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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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mußte. Du könntest wegen eines
    Niednagels hingehen, und sie greifen zur Vaseline.
    Das einzig Interessante in der ganzen Praxis war
    ein
    Quacksalber-Gerät
    im
    zweiten
    Untersuchungsraum. Es sah aus wie eine glänzende,
    dunkelbraune Schleuder aus Bakelit mit einem
    dreißig Zentimeter langen, runden Griff. Ein Draht
    kam aus dem Ende des Griffs und führte in einen
    großen, schwarzen Kasten mit einer Unmenge Skalen
    darauf. Die Anweisungen an der Seite des Kastens
    behaupteten, daß elektrische Wellen von einer Spitze
    der Schleuder zur anderen sprängen, die bei
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    sachgemäßer Anwendung in den Händen eines
    Fachmanns alles heilen würden, von ausgetrockneten
    Eierstöcken bis zu Wasser im Gehirn. Ich drehte am
    Schalter und schaute zu, wie die gelben Funken von
    einer Spitze zur anderen flogen. Grüne Skalen
    leuchteten auf dem schwarzen Kasten auf, und ein
    schwaches elektrisches Winseln kam von irgendwo
    aus dem Innern des Geräts. Ich schüttelte verwundert
    den Kopf.
    Das war nur der Beweis, daß täglich ein
    Dummkopf geboren wurde. Manche Trottel glaubten
    auch alles. Ich krempelte mein Hosenbein hoch und
    hielt das Ding ein paar Minuten über mein schlimmes
    Knie – nur für alle Fälle –, dann stellte ich es aus und
    verließ die Praxis.
    Ich ging hinaus in den Flur und zurück zum
    Fahrstuhl. Gerade als ich mich der Ecke näherte,
    hörte ich die Aufzugtür rasselnd aufgehen. Ich fuhr
    zusammen, als hätte mich eine liebestolle
    Ziegenhirtin mit einem Feigenkaktus gekitzelt. Die
    Schritte wurden lauter. Ich hechelte schnell und flach.
    Nerven und Schuldbewußtsein.
    Ein Mann mit rosarotem Gesicht und einem
    dichten Gestrüpp rötlicher Haare bog um die Ecke
    und kam schnell auf mich zu. Als er mich erblickte,
    fuhr er so heftig zusammen wie ich zuvor. Ich grinste
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    ihn liebenswürdig an, und er nickte ruckartig. Sein
    hellbrauner Anzug war zu eng für seinen stämmigen
    Körper, der Stoff scheuerte an den Innenseiten seiner
    Oberschenkel, als er vorbeizockelte.
    Ich nahm die Ecke, sprang in den Fahrstuhl, fuhr
    runter zur Straße und ging zu meinem Auto.
    Angesichts
    des
    Ergebnisses
    meines
    Herumschnüffelns hätte ich auch gleich Lederhosen
    anziehen und die Tuba in einer Blaskapelle spielen
    können.
    Auf Verdacht beschloß ich zu warten, bis der
    rotgesichtige Mann aus dem Gebäude kam. Ich saß
    im Wagen, schwitzte, überlegte, was ich als nächstes
    tun sollte, und wurde von Minute zu Minute saurer
    auf Charlotte, weil sie mir diese Suppe eingebrockt
    hatte. Warum zum Geier tat ich das überhaupt? Ich
    gewährte einer Flüchtigen bei mir zu Hause
    Unterschlupf, um ein Haar wäre mir der Hintern von
    einem großen Hund abgebissen worden, die Bullen
    hatten mich abgeführt wie eine notorische
    Kriminelle, und fast wäre ich beim Einbruch in eine
    Praxis erwischt worden. Und das alles in den letzten
    fünfzehn Stunden. Wenn Charlotte nicht eine sehr
    gute Freundin wäre, hätte ich ernsthaft darüber
    nachgedacht, sie der Polizei zu übergeben und in
    dem ganzen Schlamassel meine Hände in Unschuld
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    zu waschen. Klar, sobald alles vorbei war, würde ich
    eine gute Story haben, aber es war einfach zu heiß,
    um mich damit rumzuärgern, daß mir die Bullen im
    Nacken saßen.
    Ich legte den Kopf auf die Rückenlehne und
    seufzte tief. Die Sonne ging gerade unter, und direkt
    über mir nahm der Himmel ein sattes Indigoblau an.
    Leute spazierten auf den Gehsteigen vorbei, die
    ausgingen oder Dinge zu erledigen hatten. Normale
    Dinge. Eine schöne Frau mit dunklen Locken hielt in
    ihrem neuen grünen Chevrolet an einer roten Ampel.
    Sie betrachtete sich im Spiegel und prüfte einen nur
    in ihrer Einbildung vorhandenen Makel. Es tat gut,
    einer Person zu begegnen, die sich Sorgen über
    Schönheitsfehler statt Leichen machte. Ich grinste
    und sah ihr zu. Sie beendete ihre Studien und blickte
    sich rasch um, um sich zu vergewissern, daß niemand
    sie beobachtet hatte. Ich winkte. Sie erstarrte, dann
    lachte sie über sich selbst, und als die Ampel auf
    Grün umsprang, winkte sie zurück und brauste
    davon.
    Ein alter Mann schlurfte an den Beaconsfield
    Apartments vorbei. Er trug einen ätzorangen Anzug
    mit einem grüngelben Schlips und braune Schuhe, die
    ihm offensichtlich zu groß waren und sich an den
    Spitzen leicht hochbogen. Sein brauner Filzhut hatte
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    bessere Tage gesehen, das rote Band war dunkel von
    Fett- und Schweißflecken. Unterkiefer und Kinn
    sprangen vor, und die Lippen

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