Krumme Touren in Texas
einen
zischen.«
»Im Bahnhof? Ich dachte an ein nettes
Restaurant.«
»Es ist nur eine Straße weiter«, wandte ich ein.
»Außerdem gibt es dort den besten Kaffee in der
Stadt.«
»Ach du lieber Himmel. Na gut.« Sie bog in die
Crawford und parkte gegenüber vom Bahnhof, ein
wuchtiges, neoklassizistisches Gebäude, das von
derselben Architektengruppe entworfen worden war
wie der Grand Central Bahnhof in New York.
Wir stürzten durch den Regen über die Straße und
an den Pfeilern und dorischen Säulen vorbei in die
Wandelhalle, wo elektrische Kronleuchter von der
vierzehn Meter hohen Decke hingen. Der Wartesaal
mit dem französischen Marmorfußboden und dem
Balkenwerk aus Walnußholz war brechend voll mit
Leuten, die auf ein- oder ausfahrende Züge warteten.
Da saßen junge Mütter in leichten Sommerkleidern
mit ihren Kindern, und steife ältere Paare, die starr
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geradeaus blickten. Ein alter, verrückter Mann am
Stock wackelte zahnlos grinsend an uns vorbei und
murmelte glücklich vor sich hin, während er auf den
Fahrkartenschalter zusteuerte. Eine Frau riß ihren
kleinen Jungen, der einen blauen Matrosenanzug
trug, gerade noch rechtzeitig zur Seite. Ich hatte nicht
soviel Glück – er schwang den Spazierstock und
knallte ihn mir im Vorübergehen kräftig vors
Schienbein.
Lily biß sich auf die Lippe, um nicht loszuprusten.
»Alles in Ordnung, mein Schatz?«
»Laß uns einfach Kaffee trinken gehen«,
brummelte ich, humpelte durch die Wandelhalle ins
Restaurant und setzte mich an einen Tisch.
Eine blonde, schlanke Kellnerin in schwarzem
Kleid und gestärkter Schürze brachte uns Kaffee.
»Was ist los?« fragte Lily, als sie sich Sahne aus
dem kleinen weißen Keramikkännchen einschenkte.
»Du siehst bedrückt aus.«
»Ich weiß nicht. Ich kriege plötzlich Zustände. Ich
glaube, ich rufe Park an und überzeuge mich, daß zu
Hause alles in Ordnung ist.«
Sie nickte, eine Augenbraue hob sich leicht. »Ich
bin sicher, daß alles bestens ist«, beruhigte sie mich
und tätschelte meine Hand. »Geh nur. Ich warte
hier.«
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Während ich durch die Wandelhalle hastete,
versuchte ich, mir gut zuzureden. Ich riß die Tür einer
Telefonzelle aus Walnußholz und Glas auf und
wählte die Nummer. Parks Stimme trug nicht dazu
bei, meine Befürchtungen zu zerstreuen – sie klang
wie ein rostiger alter Nagel, der aus einer
verwitterten Eichenplanke gezogen wird.
»Charlotte ist weg«, sagte er schuldbewußt.
»Weg? Was soll das heißen, weg?« Trotz des
Frischluftventilators war es heiß und stickig in der
Telefonzelle, und ich stieß die Tür einen Spalt auf.
»Was ist passiert?«
»Dein Telefon hat geklingelt, eine halbe Stunde,
nachdem du los bist, und weil Charlotte und ich noch
in deiner Wohnung waren, bin ich rangegangen, weil
ich dachte, es könnte was Wichtiges sein.«
Soviel also zu meinen restlichen Alkoholvorräten,
dachte ich mißmutig. »Und?«
»Und dieser Mann hat gesagt, ich soll dir
bestellen, Schwester Jasmine ist noch vor Mitternacht
tot, wenn du sie nicht aus ihrem Versteck holst.«
»Herrgott noch mal. Das ist das Dümmste, was ich
je gehört habe. Es ist sonnenklar eine Falle, damit mir
jemand folgen und Jasmines Versteck finden kann. So
blöd können die doch nicht sein. Ich brauchte
Jasmine ja nur anrufen. Das Problem ist, jemand
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scheint zu wissen, daß ich in Kontakt mit ihr stehe.
Also, wo ist Charlotte?«
»Sie will Schwester Jasmine warnen.«
»Was? Du hast sie doch nicht etwa gehen lassen?«
»Nein, ich habe sie nicht gehen lassen. Sie hat
abgewartet, bis ich unter der Dusche war. Sie ist
selbständig gegangen, ohne mich um Erlaubnis zu
fragen«, setzte er sarkastisch obendrauf.
»Oh, Scheiße.« In meinem Kopf pochte es.
Er fügte hinzu: »Nicht nur das, sie hat deinen
Wagen genommen.«
»Oh, Scheiße.«
»Und eine von deinen Pistolen.«
»Oh, Scheiße.« Ich drückte meine Schläfen mit
dem rechten Daumen und Mittelfinger zusammen.
»Wie lange ist sie schon weg?«
»Über eine Stunde.«
»Oh, Scheiße.«
»Würdest du mal aufhören, das zu sagen?« schrie
er. »Ich fühle mich schon mies genug, ohne daß du
wie die Stimme des Jüngsten Gerichts aus der Gosse
tönst.«
»Okay, okay. Du bleibst da, falls sie anruft. Ich
sehe zu, daß ich sie finde.«
Ich knallte den Hörer auf die Gabel und
marschierte zurück zum Restaurant, wo Lily saß und
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aus einer goldenen Spitze eine lange
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