Krumme Touren in Texas
T-
Shirt
sprach
mit
einem
Polizeibeamten.
Wahrscheinlich der Besitzer der Touristenresidenz.
Bitsys Wagen stand noch auf dem Parkplatz, aber die
Fahrertür war offen, und die Scheiben waren
offensichtlich alle rausgeschossen. Ich schätzte, die
beiden toten Männer waren in ein Kreuzfeuer
zwischen Jasmine in der Hütte und Bitsy im Auto
geraten. Ob Charlotte mit meiner Pistole auf sie
geschossen hatte?
Ich ging zu dem Wagen, der laut Beulah Mae den
Männern gehörte, die Charlotte verfolgt hatten. Es
sah wie das Auto aus, das mich neulich abend nach
meinem Besuch bei Earthmans Bestattungsinstitut
gejagt hatte. Das bedeutete, die beiden Männer, die
auf mich geschossen und um ein Haar Anice erwischt
hatten, waren jetzt tot. Gut. Das sparte mir die Mühe,
es selbst zu tun. Niemand schoß auf meine Hündin,
blieb am Leben und prahlte noch damit.
Ich schaute mich verstohlen um, ob mich jemand
beobachtete, dann machte ich die Beifahrertür auf
und schlüpfte hinein. In der Dunkelheit konnte ich
nichts erkennen, deshalb tastete ich mit der Hand
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unter den Sitzen, in Ritzen und im Handschuhfach
herum. Ich wollte die Suche gerade aufgeben, als
meine Finger einen kleinen, runden, metallischen
Gegenstand berührten. Ich zog ihn hervor und hielt
ihn ins Licht des Leuchtschildes über der
Rezeptionstür. Es war das Abzeichen eines
Hilfssheriffs. Na großartig.
Ich
legte
das
Abzeichen
wieder
ins
Handschuhfach, ging schnell zurück zum Packard
und stieg ein.
»Was ist passiert? Ist mit Charlotte alles in
Ordnung?« fragte Lily, warf den Motor an und haute
knirschend den Gang rein.
Ich berichtete ihr, was die alte Dame mir erzählt
hatte.
»Also ist Charlotte entkommen?«
»Ja, und es sieht so aus, als wären Jasmine und
Bitsy mit ihr weggefahren. Sie sind da runter«, sagte
ich dramatisch und fuchtelte mit dem Daumen über
die Schulter.
»Das ist ja völlig verrückt! Denkst du, das waren
die beiden Männer, die dich entführt haben?«
»Nein, ich glaube, es waren die, die in der Tuam
Street auf mich geschossen haben.«
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»Warum versuchen all diese Leute, dich zu töten?
So schlimm bist du doch gar nicht«, sagte sie
respektlos.
»Nein, aber ich bin Reporterin, und irgend jemand
will nicht, daß ich etwas in die Zeitung bringe.
Etwas, das mit Schwester Jasmine und ihrer Kirche
zu tun hat. Und ich denke, ich weiß, was es ist.« Ich
hatte die Bombe platzen lassen und wartete auf Lilys
Reaktion.
»Was denn, Liebling?«
Sie war ein tolles Publikum.
»Es ist eine krumme Tour, um schmutziges Geld
verschwinden zu lassen.«
»Das verstehe ich nicht.« Lily warf mir einen Blick
zu, während sie durch den Regen brauste.
»Betrüger geben der Kirche rechtswidrig
erworbenes Geld, und die Kirche zahlt es ihnen durch
eine Strohfirma zurück – zum Beispiel W.W.
Donnigans Süßwarengesellschaft. Tatsächlich ist es
ein Buchmacherladen. Daher stammen seine
Einnahmen – von Rennwetten. Er gibt das Geld der
Kirche, und die Kirche gibt es ihm zurück in Form
einer Zahlung für geleistete Dienste. So wird aus
W.W. Donnigan ein braver, aufrechter Bürger mit
einem legalen Geschäft. Vizesheriff Smiley kann
seine Schmiergelder und illegalen städtischen
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Aufträge in der Kirche verschwinden lassen. Das ist
eine gute Masche. Nicht perfekt, aber gut, solange sie
keiner genauen Prüfung standhalten muß. Die Kirche
bekommt Prozente, und die Betrüger haben
hübsches, sauberes Geld. Und das Büro des Sheriffs
sorgt für Protektion.«
Sie strahlte mich an. »Deshalb liebe ich dich. Du
bist so klug.«
Ich schlug bescheiden die Augen nieder. Ich war
daran gewöhnt, klug zu sein, aber es war schön, daß
es jemand zu schätzen wußte. »Danke, mein Schatz,
mal sehen, ob ich nicht noch mehr Eindruck bei dir
schinden kann.«
»Ist Charlotte deshalb hineingezogen worden –
weil sie Buchhalterin ist?« fragte sie.
»Nein. Ich denke, sie hat die Wahrheit gesagt. Ich
denke, jemand wollte Jasmine etwas anhängen, und
Charlotte hat sich freiwillig bereit erklärt, für sie den
Kopf hinzuhalten.« Ich fuhr mir mit den Fingern
durchs Haar und schloß die Augen, um
nachzudenken.
»Wer will Schwester Jasmine etwas anhängen, und
warum?« fragte Lily mit leicht gerunzelter Stirn. Sie
strich ihre rechte Augenbraue mit dem kleinen Finger
glatt, ohne den Blick von der Straße abzuwenden.
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»So weit bin ich nicht, das habe ich noch
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