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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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kommt dieses Metall?‹ fragte er Herrera und nahm einen noch unbearbeiteten Block in die Hand.
    ›Von der Biskaya. Bis auf die Beschläge für die Bedachung, an denen der Meister dort arbeitet‹, antwortete der Architekt und zeigte auf einen der Männer. ›Das Metall dazu stammt aus Flandern. Ein flämischer Schieferdecker kümmert sich darum, daß es im gleichen Stil verarbeitet wird, wie es Seine Majestät von seinem Aufenthalt in jenen Landen gewohnt ist.‹
    ›Und welches der Metalle wäre am besten für Türschlösser geeignet?‹ wollte Turriano wissen.
    ›Was weiß ich! Mit diesen Dingen kennt Ihr Euch weit besser aus‹, erwiderte Herrera. Aus seinem Tonfall war herauszuhören, daß er ihm den Streit vom Vorabend noch nicht ganz verziehen hatte. Vielleicht hatte er es aber auch nur eilig, uns etwas anderes zu zeigen.
    Und so war es wohl auch, denn Herrera hieß uns einen Moment warten, während er sich mit einem der wachhabenden Offiziere beriet. Dann kam er zu uns zurück und streckte Turriano die Hand entgegen.
    ›Den Schlüssel.‹
    ›Ich hätte diese Kopie nicht für Euch anfertigen sollen‹, brummte Turriano verärgert. ›Aber ich habe Euch nun mal mein Wort gegeben.‹
    Kaum hatte er Herrera den Schlüssel überreicht, betraten wir auch schon den fertiggestellten Teil des Gebäudes. Die breiten und finsteren Gänge rochen noch stark nach Mörtel und frischem Pinienholz. Vor einer hohen Tür blieben wir stehen. Herrera holte den Schlüssel hervor, schloß auf und winkte uns mit einer eiligen Geste hinein. Wir standen in einem großen Raum, der von Hunderten von Büchern eingenommen wurde. Sie türmten sich überall, auf dem Boden, in Regalen, auf dem Tisch und auf den Fensterbänken.
    ›Das hier ist die provisorische Bibliothek‹, erklärte Herrera leise, als er meine Überraschung bemerkte. ›Seine Majestät versucht hier alle alten Handschriften aus seinen Reichen zu versammeln, damit sie nicht verlorengehen. Für viele Dukaten |375| hat er in ganz Europa schon unzählige Kodizes zusammengekauft.‹
    Er trat an den ausladenden Tisch, auf dem sich die Bände ungeordnet stapelten, und zeigte auf eine Reihe von Büchern, die mit einer merkwürdigen Signatur beschriftet waren. Anstelle der üblichen Kombination aus Buchstaben und Zahlen trugen sie ein Symbol, das ich noch nie zuvor gesehen hatte: eine liegende Acht.
    ›Das hier sind die vertraulichsten Schriften; sie wurden auf ausdrücklichen Wunsch Seiner Majestät von Hand abgeschrieben‹, sagte Herrera mit geheimnisvoller Miene. ›Auch arabische, hebräische und aramäische Kodizes befinden sich darunter. Sie enthalten großes Wissen, dessen Erforschung viel Zeit in Anspruch nehmen wird.‹
    Auf dem Tisch lagen auch einige lose Pergamente, die in kunstvoller arabischer Schrift beschrieben waren. Er deutete darauf und fragte mich:
    ›Könntet Ihr das übersetzen?‹
    ›Wie, jetzt gleich?‹ entgegnete ich und kam aus dem Staunen nicht heraus.
    ›Es wird keine andere Gelegenheit dazu geben … Um Gottes willen, setzt Euch endlich und sagt mir, wovon diese Pergamente handeln‹, beschwor mich Herrera.
    Er begann allmählich die Beherrschung zu verlieren, die er bis zu diesem Moment noch bewahrt hatte, und mir dämmerte langsam, in was für eine heikle Lage er Turriano und mich gerade gebracht hatte. Doch kaum hatte ich einen Blick auf die erste Seite geworfen, da brannte ich ebenso vor Neugier wie er. Auf ihr stand der Titel zu lesen: ›Sarazenische Chronik‹. Und darunter der Name desjenigen, der anscheinend ihr letzter Besitzer gewesen war:Rubén Cansinos. Der Geschworene aus Fes, der nicht zu dem Treffen in Konstantinopel bei José Toledano gekommen war und den letzten der zwölf Keile hütete! Dort, direkt vor meiner Nase, lag vielleicht der Schlüssel zum Verständnis des Pergaments!
    Mein Herz schlug wie verrückt. Einer Eingebung folgend, |376| blätterte ich die Pergamentseiten durch, in der Hoffnung, irgendwo dazwischen das letzte Fragment zu finden. Doch vergeblich.
    ›Was macht Ihr denn da?‹ drängte mich Herrera. ›Übersetzt endlich. Ich flehe Euch an, bei Eurem Leben.‹
    Ich nahm die erste Seite und begann zu lesen.
    Wie uns Ben Abdelhaken erzählte, der es von Abdallah ben Uahab
(† 791) und dieser wiederum von Alaits ben Caad († 748)
gehört hatte, habe es in einer Stadt mit Namen Antigua, die die
Hauptstadt des Gotenreiches war, einen Königspalast gegeben,
der zu den Weltwundern gehörte. Im Volksmund nannte

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