Kronjuwel (German Edition)
längst sein Talent erkannt und ebenso festgestellt, dass er auf lange Sicht die Fähigkeiten hatte, um sie in ihrer unangefochtenen Stellung als Leiterin der Fakultät zu gefährden. Aus genau diesem Grund schien sie seit er für sie arbeitete alles zu tun, dass er sich keinen Namen machen konnte, beanspruchte fast all seine Arbeit für sich und speiste ihn mit einem schlechten Gehalt ab.
Er schüttelte die Gedanken an seine Arbeit ab und nahm sich vor, bis Null Uhr des selben Tages an nichts zu denken was mit der Universität zu tun hatte. Schließlich wollte er den freien Tag genießen. Er stand auf, öffnete die Vorhänge und ging aus seinem Schlafzimmer in die Küche. Obwohl er bei seiner Arbeit in der archäologischen Fakultät der Universität mehr Arbeit zu erledigen hatte, als sein Gehalt vermuten ließ, lebte er in einer für seine Verhältnisse chicen Wohnung. Das Apartment lag in einem zwölfstöckigen Wohnhaus im Herzen Eugenes und war modern ausgestattet. Alles war hell und gut ausgeleuchtet, etwas was ihm besonders wichtig gewesen war, als er sich vor einem halben Jahr nach einer Wohnung in der Stadt umgesehen hatte. Er schaltete die Kaffeemaschine ein und griff dann nach seinem Computer. Er rief bewusst seine Emails nicht ab, sondern ging direkt über zu den Sportnachrichten. Die Highlights des vorletzten Spiels der Lakers, einen Kaffee und einen flüchtigen Blick in die Tageszeitung später, machte er sich bereit für den Tag.
Er verließ sein Haus um halb 8 und entschied sich zuerst die Einkäufe für den Tag zu erledigen, sodass er später nichts wichtiges mehr zu tun haben würde.
Er musste buchstäblich nur um die Ecke gehen nachdem er das Hochhaus verlassen hatte, in dem seine Mietwohnung lag, um zu einem kleinen Supermarkt zu gelangen. Es war keine Filiale einer der großen Ketten, sondern eher eine Art Familienunternehmen, geführt von einem faltigen, grauhaarigen Einwanderer aus Japan, den er seit er vor etwas mehr als einem halben Jahr zum ersten Mal ziellos in den Laden spaziert war noch nie ohne ein warmes Lächeln auf dem Gesicht gesehen hatte. Obwohl er völlig eigenständig und unabhängig war, war Mister Lin fast noch besser sortiert als viele der vorstädtischen Geschäfte, denn neben den üblichen Produkten gab es bei ihm immer auch importierte Waren, die es sonst nur in Spezialitätengeschäften gab. Und eine Möglichkeit frischeres Obst einzukaufen war Noah nicht bekannt.
Einen kurzen Smalltalk mit dem von Natur aus freundlichen Eigentümer und eine halbe Stunde später verließ Noah den Laden wieder und machte sich mit seiner Einkaufstüte auf den Weg zurück zu seiner Wohnung. Vor dem Eingang, dessen automatische Schiebetür sich schon für ihn geöffnet hatte, blieb er kurz stehen. Er warf einen Blick auf sein Auto auf der anderen Straßenseite. Ein verrückter Gedanke ging ihm durch den Kopf. Früher hatte er häufig einfach seinen Autoschlüssel und eine Flasche Wasser genommen und war mehrere Stunden lang einfach so in der Gegend umhergefahren, ohne irgendein Ziel, sondern einfach nur in der Absicht seine Gedanken herunterzufahren und wieder Herr seiner Sinne zu werden. Unwillkürlich schüttelte er kaum merklich den Kopf und wandte sich wieder ab. Er konnte kaum glauben, dass ihm das einmal Spaß gemacht haben sollte. Ohne Zweifel war er seitdem ein ziemlich anderer Mensch geworden. Und während er durch die Tür das Foyer des Apartmentgebäudes betrat und mit einem Knopfdruck den Aufzug rief, war ihm nicht bewusst, wie viel besser er sich noch gefühlt hatte, als er sich Dinge erlaubte, auf die er einfach nur Lust hatte und dass Veränderung in diesem Fall keine gute Entwicklung gewesen war.
Er stellte seine Einkäufe in den Kühlschrank, griff nach einem Apfel und wusch ihn oberflächlich unter kaltem Wasser ab, bevor er sich damit auf die Couch fallen ließ. Kurz verharrte er genau so, wie er gelandet war, seine Brust hob und senkte sich langsam und gleichmäßig und er schloss für einen Moment die Augen. Es fiel ihm schwer und er musste sich angestrengt darauf konzentrieren, dass ihn nicht erneut die tieftraurigen Gedanken überkamen, die sich jedes Mal, wenn er sein Leben mit etwas Abstand betrachtete, in sein Bewusstsein drängten. Was für unglaubliche Ziele hatte er gehabt. Doch jetzt saß er völlig kraftlos auf seinem Sofa und hatte an seinem freien Tag nichts besseres zu tun, als nach der Fernbedienung zu greifen, den Fernseher einzuschalten und die
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