Kronjuwel (German Edition)
ihm einfiel, um den Klang der Stimme seines Freundes durch den Hörer zu bezeichnen, war erschöpft. »Es fällt mir schwer, dich nicht anzuzeigen. Das muss enden, um deiner selbst willen.«
»Derrick, tu das nicht«, beschwor Noah ihn regelrecht und warf einen kurzen Blick über die Schulter, um zu sehen, ob Ava ihn beobachtete, ganz so, als fürchte er, sie könne etwas von der Unterhaltung mitbekommen.
»Du lässt mir kaum eine andere Wahl«, war die, wie Noah wusste, einzig richtige Feststellung, die er zur Antwort bekam.
»Aber wie gesagt, es haben sich ein paar Dinge geändert. Es gibt da jemanden, Ava, sie hat mir Dinge erzählt, die ich zuerst nicht glauben konnte.«
»Was für Dinge?«
»Über den Mann, mit dem ich die Sachen verkauft habe. Er scheint noch mehr zu sein, als bloß ein Hehler.«
»Was soll das heißen?«
»Ich denke, dass ich das bald herausfinden werde. Warum kommst du nicht her und lernst sie kennen?«
Derrick blieb kurz still, ganz so als müsste er überlegen, ob er die nächsten Worte wirklich sagen sollte, in dem Bewusstsein wie sehr sie Noah schmerzen würden.
»Eigentlich habe ich angerufen, um dich zu fragen, ob wir uns ein Spiel ansehen. Aber ich bin nicht sicher, ob ich noch länger etwas mit dir zu tun haben will.«
Noah wusste, dass ihn das nicht wirklich überraschen konnte, doch zu hören, wie Derrick es aussprach, tat ihm dadurch nicht weniger weh.
»Ich kann dich sogar verstehen«, meinte er schließlich besänftigend. »Aber du solltest sie kennen lernen. Sie ist etwas sehr besonderes, und vielleicht der einzige Grund, warum ich es in Betracht ziehe, aus all dem auszusteigen.«
»Du ziehst es in Betracht?«, wiederholte Derrick Noahs Worte und klang dabei, als würde er ihn bemitleiden.
»Vielleicht auch etwas mehr als das. Ava hat mir die Augen geöffnet.«
»Inwiefern?«
Unruhig drehte sich Noah erneut in Avas Richtung um. Sie sah zu ihm herüber und ein Anflug eines Lächelns breitete sich in ihrem Gesicht aus, als ihre Blicke sich trafen. Er entfernte sich noch ein paar Schritte weiter von dem Starbucks und den Tischen davor.
»Ihre Tochter wurde entführt. Sie ist... sie ist vermutlich bereits tot. Und sie vermutet, dass der gleiche Mann dahinter stehen könnte, mit dem ich Geschäfte mache. Ich werde versuchen mehr herauszufinden und solange lebt sie hier bei mir in San Francisco.«
Er war sich nicht sicher, wie Derrick reagieren würde. Er konnte ihn förmlich vor sich sehen, wie er ablehnend mit dem Kopf schüttelte, doch ebenso gut konnte er ihn sich vorstellen, wie er sich mit der Hand nachdenklich um den Mund fuhr, ganz so als würde er über eine Lösung nachdenken, als hätte er Noah noch nicht aufgegeben.
»Was du da angefangen hast, ist nicht gut für dich«, durchbrach er schließlich die Stille. »Ich bleibe dir für immer dankbar, Noah. Und wenn du irgendwann zur Vernunft gekommen bist, kannst du dir sicher sein, dass ein Freund auf dich wartet. Aber bis dahin ist es für uns beide besser, einander fern zu bleiben.«
Noah hatte versucht, sich so wenig wie möglich anmerken zu lassen, was der Inhalt seiner Unterhaltung in ihm ausgelöst hatte, als er den Rest des Tages mit Ava Sehenswürdigkeiten in der Stadt ansah. Doch Derricks Worte gingen nicht spurlos an ihm vorüber, während sie den Coit Tower bestiegen und von oben Fotos der beeindruckenden Skyline machten, das historische Ferry Building besuchten, das sich mit seinem hoch aufragenden Uhrturm majestätisch am Ufer der Innenstadt wie ein Relikt aus einer längst vergangenen, glorreicheren Zeit erhob und in Sichtweite des chinesischen Tors am Eingang zu China Town, das als einziges Tor dieser Art in ganz Amerika nach traditioneller chinesischer Bauweise errichtet worden war, zu mittag aßen.
Zwar fragte sie ihn nach dem Anruf, doch er wich bloß aus, da er sie nicht an der Unruhe in seinen eigenen Angelegenheiten teilhaben lassen wollte. Eigentlich hoffte er darauf, dass sich alles klären würde, dass sich irgendein Ausweg auftun würde und sich alles wieder richten ließe. Als sie abends über die beleuchteten Straßen vor der Kulisse der unzähligen noch immer brennenden Lichter in den Hochhäusern um sie herum zu seinem Wagen zurückkehrten, konnte er nicht anders, als sich an einen Moment erinnert zu fühlen, der für ihn gefühlt schon eine Ewigkeit zurücklag. Und obwohl sich seitdem alles geändert hatte, er wie ein neuer Mensch lebte und dachte, hatte sich eines nicht
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