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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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raushältst. Aber ich glaube, du solltest ein bißchen besser aufpassen.«
    »Ich habe nichts Schlimmes getan … zumindest noch nicht«, erwiderte er spöttisch.
    »Herrje, du brauchst wirklich nicht lange, um wieder auf die schiefe Bahn zu geraten. Willst du was essen? Dann geh und setz dich an deinen Tisch. Ich komm gleich und nehm die Bestellung auf.«
    Der Plenarsaal des Rathauses lag auf der Nordseite der Plaza Mayor. Sie kamen gerade noch rechtzeitig, denn gleich würde die Pressekonferenz anfangen. Gutiérrez stieg schnell auf das Podium und nahm seinen Platz an dem langen Tisch ein, während Bealfeld sich in die erste Reihe setzte. David ließ sich in der letzten nieder, von wo aus er den ganzen Saal überblicken konnte. Zu seiner Überraschung blieb Rachel stehen und begrüßte einige der Anwesenden. Es mußten Kollegen von ihr aus NewYork sein, aber es schien ihm nicht angebracht, sie danach zu fragen. Als sie sich neben ihm niederließ, beschränkte er sich darauf, ihr zuzuflüstern:
    »Glauben Sie, daß das wirklich alles Journalisten sind?«
    »Ich denke schon. Schließlich müssen sie akkreditiert sein. Warum fragen Sie?«
    »Wegen einiger Leute, die ich draußen im Gang gesehen habe und die sicher nicht zu Ihrer Zunft gehören. Und auch wegen ein paar, die hier vor uns sitzen. Wissen Sie zum Beispiel, wer der Typ dort drüben ist?« Er zeigte unauffällig auf |269| einen Mann, der am entgegengesetzten Ende des Saals saß, ganz in der Nähe des Ausgangs. »Das ist Samir. Viele halten ihn für den besten Kryptologen der Welt.«
    »Ach ja? Ich dachte, das wären Sie.«
    »Machen Sie sich nur lustig über mich. Nein, ganz im Ernst, Samir ist ein knallharter Geschäftsmann und kennt keine Skrupel; er arbeitet für den, der ihm am meisten zahlt, ganz egal, was seine Auftraggeber im Schilde führen. Und wenn er in Antigua ist, dann nur, weil er weiß, daß es hier was zu holen gibt. Die Stadt füllt sich langsam mit allerhand Gesocks. Wir müssen schleunigst herausfinden, was hier vor sich geht.«
    Dann begann die Konferenz. David schaute noch einmal zu Samir hinüber, der seine Anwesenheit nicht bemerkt hatte und mit einem schwarzgekleideten, extrem dürren Mann tuschelte, der ein kantiges, ausgemergeltes Gesicht hatte. David konnte ihn nicht gut sehen, doch er kam ihm irgendwie bekannt vor. Sind das James Minsperts Spielfiguren? fragte er sich beunruhigt. Schnell verdrängte er den Gedanken und richtete seine Aufmerksamkeit auf das Podium. Der Moderator hatte angekündigt, daß neben dem Bericht der örtlichen Polizei die verschiedenen Delegationssprecher ihre Position darstellen würden. Unter den Journalisten munkelte man, daß die Vorbereitungen für die Friedenskonferenz höchstwahrscheinlich ausgesetzt würden, bis geklärt sei, was am Fronleichnamstag auf der Plaza Mayor passiert war. Gerade beugte sich der israelische Delegierte über das Mikrophon. Nach ein paar einleitenden Worten, mit denen er den Vorfall zu verharmlosen versuchte, betonte er, daß seine Regierung die Friedenskonferenz nach wie vor befürworte, und kam dann zum eigentlichen Kern seiner Erklärung.
    »Jerusalem ist die ewige und unteilbare Hauptstadt des Staates Israel und des gesamten jüdischen Volkes …«
    »Das fängt ja gut an«, flüsterte David.
    »Er zitiert nur das Gesetz, das die Knesset 1980 verabschiedet hat, als man Ostjerusalem annektierte«, flüsterte Rachel zurück. »Man muß sehen, was als nächstes kommt.«
    |270| Die Fortsetzung stand dem energischen Auftakt in nichts nach.
    »Ich möchte es ganz offen aussprechen: Jerusalem ist das Herz des Judaismus, so wie Mekka das Herz des Islam und Rom das Herz des Christentums ist. Da wir uns der Bedeutung Mekkas für den Islam bewußt sind, verstehen und respektieren wir, daß die Muslime nicht bereit sind, die Geburtsstätte ihres Propheten und den Grundstein ihres Glaubens mit anderen zu teilen. Als Ausgleich bitten wir deshalb um Verständnis, daß Israel Jerusalem nicht mit denen teilen kann, für die die Stadt sowohl politisch als auch religiös zweitrangig ist. Die islamische Welt besitzt Städte von größerer kultureller und spiritueller Bedeutung, wie Mekka, Medina, Damaskus, Bagdad oder Kairo … Wir Juden haben hingegen nur Jerusalem. Keine andere Stadt hat sich jemals zur spirituellen oder politischen Hauptstadt des jüdischen Volkes erhoben …«
    »Was meinen Sie dazu?« flüsterte David.
    »Es geht doch genauso weiter, x-mal wiederholte Phrasen«, sagte

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