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Krumme Gurken

Krumme Gurken

Titel: Krumme Gurken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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sagte nichts und guckte ihren Germknödel an, als ob sie mit ihm reden wollte. ›Bist du bereit, du Germknödel, du‹ ? Sie schnitt ein Stück vom Knödel ab, tunkte es ordentlich in die Soße und führte es zum Mund. Mann! Gleich würde sie das Stück küssen. Der Germknödel machte Mia bunt… hmm … wie soll ich das sagen? Ja, bunt poetisch! Das Mädchen schien das Leben zu genießen. Während mich die Mädchen inzwischen krass überforderten. Hoffentlich würden die Perlhühner noch viele Geschichten über ihre Eltern auspacken und sich nicht erinnern,
dass neben ihnen ein interessanteres Gesprächsthema säße. Sollte ich dann unter den Tisch kriechen und dort wie Rowdy nach meinem Radiergummi suchen? Zu meinem Unglück bot sich mir eine andere Ersatzbeschäftigung an: Der Germknödel! Zu groß, um das Ding ganz in den Mund zu stecken. Am Stück war der Knödel nur als Knebel zu verwenden. Unauffällig warf ich Blicke um mich rum. Jedes Mädchen hatte mithilfe von Messer und Gabel schon den Teller halb leer geputzt. Nur ich hockte wie ein richtiger Ur-Sachse mit ’nem Suppenlöffel da und starrte den Germknödel an. Die Stimme der Vernunft in meinem Hirn sagte mir: ›Du sollst den Knödel nicht mit dem Löffel halbieren, Benn! Seine Oberfläche sieht ziemlich glatt aus. Das packst du nie! Hol dir Messer und Gabel von der Theke.‹ Doch ich hörte nicht auf die Stimme der Vernunft. Wenn ich jetzt Messer und Gabel holte, hätte ich mich echt blamiert. Ein Sachse musste doch so einen lächerlichen mit Pflaumenmus gefüllten Germknödel knacken können, verdammt! Also los! Mit Hurra auf den Kloß! Tss, tss, echt verdammt glitschig, das Ding. Mein Löffel jagte den Germknödel durch die Vanillesoße wie einen Eishockeypuck. Durch die Stille, die plötzlich um mich herum herrschte, ließ ich mich nicht verunsichern. Der Germknödel kam mir jetzt viel bedeutender vor als alles andere. Ja, das war irre wichtig, diesen blöden Knödel zu zerquetschen, zu vernichten, zu bekämpfen. Der Knödel-Ego-Shooter! Ich hatte Augen nur für meinen Teller, ich jagte den Knödel wie der wahre van Helsing den Graf Dracula. Echt blöd! Die Knödeloberfläche federte wie Gummi und widerstand jedem Löffelangriff. Da war rohe sächsische Kraft vonnöten. Hau rein, Mann! Und HUSCH! Die Kraftattacke mit dem Löffel katapultierte den Germknödel aus meinem Teller. PATSCH!
Wie ein echtes Ufo landete der Knödel auf einem fremden Gebiet – im Teller von Anna – schlitterte knapp an Annas Knödelreststück vorbei, nahm etwas fremde Vanillesoße mit und rutschte weiter auf Annas schönes hellrosa Top mit Ausschnitt, das aber nicht mehr lange schön hellrosa blieb. Zum Glück erwischte der vor Soße triefende Germknödel nicht wie ein Basketball den Korb in Annas Top – daraus würde ich mich nie trauen, den Knödel zu holen – das Ding war unterhalb von Annas Brüsten gelandet und rutschte auf einer breiten Vanillesoßespur runter, bis er in Annas Schoß liegen blieb, auf ihrem rosa Minirock, der jetzt leider auch nicht mehr ganz rosa war – das konnte ich aber nicht hundertprozentig sagen, weil Annas Rock durch den Tisch verdeckt wurde.
    »Zum Glück ist der Knödel noch am Stück«, stammelte ich. »Sonst hättest du jetzt Pflaumenmus im Schoß.« Ja, das kam aus mir heraus. Echt! Ich kam mir wie Humphrey Bogart vor. Musste doch jede Furie sanft zu stimmen, so ein männlicher Spruch. Nur Anna nicht:
    »Du Idiot!«, kreischte sie und glotzte in ihren Schoß. Sicher gab’s dort eine schöne Bescherung. Was jetzt, he? Sollte ich meinen Knödel aus Annas Schoß holen. Ich glotzte Anna an, eine irre Angst in meinem Gedärm: Würde sie mich jetzt mit ihrem Besteck töten? He? Mit Besteck töten? Dieser Gedanke kam mir trotz meiner Angst so komisch vor, dass mich glatt ein Lachkrampf gegen den Boden haute. Die Mädels glotzten mich mit großen Augen an. Ich brüllte vor Lachen, Mädchen im ganzen Speisesaal drehten sich zu uns, gleich würden meine Mutter und ihre Kolleginnen aus der Küche rauslaufen. »Tschuldigung!«, brüllte ich, vor Lachen weiter geschüttelt und sprang auf, um abzuhauen. Nur eins der Mädchen lachte mit. Ihr Lachen
habe ich erst wahrgenommen, als ich die Flucht schon angetreten hatte. Wer war’s? Musste ähnlichen Humor wie ich haben. Doch ich konnte mich unmöglich noch einmal umdrehen. Ich wollte nicht riskieren, dass mir der Anblick von Annas Vanillesoßeklamotten einen neuen Lachanfall bescherte. »Warum

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