Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
schlug jetzt ein schwarz gestreiftes, in grünes Leinen eingeschlagenes Buch vor mir auf, in dem Namen und Adressen der königlich ungarischen Gendarmerie sich in unendlicher Folge reihten.
»Bitte. Von vorn beginnend sind die Kuverts mit diesen Adressen zu beschriften. Die Anschriften müssen genauestens abgeschrieben werden. Die Arbeit wird kontrolliert. Dort befinden sich die Kuverts.«
Mitten auf dem Tisch ruhten, mit einem Band umwickelt, die ersten tausend blassgrünen Umschläge. Herr Gébics ließ mich wie einen Delinquenten zurück.
Er räumte den Saal noch nicht. Blieb vielmehr bei einem der langen Tische stehen. Seine Worte waren so spitz wie seine Nase, so kühl wie seine Augen, so blass wie sein Gesicht:
»Wenn die Herrschaften bitte geruhen wollen, nicht zu konversieren, denn, nicht wahr, es gereicht ja Ihnen selbst zum Nachteil. Und erneut möchte ich mir auch erlauben, Ihnen nahezulegen, sich nicht mit Tabakqualm so einzunebeln; wenn die Herrschaften schon ihre eigenen Lungen so wenig wertschätzen, mir ist die meine teuer.«
Ich hörte an seiner Stimme, dass er sich zur anderen Seite gewendet hatte und nun zum Nachbartisch sprach:
»Geruhen die Herrschaften bitte nicht zu träumen, denn das geht teils auf Ihre und teils auf Kosten des Instituts. Wir können Seine Hochwohlgeboren durch jeden anderen Hochwohlgeboren ersetzen, der nicht träumt.«
Die Herrschaften schwiegen augenblicklich – auch diese einzige angeblich träumende hochwohlgeborene Person –, ließen ihre Nikotinstäbchen eine Weile nur dahinglimmen und schrieben, schrieben um die Wette, man sah kaum noch Köpfe, nur mehr Schultern, und von denen auch nur noch die rechte und den Ellbogen, dazu die Hand, verlängertum den Federhalter, gerade so wie das beim Laufen vorgestreckte Bein. Dazu dieses unterdrückte Federknarzen, so als wollte es gleich aufheulen, klagend, jaulend durch die Decke fahren und am Himmel droben die den herrlichen Frühlingsnachmittag feiernden Wolken zerpflücken. Doch das riskiert es nicht, Herr Gébics weilt ja noch im Saal.
Endlich hat er sich entfernt. Aus dem anschwellenden Reden und Lachen, Ächzen und Stühlerücken, den hörbar tiefen Zügen der Raucher schloss ich es und wagte, mich umzudrehen.
Sah dort im düsteren Sterbelicht nur für Sekunden: den hundsköpfigen, heruntergekommenen Gentry, wie mir schien, einen mit verbundenem Hals, daneben den lebenslustigen Burschen mit gewelltem Haar, den mit Bohemefliege unterm Kinn und einen Halbblinden mit Augenblende, sodann den mit einem Brandmal im Gesicht, einen, der unter seiner Figarofrisur gar so naiv wirkte, wie auch den Mann mit sengend schwarzen Augen und hervortretendem Adamsapfel, der mehrfach den Kopf hochriss, als warte er auf jemanden.
Als mein Kopf zurückkehrte, wartete bereits der Mann mir gegenüber auf mein Gesicht, er hatte die Augenblende hochgeschoben und ließ dann mit etwas abschätzigem Gesicht zweimal würdevoll das Kinn auf seine Brust sinken. Nahm den schicklichen Gruß entgegen, mit dem zu dienen ich vorher ganz vergessen hatte. Ich verspürte ein gewisses Lampenfieber und war auch feige, als ich in diese Fremdheit eintauchte, und unter dem Hypnoseblick des Herrn Gébics hatte ich es gar nicht gewagt, den Schicksalsgenossen anzusehen, an dessen Tisch ich kommandiert war. Ich habe mich also kerzengerade gemacht und dann wortlos verneigt; schluckte dabei einen Mundvoll Scham hinunter. Der Herr hat mich zur Kenntnis genommen und ließ sein Kinn ein drittes Mal sinken, dann drückte er die Augenblende wieder herunter, nahm seine Zigarettenspitze in den Mund und begann zu schreiben.
Die Zigarettenspitze bestand aus einem kurzen Stück Schilfrohr, ich hatte solche Spitzen schon einmal gesehen, diese angesengten, abgekauten, an den Rändern vergammelten, fleckigen, schwarz gerauchten Spitzen aus Rohr. Das Gesicht des Mannes glich in Farbe und Beschaffenheit einem schäbigen, nie geschwärzten, eingedellten rostigen Ofenrohr im Sommer, wenn es kalt und ohne Leben ist. Er hat mich beinahe erschreckt, der Armselige. Ich senkte den Kopf und begann mit schwerem, aber doch ambitioniertem Herzen, Adressen zu schreiben. Voller Ehrfurcht und mit aller Sorgfalt beschriftete ich feierlich mein erstes Kuvert:
Seine Hochwohlgeboren Herrn Daniel Adamovszky, königl. ungar. Gendarmerie-Wachtmeister und Postenkommandant von Macskaháza alias Katzenhausen über Kerékkörtvélyes, Komitat Szolnok-Doboka.
So schrieb ich unter Einsatz all meiner
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