Krumme Touren in Texas
stülpten sich wegen
eines schlecht sitzenden Gebisses nach außen. Er trug
eine dunkle Brille und klopfte die Straße mittels eines
schwarzen Stocks mit weißer Spitze ab. Ein
Blechnapf hing an einer Strippe um seinen Hals.
Wenn Paare vorbeigingen, stießen die Frauen ihre
Begleiter an, deuteten mit einer Kopfbewegung auf
den alten Mann und bestanden mit Pantomime
darauf, daß er ein Almosen bekam. Während ich
dasaß und zuschaute, sah es so aus, als würde er den
Zaster nur so scheffeln.
Er schlurfte zur Hauswand, um im Schatten zu
stehen. Wenn er das Klingen von Münzen in seinem
Napf hörte, entblößte er seine absolut regelmäßigen,
falschen Zähne zu einem breiten Grinsen, nickte und
sagte: »Danke, mein Herr, danke, mein Herr. Gott
segne Sie.« Schließlich stellte er seinen Napf an die
Wand, schmetterte »Camptown Races« und »Oh,
Susannah« auf einer kleinen Mundharmonika und
wackelte im Takt der Musik mit dem Kopf.
Er gab gerade eine holperige Kurzversion von
»When the Saints Go Marching In« zum besten, als
der Mann, dem ich vor Dr. Stovalls Praxis einen
Höllenschreck eingejagt hatte, den Gehweg
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hinunterhastete. Er warf einen Blick auf seine
Taschenuhr, die mit einer schweren Goldkette an
einer Gürtelschlaufe befestigt war, und murmelte
etwas vor sich hin. Er war wohl unterwegs zu einer
Teegesellschaft und sagte sich: »Du liebe Zeit! Du
liebe Zeit! Ich komme zu spät!«
Er stürmte weiter, bis er nach vorn blickte und den
alten Mann sah – da blieb er plötzlich wie angenagelt
stehen. Sein rotes Gesicht wurde weiß, er schaute sich
gehetzt um, machte dann auf dem Absatz kehrt und
stürzte in die entgegengesetzte Richtung davon.
Ich wurde wieder munter. Ziemlich interessant,
die Geschichte. Ich würde sie nicht als so hochkarätig
einstufen wie die Entführung des Lindbergh-Babys,
aber sie war auf alle Fälle so seltsam, daß
Nachforschungen angebracht waren.
Ich stieg wieder aus dem Wagen und schlenderte
zu dem alten Mann, der inzwischen mit
watschelnden Schritten einen Softshoe zu seiner
Musik tanzte.
»Hallo, Cecil. Niemand hat mir erzählt, daß du
jetzt blind bist. Was ist passiert – zuviel
Selbstgebrannter Fusel, oder hat einer der Typen, die
du reingelegt hast, dich erwischt und dir die Augen
ausgeschlagen?«
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Ein
spitzer
Quietscher
entfuhr
seiner
Mundharmonika. »Sprechen Sie mit mir, Miss?«
fragte er unschuldig und starrte geradeaus.
»Ja, das tue ich«, säuselte ich. »Wer war der
Witzbold, der gerade wie ein geprügelter Hund
getürmt ist, als er dich hier sah?«
Ein nett aussehendes Paar blieb stehen, um dem
alten Mann Geld in den Napf zu werfen.
»Bitte, Ma’am, ich bin nur armer, alter, blinder
Mann, der versucht, genug Geld für kleines bißchen
was zu beißen zusammenzukriegen. Bitte machen Sie
sich nich’ lustig über mich, Ma’am.«
Das nett aussehende Paar starrte mich wütend an.
Ich lächelte ihnen traurig zu und schüttelte den
Kopf. »Es ist in Ordnung. Ich bin von der ›Stern von
Bethlehem Mission‹ in der Travis Street. Mr. Green
ist das bedauernswerte Opfer einer seltenen und
entwürdigenden Krankheit namens Mombasafieber,
die er sich zugezogen hat, als er unserem Heiland im
Kongo diente. Irgendwann wird er stocktaub sein,
knallgrünen Ausschlag am ganzen Körper
bekommen, und seine Genitalien werden auf
Pekannußformat schrumpfen. Nicht die Texasgröße,
wohlgemerkt. Kleine Pekannüsse. Sehr traurig. Um
Ihnen die Wahrheit zu sagen, Mr. Green leidet
inzwischen schon an einigen der Symptome.
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Manchmal, wenn das Fieber steigt, irrt er umher, und
wir müssen ihn suchen, um sicherzugehen, daß er
wohlbehalten nach Hause kommt. Er ist keine
ernsthafte Gefahr für andere, aber er neigt dazu,
Menschen zu beißen, wenn sie ihm zu nahe
kommen.«
Sie wichen zurück und lächelten, ohne die Zähne
zu zeigen, dann hatten sie es plötzlich eilig.
»Wie wär’s, wenn du Leine ziehst, Hollis?« zischte
Cecil. »Es lief ziemlich gut heute nachmittag, bis du
aufgekreuzt bist.«
»Wer war der Witzbold?« fragte ich und lächelte
ihn ungerührt an.
»Ich weiß nicht, wen du meinst.«
»Hör auf mit dem Stuß, Cecil«, raunte ich ihm ins
Ohr, »sonst rufe ich die Bullen und erzähle ihnen, wer
letzten Oktober im Ben Milam Hotel das abgekartete
Spielchen mit Senator Walker getrieben hat, ihn mit
einer Frau zu ertappen, die angeblich deine
Schwester ist, und ihn dann zu
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