Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kronjuwel (German Edition)

Kronjuwel (German Edition)

Titel: Kronjuwel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Mann
Vom Netzwerk:
der links an die Wand mit dem Bild angrenzenden Seite des Raumes lag ein etwa ein Meter schmales Fenster, das vom Boden bis zur Decke reichte. Neben dem Gemälde, das in diesem Raum, ebenso wie in der gesamten Ausstellung, das Highlight war, befanden sich nur noch wenige andere Stücke in diesem Teil der Ausstellung. In einem der angrenzenden Flure standen auf hüfthohen Sockeln und unter dickwandigen Glaswürfeln verschiedene Skulpturen, während in dem anderen Gang weitere Gemälde hingen. Einen Schritt näher an das Bild herantretend nahm Noah die Sicherheitsvorkehrungen unter die Lupe. Eine feine, für das unbedarfte Auge völlig unscheinbare Linie an der Decke und auf dem Boden vor dem Bild verriet Noah, das hier ein Abstandsmesser Alarm auslöste, wenn jemand sich dem Bild zu sehr näherte. Er vermutete, dass hinter dem Bild ein Drucksensor bei einer Berührung ebenso schnell Alarm auslöste, wie eine Bewegung, die nachts von den Sicherheitskameras aufgezeichnet wurde, von denen eine in der hinteren oberen Ecke des Raumes hing und genau auf das Gemälde ausgerichtet war, auf das Noah es abgesehen hatte.
    «Faszinierend, nicht wahr?«, erklang hinter Noah eine freundliche Stimme, die Noah unwillkürlich leicht zusammenzucken ließ. Er drehte sich um und sah in das Gesicht einer Frau, etwa Mitte dreißig, das blonde Haar zu einem glatten Zopf zusammengebunden und in einen Hosenanzug gekleidet.
    «Ich wollte Sie nicht erschrecken«, sagte sie lächelnd als sie Noahs verschreckten Gesichtsausdruck sah, doch Noah bemühte sich, diesen sofort abzulegen, um keinen Verdacht zu erregen.
    «Oh, kein Problem. Ich war gerade nur so in den Bann dieses Werks gezogen, dass ich nicht mitbekommen habe, wie Sie sich genähert haben«, erwiderte er schnell und versuchte dabei seine Stimme leicht zu verändern ohne dabei unnatürlich zu klingen.
    «Ja, manche Kunstwerke haben diese Wirkung auf uns«, gab die Frau zurück und richtete ihren Blick jetzt wie Noah zuvor auf die konstruierten Formen vor ihnen. Noah wollte sich auf kein langes Gespräch einlassen und schob sich so lächelnd an der Frau vorbei und ging in Richtung des Ganges, durch den er den Raum zuvor betreten hatte. Langsam ging er an den Skulpturen vorbei und erblickte dann, wonach er gesucht hatte. Er setzte sich auf eine Bank, von der aus man ein Gemälde auf der gegenüberliegenden Wand in Ruhe begutachten konnte. Geräuschlos öffnete er den Verschluss seiner Fototasche und holte eine dünne Mappe hervor, die aussah wie eine milchige Dokumentenhülle ohne Öffnungen. Er zog einen zwei Streifen von den Rändern der Hülle ab und klebte dann, sicherstellend, dass ihn weder ein Wachmann noch eine Kamera dabei beobachtete, die Mappe auf die Unterseite der Sitzfläche. Er blieb noch einen Augenblick sitzen und sah das Bild vor sich an, dann erhob er sich und setzte seinen Weg fort.
    In gemäßigtem Tempo bewegte er sich durch die Ausstellung zurück zum Ausgang des Museums. Wenige Minuten später trat er wieder auf den Bürgersteig vor dem Museum und beschleunigte seine Schritte etwas auf dem Weg zu seinem Hotel. Er hatte sich dafür entschieden, zu Fuß zum Museum zu gehen, zum einen, weil er sich noch keinen Mietwagen genommen hatte, zum anderen weil er nicht wollte, dass sein Gesicht von einer Kamera auf einem Parkplatz oder in einem Parkhaus aufgezeichnet wurde. Je weniger Bilder es von ihm im Umfeld des Museums gab, desto besser.
    Als er einige Blocks vom Museum entfernt war und gerade kein anderer Fußgänger um ihn herum zu sehen war, zog er die Perücke vom Kopf und steckte die Brille an den Kragen seines Hemdes, bevor er einem gerade vorbeifahrenden Taxi zuwinkte und sich die letzten zwei Meilen bis zu seinem Hotel fahren ließ.

Pläne
    Noah tippte einige Notizen in sein Telefon ein und sah nicht auf, als er im dritten Stockwerk aus dem Aufzug aussteigen wollte, sodass er unkonzentriert in seine Besucherin vom letzten Abend lief.
    «Entschuldigen Sie bitte«, begann er, bevor er sie erkannte und schob dann schnell hinterher, »Oh, Hi.«
    »Hi«, sagte sie so, dass Noah nicht sagen konnte, ob es Verlegenheit oder Zurückhaltung war.
    Noah wusste einen Augenblick lang nicht, was er sagen sollte. Doch bevor er endlich etwas herausbrachte ging die junge Frau mit gesenktem Blick und einem angedeuteten Lächeln an ihm vorbei und stieg in den Fahrstuhl ein. Einen Moment lang überlegte Noah, ob er ihr folgen sollte, ob er noch irgendetwas sagen sollte, doch dann

Weitere Kostenlose Bücher