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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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meine Kiefer wieder auseinanderzubekommen.
    Auf dem Parkplatz standen lauter zerbeulte alte A-
    und T-Modell-Autos und Lastwagen. Ein paar
    Wagen waren neuere Modelle, aber keiner war
    jünger als Baujahr ‘33, und natürlich war kein
    nagelneuer gelber Packard dabei. Lily schoß vor und
    zurück in eine Parklücke, bis mir schlecht war von
    dem Geschaukel.
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    »Das paßt. Bleib einfach so stehen«, sagte ich mit
    Piepsstimme.
    »Alles in Ordnung, Liebling?« Mit einem
    beruhigenden Lächeln tätschelte Lily meine Hand.
    Ich deutete auf all die Rostlauben um uns herum.
    »Wir hätten meinen Wagen nehmen sollen. Ich habe
    das Gefühl, wir fallen auf wie ein Büstenhalter am
    FKK-Strand.«
    »Sei nicht albern. Kein Mensch wird auch nur die
    geringste Notiz von uns nehmen.« Sie warf einen
    Blick in den Spiegel, um ihren Hut mit der spitzen
    Krone und der kühn geschwungenen Krempe
    zurechtzurücken, bis er in steilem Winkel über ihrem
    rechten
    Auge
    saß.
    Ihr
    rotgestreiftes
    Seidenbolerokleid hatte wahrscheinlich mehr
    gekostet als ein kompletter Winterfeldzug im
    Weltkrieg gegen Deutschland. »Von mir aus kann’s
    losgehen.«
    Ihre Augen blitzten bei der Aussicht auf
    Abenteuer. Meine Augen tränten bei der Vorstellung,
    wieder eins über den Schädel zu bekommen.
    »Na schön, gehen wir.«
    Wir liefen durch die Tümpel auf dem schlammigen
    Schotterparkplatz unter die Markise neben dem
    riesigen grünen Neonpapagei, der am Eingang
    blinkte.
    230
    Big Kate stand hinter der Tür, als wir reingingen.
    Sie war mindestens einsneunzig, ohne die großen
    braunen Schnürschuhe, und wog mindestens hundert
    Kilo ohne den Schlagstock. Kein Muskel zuckte in
    ihrem brutalen Gesicht, als die Tür hinter uns
    zuschlug. Sie hatte nicht einen Nerv irgendwo im
    Körper. Das letzte Mal, daß sie etwas gezeigt hatte,
    das auch nur entfernt einer Gefühlsregung ähnelte,
    war vermutlich ein klitzekleines Aufleuchten
    schadenfroher Befriedigung in den Augen, daß sie es
    geschafft hatte, vollkommen geräuschlos einem
    Mann das Genick mit bloßen Händen zu brechen. Für
    sie war es bestimmt nichts anderes, als für das
    Sonntagsessen mit dem Prediger einem Hähnchen
    den Hals umzudrehen.
    »Hallöchen, Kate«, sagte ich einschmeichelnd. »Ist
    der Rock neu, den du trägst?«
    Sie grinste höhnisch und brummte.
    Lily umklammerte meinen Arm so fest, daß die
    Blutzufuhr zu meiner Hand jäh unterbrochen wurde.
    »Mein Daumen stirbt gleich ab«, flüsterte ich,
    während ich versuchte, ihre Finger loszustemmen.
    Sie lächelte Kate schwach zu, als ich die beiden
    miteinander bekanntmachte. Ein tiefes Geräusch
    entrang sich Kates Kehle, wie bei einem hungrigen
    Gorilla, der eine größere Portion Bananen verlangt.
    231
    »Tut mir leid, Kate. Sie ist vergeben.« Ich lächelte
    und zerrte Lily zur Bar.
    Die meisten Männer im Lokal waren von den
    Schiffen der Handelsmarine, die an den öffentlichen
    Kais im Hafen von Houston ihre Fracht löschten oder
    neue aufnahmen. Der Hafen hatte Houston in nur
    hundert Jahren von einer einzigen kleinen Holzhütte
    in eine moderne Großstadt verwandelt. Damals war
    das, was heute der Schiffahrtsweg ist, einfach nur der
    Buffalo Bayou. Doch der Fluß wurde ausgebaggert,
    tiefer und breiter gemacht – und Houston
    entwickelte sich zu einer Hafenstadt von
    internationalem Format. Legionen von Huren und
    Ströme von Whiskey waren erforderlich, um den
    tätowierten Männern, die mit den Gezeiten ein und
    aus fluteten, das Geld aus der Tasche zu ziehen.
    Wie durch Zauberhand tauchte John Kent neben
    mir auf und führte uns zu einem Tisch nahe der Ecke.
    Sein weißer Tropenanzug war makellos, und er
    lächelte liebenswürdig, als er uns die Plätze anwies
    und mit einem Fingerschnippen Drinks beim
    Barkeeper bestellte. »Brandy mit Soda recht?«
    »Wunderbar.« Lily erwiderte sein Lächeln.
    Er zog sich einen Stuhl heran, machte es sich
    bequem und plauderte zwanglos über das
    Regenwetter, bis unsere Drinks kamen. »Also, was
    232
    führt euch in den Papagei? Immer noch auf der Suche
    nach dem Mann, den ihr neulich gesucht habt?«
    »Nein. Tatsache ist, er ist schon tot. Ich suche nach
    dem Mann, der ihm das Hirn weggeblasen hat. Ich
    habe gehört, er treibt sich manchmal hier herum.«
    Er nickte gelassen. »Du hast doch nicht vor, uns
    die Bullen herzuschicken?«
    »Nein, ich will ihm nur etwas ausrichten lassen.«
    »Wer ist es?«
    »Tony Garcia. Ein großer Mann mit Silberaugen.«
    »Klar. Er ist fast

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