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Krumme Gurken

Krumme Gurken

Titel: Krumme Gurken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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essen. Oder mich durch die Beeren im nahen Wald ernähren. Diesen Spießrutengang an derben Sprüchen würde ich mir nicht noch mal antun.
    Meine Mutter stand gleich an ihrem ersten Tag in der
Mensa hinter der Theke. Schon als ich ihren Schöpflöffel erblickte, ahnte ich Böses.
    »Hallo, Bennie!«, rief sie begeistert. Alle Frauen aus der Küche rückten sofort in die Essenausgabe an, um mich zu checken.
    »Das ist Bennie«, sagte meine Mutter. »Mein Sohn!« Zum Essen gab’s Germknödel mit Vanillesoße. Der Knödel in der Soße sah aus wie ein Iglu auf Tschukotka.
    »Na, hast du keine Angst vor so vielen Mädchen?«, rief eine fette Köchin. »Hi, hi, hi!«
    »Nee!«, sagte ich. Hörte sich wohl nicht ganz überzeugt an.
    »Bennie hatte noch nie eine Freundin«, sagte meine Mutter. »Dabei hat er als kleiner Junge nur mit Mädchen gespielt. Gern mal auch Mädchenkleider getragen …« Mama! Was erzählst du da wieder?
    »Mädchenkleider getragen?«, fragte eine mir bereits bekannte Stimme in der Schlange, die hinter mir wuchs. »Noch nie eine Freundin gehabt?« Ich drehte mich um. Emma zwinkerte mir zu, hinter ihr Anna, die etwas gelangweilt aussah und dann noch Katja und Mia. Zum Glück wuchs die Schlange weiter und weiter. Ein großer Trupp hungriger Mädchen. Mama musste sich sputen. Sie haute auf meinen Teller einen vollen Schöpflöffel Vanillesoße und fragte: »Noch einen?«
    »Nee!«, schrie ich, und »PATSCH!«. Klar hat sie mir noch einen draufgeklatscht. Die Soße ging über den Tellerrand und suchte nach einem Fluchtweg. So wie ich. Am Thekenende krallte ich mir einen Löffel. Mit Messer und Gabel wäre der Soßensee nicht zu bewältigen.
    »Er muss viel essen«, hörte ich meine Mutter einer Kollegin erklären, die ihr bei der Futterausgabe half. Emma
hinter mir wartete auf ihre Portion. »Bennie ist gerade in die Pubertät gekommen. Bei einem Wachstumsschub muss man sich ordentlich ernähren!«
    »Gerade in die Pubertät gekommen?«, fragte Emma. »Wie alt ist er denn?«
    Meine Mutter guckte Emma an und dann die Mädchenreihe hinter ihr. »Upps!«, machte sie und grinste.
    Die Mädels bogen sich vor Lachen: »Hi, hi, hi!«
    Ich jagte davon. Wo war ein Tisch, den keiner sah? Hier! Ganz in der Ecke, hinter einer Säule versteckt.
    »Du bist also ein Spätzünder«, sagte Emma und hockte sich an meinen versteckten Tisch.
    »Spätzünder?«
    »Na, erst mit sechzehn in die Pubertät gekommen!«
    »Ich bi …bi …bi …«
    »Hast du einen Sprachfehler?«, fragte Anna. Plötzlich stutzte sie aber und starrte meine rechte Hand an. »Du isst Germknödel mit einem Löffel?« Mein Papa sagt immer, man erkennt einen Menschen an seinen Tischmanieren.« Emma und Katja guckten sich an und verdrehten die Augen. Wegen meines Löffels?
    »Hör endlich auf mit deinem Papa!«, sagte Katja. Trotzdem sah ich mich um. Die Mädchen hielten artig Messer und Gabel in den Händen und schickten sich an, den großen halbrunden Germknödel elegant zu zersäbeln, der wie ein Ufo in der Vanillesoße hockte. Auf meinem Tablett lag nur der blöde Löffel. Musste ich jetzt aufstehen und mir das Besteck holen? Sollte ich mich von den Mädels rumkommandieren lassen? Ich wollte doch krass ungesund selbstbewusst sein!
    »In Sachsen isst man nur mit dem Löffel«, sagte ich.
    »Ein echter Ossi«, sagte Emma.

    Die mollige Mia kam als Letzte zum Tisch und reichte mir ein volles Glas. »Du hast deinen Tee vergessen.«
    »Willst du dich einschleimen?«, fragte Anna.
    »Du musst hier auf der Hut sein.« Katja zeigte auf ihre Tischnachbarinnen. »Wir sind alle etwas gestört.«
    »Voll!«, pflichtete Mia bei.
    »Ich bin nicht gestört!«, empörte sich Anna.
    »Gestört?«, fragte ich. Musste um jeden Preis ungesund selbstbewusst bleiben. Wenn ich ungesund selbstbewusst war, fühlte ich MICH groß und nicht meine Gurke. Leider wollte mir gerade nichts mehr ungesund Selbstbewusstes einfallen. Verdammt!
    »Na, wenn wir nicht gestört wären, hätten uns wohl unsere Eltern nicht in ein Internat gesteckt«, sagte Emma. Zum Glück lästerten die Mädels weiter über ihre Eltern ab. Bis auf Anna. Sie schwärmte weiter von ihrem Papa, der ein echter Doktor war: Mein Papa sagt dies, und mein Papa sagt das. Musste voll der Kotzbrocken sein, der Dr. Papa. Süß aber, wie Anna ihren Papa, meinen zukünftigen Schwiegervater, he, he, he, mochte, oder? Zum Glück hat er sie in ein Internat gesteckt, und ich musste ihn noch nicht kennenlernen.
    Nur Mia

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