Krumme Gurken
in die Psychiatrie gebracht.‹«
Boah! Meine erste Plattenbaulegende! Ich lauschte auf die Reaktion.
Das Mädchengekicher von unten trug mich noch höher hinauf, über die Dächer der Plattenbausiedlungen des Ostens, in den Himmel der Geschichtenerzähler. Mann! War ich gut!
Irgendwann hatten die Mädchen ausgelacht.
»Warum hast du ausgerechnet das Flötenspielen gelernt?«, fragte Katja. »Flöte spielen doch nur Mädchen.«
»Quatsch!«, sagte ich. Trotzdem war mir endlich klar, warum ich nie so richtig Bock auf Flöte hatte. Meine Eltern hätten mich zum Bassgitarrenunterricht anmelden sollen, das wäre viel männlicher gewesen.
»Die Blockflöte wurde früher eher von Männern gespielt«, sagte Mia. »Wegen ihrer phallischen Symbolik. Erst
in unseren Zeiten haben auch die Frauen das Instrument für sich entdeckt.« Wow! Diese Mia wusste Sachen über meine Flöte, von denen ich keine Ahnung hatte.
»Der Junge ist besser als das Fernsehen«, sagte Anna. Und das klang schöner in meinen Ohren als jedes phallische Flötenspiel. Auch wenn ich mittlerweile schon mitgekriegt hatte, dass Anna etwas gestelzt sprach. Wie nannte sie mich? Der Junge?
»Für dich Bennie, Schnecke!«, sagte ich in einem plötzlichen Anfall von Ich-weiß-nicht-Was.
»Wie bitte?«
»Aaa … nichts! Hab gerade zu meiner Mutter gesprochen. Ist schon weg!«
»Du sagst ›Schnecke‹ zu deiner Mutter?« Und kicher, kicher …
»Manchmal schon.«
»Spielst du uns ein Gute-Nacht-Lied vor, Burschi?«, bat jetzt Emma.
Und weil sie so nett gefragt hatte, holte ich meine phallussymbolische Flöte aus dem Schrank und verzauberte die Mädels mit All You Need is Love .
»Hast du morgen wieder eine Plattenbaugeschichte für uns?«, fragte Mia.
»Na, klar!«, rief ich, obwohl ich keine andere Plattenbaugeschichte mehr kannte. Bis morgen würde mir sicher was einfallen. »Gute Nacht, Mädels!«
Sie trauten sich nicht, zu widersprechen. Klar legte ich mich nicht ins Bett. Ich musste mich ja noch ein bissl um Fenton und Kim kümmern. Wow! Ein bissl? Sprach ich schon bayerisch?
Alles läuft wie geschmiert. Der verletzte Tom düst im Lastwagen ab. Fenton und Kim steigen hoch zum tibetischen Kloster. Wenn sie doch nur eine Spur von Richard hätten! Ich helfe den beiden mit einer genialen Detektivarbeit und so finden wir die geheime Kammer im Kloster und entdecken dort einen toten Mönch, der offenbar Richard begleitet hat. Fenton deckt immer mehr auf: Von hier entkam Richard mithilfe eines Talismans in das mysteriöse Shambala. Dieser Schlüssel in die andere Welt fehlt aber Fenton und Kim. Zu spät! In der Kammer tauchen die Nazis auf, angeführt von Hanna Gräfin von Hagenhild. Die Nazis schnappen sich Kim, damit sie ihnen irgendwelche kryptischen Schriftzeichen übersetzt. Fenton soll sofort aus dem Kloster geführt und draußen erschossen werden. Zum Glück hat Fenton seine Gasmaske dabei. Er stürzt sich auf eine mit Gasgranaten verminte Brücke. Die Nazi-Eskorte kann ihm wegen des Gases nicht folgen. Fenton beobachtet von einem Felsenvorsprung über dem Kloster, wie die Nazis mit Kim in einer Laster-Kolonne auf einem der Lastwagen wegfahren. Die Zukunft offen wie eh und je. Ich überlasse Fenton seinem Schicksal und gehe schlafen.
FKK
Am Mittwoch gegen zehn latschte ich aus dem Haus. Mein Vater fischte gerade Kobolde aus dem Hofbrunnen. »Bis dann, Vati!« Ich joggte wieder an den Waldsee. Auch an diesem dritten Tag hier wollte der Sommer die heiße Front nicht aufgeben. Afrikanische Verhältnisse. So wie ich nach meinem gestrigen Auftritt für die Mädels immer noch in Trance war, hab ich wieder meine Badehose mitzunehmen vergessen. Das hat mich aber noch weniger gestört als gestern. Gestern war’s doch ganz hübsch ohne was im Wasser: Schön schwimmen, vom Wasser aus die Brüste der Natur beglotzen, also die wippenden Baumkronen, und sich die Gurke durch Wasserpflanzen und Karpfengeblubber sanft massieren zu lassen. Hoffentlich gab’s im See keine Raubfische.
Ich zog also mein T-Shirt, meine Shorts und meine Unterhose aus. Der See schien ein ganz vergessenes Stück Natur zu sein. Fern jeder Ortschaft. Mit Autos nicht zu erreichen. Trotzdem versteckte ich meine Klamotten in einem nahen Busch. Man hat ja genug Filme gesehen, in denen Badenden ihre liegen gebliebenen Kleider gelinkt wurden. Nackt schwimmen im Waldsee konnte ich schon, nackt zurück ins Mädcheninternat laufen auf keinen Fall. Ich hüpfte ins Wasser. Wie
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