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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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geschätzt. Eines davon wollte er nach Algier schicken, als Geschenk für den dortigen Herrscher, der Maluks Schiffe beschützt. Das andere hat er mit nach Kairo genommen, um die Bücher dem dortigen Wesir zu verehren. Er hat gewartet, bis er sie selbst mitnehmen konnte, denn anscheinend hat das erste Faß seinen Bestimmungsort nie erreicht. Die Spanier haben es mitsamt einigen anderen Büchern unseres Königs erbeutet. Folglich will niemand etwas mit dieser Angelegenheit zu tun haben, denn es könnte der Verdacht aufkommen, man sei derjenige, der den Spaniern den Wink gegeben hat. Begreift Ihr nun die Gefahr, in der sowohl Ihr schwebt als auch ich?‹
    ›Also gut‹, lenkte ich ein, ›ich werde nicht mehr nach den Kodizes fragen. Wer kann mir dann aber helfen, Cansinos zu finden? Lebt er wenigstens noch?‹
    Er zögerte lange, bevor er mir antwortete. Erst nach einer ganzen Weile, vielleicht um mich endlich ein für allemal loszuwerden, riet er mir:
    ›Sucht Abdullah auf, den Sklavenhändler.‹ Und als er meine verwunderte Miene sah, fügte er hinzu: ›Keine Angst, ich will Euch nicht irreführen. Maluk hat mir viele von Cansinos’ Büchern verkauft und an Abdullah seine Sklaven. Vielleicht befindet sich einer davon noch in seinem Besitz und kann Euch sagen, welches Schicksal seinem ehemaligen Herrn beschieden ist. Sie sind die einzigen, die sich trauen werden zu reden.‹
    Dann erklärte er mir noch, wo und an welchem Tag Abdullah |484| seine Ware feilbot, bevor er mich mit folgender Warnung verabschiedete:
    ›Macht es nicht so wie bei den Buchhändlern, denen Ihr mit Eurer Fragerei viel Zeit geraubt habt, ohne ihnen zum Dank auch nur eine läppische Druckschrift abzukaufen. Das hat ans Licht gebracht, daß Ihr hinter etwas ganz anderem als Büchern her seid. Abdullah ist da weitaus weniger umgänglich; er wird Euch nicht einmal anhören, wenn Ihr ihm nicht irgend jemanden abkauft. Nutzt die Gelegenheit, um Euch einen Diener zu besorgen, jemanden, der die Stadt genau kennt und für Euch durch ihre Gassen zieht. Jemand Eures Standes fällt sehr auf, wenn er von einem Laden zum nächsten schlendert und Fragen stellt, ohne überzeugendes Interesse für die ausgestellten Waren zu bekunden.‹
    Ein paar Tage später machte ich mich auf den Weg zum Sklavenmarkt. Ich hatte eigentlich vorgehabt, Idris’ Ratschlag zu befolgen und einen Diener zu erstehen, aber ein Blick genügte, um zu sehen, daß Abdullah gerade nur Mädchen und Frauen anpries. Ich sah ihm eine Weile zu, wie er lauthals die Vorzüge jeder einzelnen Sklavin hervorhob, um so den besten Preis für sie zu erzielen, und als der Platz sich langsam leerte, trat ich an seinen kleinen Tisch, wo er gerade sein Geld zählte. Es waren nur noch eine weiße Frau und eine junge Mulattin übriggeblieben.
    ›Die beiden sind doch wunderschön. Warum hat niemand sie kaufen wollen?‹ fragte ich, um mit ihm ins Gespräch zu kommen.
    Er musterte mich von oben bis unten und antwortete dann übellaunig:
    ›Die eine ist aus Armenien, und die Frauen von dort haben den Ruf, ziemlich widerspenstig zu sein. Und die andere …‹ – dabei zeigte er auf die Mulattin – ›deren Mutter ist Äthiopierin. Die Kleine ist mindestens ebensoschwer zu bändigen, besser gesagt, sie ist eine richtige Wildkatze. Und als Amme taugt sie noch nicht, sie hat noch keinen Herrn gehabt, der ihr den nötigen Gehorsam beigebracht hätte.‹
    |485| ›Sie ist die schönere von beiden; wenn nicht gar die Schönste von allen, die Ihr heute feilgeboten habt.‹
    Die Armenierin schwieg, sie zeigte sich völlig unbeteiligt, vielleicht verstand sie auch nicht, was über sie gesagt wurde. Als mein Blick auf das Mulattenmädchen fiel, sah ich jedoch, daß dieses schalkhaft lächelte. Der Sklavenhändler bekam indes nichts davon mit; über den Tisch gebeugt, zählte er seine Münzen.
    ›Ja, sie ist hübsch, das läßt sich nicht bestreiten‹, brummte er und blickte auf. Dann zuckte er mit den Schultern. ›Es stimmt zwar, daß diese Rasse von Natur aus sehr zäh ist und weitaus stärkere Belastungen verkraftet als alle anderen, die Allah geschaffen hat. Aber sie stinken, und das mögen die meisten Käufer nicht.‹
    ›Wer denkt bei einem so schönen Geschöpf denn an seinen Geruch?‹ fragte ich voller Verwunderung.
    ›Sie stinken unter den Achseln, und wie, sage ich Euch‹, erklärte er mürrisch. ›Das macht sie so schwer verkäuflich.‹
    Hinter dem Rücken des Händlers hob das Mädchen jetzt

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