Krumme Touren in Texas
schwarze
Zigarette rauchte.
»Wir müssen los.«
»Stimmt etwas nicht?« fragte sie besorgt.
»Ich erzähl’s dir im Auto«, sagte ich und warf
einen Vierteldollar auf den Tisch für Kaffee und
Trinkgeld. Ohne auf das Wechselgeld zu warten,
schnappte ich sie und rannte los.
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Alle naselang goß es wie aus Kübeln, dann legte sich
der Regen, dann schüttete es wieder. Blitze zuckten
und Donner grollte. Wasser rauschte in den
Rinnsteinen, überflutete tiefer gelegene Teile der
Straßen und spiegelte die Neonlichter der Spelunken
am Harrisburg Boulevard.
Der Regen war gerade noch rechtzeitig gekommen
und hatte eine unchristlich lange, unerträglich heiße
Trockenperiode beendet, die die Nerven reizbar
machte wie bissige Hunde – die drückend schwüle
Hitze des Südens, die das Hirn versengte und den
Glauben auf eine schwere Probe stellte. Glühend
heiße Sommertage, wenn der Teufel auf deiner Brust
sitzt und dir Stück für Stück die Seele aus dem Leib
saugt. Wut lodert auf, Babys brüllen, Gras
vertrocknet, Bäume lassen die Blätter hängen,
Männer prügeln sich, und Frauen verzweifeln. Ja
wirklich, der Regen kommt immer gerade noch
rechtzeitig.
»Leg einen Zahn zu«, drängte ich Lily, als wir
durch das Wasser auf den Straßen spritzten. Sie
starrte
durch
die
regengepeitschte
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Windschutzscheibe und drückte auf die Tube. Der
Packard schoß vorwärts, ohne in den tiefen Pfützen
einen Zentimeter auszubrechen.
Eine Querstraße vor der Touristenresidenz sahen
wir, daß etwas passiert sein mußte. Eine große
Menschenmenge mit Schirmen stand herum und
gaffte. Mehrere Polizeiwagen mit Blaulicht parkten
vor Schwester Jasmines Häuschen.
»Oh, nein.« Mein Mund trocknete aus und mein
Magen machte einen Salto. »Fahr weiter.«
Lily ging vom Gas und blickte mich verwirrt an.
»Fahr einfach weiter. Halt bei der nächsten
Querstraße, ich gehe von da aus zurück. Ich möchte
nicht, daß die Polypen uns sehen.«
»Ich komme mit«, sagte sie ruhig.
»Nein, du wartest am besten im Wagen. Wenn ich
dich brauche, komm schnell.« Ich glitt aus dem Auto
und machte die Tür zu.
»Laß es Charlotte gut gehen«, schickte ich ein
Stoßgebet los, wer auch immer da zuhörte. »Ich
verzichte auch ein Jahr lang auf Schokolade.«
Ich drängte mich durch die Menge nach vorn und
tippte einem schmuddelig aussehenden Kauz im
Blaumann auf die Schulter. »Was ist denn hier los?«
fragte ich naiv und deutete auf die Polizisten.
»Schießerei«, sagte er, ohne mich anzusehen.
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»Wirklich? Wer wurde erschossen?«
Er wandte mir sein hageres, unrasiertes,
staubgeschmirgeltes Gesicht zu und kaute
nachdenklich auf einem Tabakpriem. Seine dünnen
Lippen stülpten sich langsam zu einem länglichen
Blasrohr vor, als er einen Schwall ekelhaft braunen
Saft vor meine rechte Fußspitze spuckte.
»Männer.« Er verschwendete seine Worte wie
unbezahlbare Juwelen.
»Wirklich? Frauen wurden nicht erschossen, ja?
Jemand in der Straße hat gesagt, eine Frau wurde
erschossen«, log ich und starrte die ganze Zeit wie
gebannt auf seine Lippen, die sich gerade wieder mit
dem Tempo einer alten Dampflokomotive
vorstülpten, die eine schwere Last einen steilen Berg
hochzieht.
»Näh«, sagte er gedehnt, streckte die Silbe.
Ich gewöhnte mich langsam daran und zerbrach
mir den Kopf nach einer Frage, die ihn dazu zwang,
einen ganzen Satz zu bilden, statt nur ein Wort zu
benutzen. Er beobachtete mich mit der
durchtriebenen Schläue einer Ratte, die immer den
Käse kriegt. Seine kleinen bornierten Knopfaugen
wußten, was ich dachte. Für einen Satz hätte ich dem
Hundesohn ein Rendezvous mit Greta Garbo auf
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einer tropischen Insel anbieten können, und er hätte
»Näh« gesagt. Sturer alter Idiot.
Ich schnaubte verächtlich und schob mich zu einer
anderen Person in der Menge. Diesmal suchte ich
eine Frau aus. Sie war klein, pummelig, grauhaarig,
Mitte sechzig und trug ein dünnes Mehlsackkleid.
»Was ist passiert?« fragte ich.
»Also, ich war da drüben am Haus von meiner
Freundin«, fing sie aufgeregt an und zeigte auf ein
zweigeschossiges weißes Haus im viktorianischen
Stil, ein Stück weiter die Straße runter, »und wir
sah’n, wie der blaue Wagen da mit einem Affenzahn
angeschossen kam. Wir saßen da draußen auf der
Verandaschaukel, tranken Eistee und freuten uns
über den Regen und das kühle Lüftchen. Und ich sag’
zu meiner Freundin, ›Ethel‹,
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