noah kurz und fragte sich, ob sie sich jemals an dem Fundstück satt sehen würde. Er wandte sich der Feldkiste zu, in der das wertvollste Stück ihrer Expedition sicher in Tüchern eingewickelt lagerte. Zum zweiten Mal an diesem Abend holte er die Tafel für Caine hervor, die ihn so gar nicht mehr an diejenige Professorin erinnern wollte, die ihn an der Universität stets mit stupiden Aufgaben drangsaliert hatte. Vielmehr hatte er das Gefühl sie wäre unter der Belastung der Expedition menschlicher geworden und als hätte der erlösende Fund sie endlich befreit. Es kam ihm so vor, als wäre ein fast kindlich entzückter Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie abermals die schwere Steintafel in Augenschein nahm.
»Fantastisch«, murmelte sie leise wie zu sich selbst und fuhr mit einem Finger über die eingravierten Schriftzeichen als würden sie ihre Bedeutung preisgeben, wenn sie nur beharrlich genug war. Sie hob die Tafel an, wog sie in den Händen und folgte mit fachkundigem Blick den Konturen der Platte, genau so wie sie es schon so oft am diesem Tag getan hatte. Schließlich gab sie Noah das Fundstück zurück, dankte ihm und wandte sich abermals zum Gehen. Noah war, trotz der eigenartigen Verwandlung Caines in eine fast schon umgängliche Person, erleichtert, doch auch dieses Mal blieb sie wieder an der Zeltwand stehen und drehte sich um.
»Wissen Sie, Noah«, sagte sie, während der Ausdruck der Verzückung in ihrem Gesicht nur langsam verblasste, »das haben Sie wirklich gut gemacht.«
»Bitte, Professor?«, gab Noah erstaunt zurück.
»Es war Ihr Fund, Ihre Leistung. Ohne Ihre Eingebung hätten wir diesen Sektor nie abgesucht und folglich nie diese Grotte gefunden.«
»Es freut mich, dass Sie das so sehen, aber wäre ich nicht zufällig diesen Abhang herunter gefallen...«
»Kein ,aber‘, Noah«, unterbrach sie ihn, »Seien sie nicht zu Unrecht bescheiden.« Mit diesen Worten wandte sie sich von ihm ab und verließ das Zelt, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
Unter normalen Umständen hätte Noah dieses Eingeständnis Caines viel bedeutet, doch wollte diese völlig neue Seite an seiner Vorgesetzten ihn heute nicht so sehr in ihren Bann ziehen, wie der unmoralische Gedanke, der ihm gerade in dem Moment, als sie ihn für den Fund lobte, durch den Kopf schoss.
Einen Augenblick später kam Ricardo aus der Ecke gekrochen und zog sich die Decke vom Kopf.
»Muchas gracias, Señor«, sagte er und klang dabei aufrichtig dankbar.
»Hör‘ endlich auf, mich Señor zu nennen«, fuhr Noah ihn an und hatte keineswegs vergessen, dass sein einmaliges Fundstück gestohlen worden wäre, hätte er sich nur ein paar Minuten mehr Zeit im Hauptzelt gelassen.
»Dieser Mann in Mexico City, wie ist sein Name?«, fragte er dann, doch noch bevor er den Satz beendet hatte, konnte er nicht glauben, dass er das wirklich gefragt hatte.
»Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, wie ich ihn kontaktieren kann«, gab Ricardo scheinbar ebenso verwundert über die eigenartige Frage zurück, »Sie müssen verstehen, dass er nur einer von vielen ist. Wer letztendlich das Geld für den Verkauf solcher Dinge einstreicht, wird wohl im Verborgenen bleiben.«
Noah dachte einen Moment lang schweigend nach. Er konnte sich nicht erklären, wie ihm die Idee gekommen war, die jetzt in seinem Kopf umher ging. Als sein Gegenüber nichts weiter sagte, fuhr Noah fort, »Dann werde ich dich ja wohl nicht mehr brauchen.«
»Nein, Señor, bitte, Sie müssen mich nicht melden. Warten Sie, ich kann ihnen eine Telefonnummer geben. Ich setze damit mein Leben aufs Spiel, aber vielleicht beweist das, dass ich keine bösen Absichten verfolge.«
Noah sah sich um und erblickte auf seinem Schreibtisch sein Satellitentelefon. Er griff danach und warf es Ricardo zu.
»Wählen Sie«, fuhr er ihn grob an.
»Ich fürchte, ich verstehe nicht, was Sie damit bezwecken wollen«, stammelte Ricardo und wirkte schon bei dem bloßen Gedanken, die Nummer zu wählen, verängstigt.
»Ich will sofort mit...«, setzte Noah gerade erneut an, als er von mehreren lauten
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