Kryptum
die Arme, schnupperte an ihren Achselhöhlen und bewegte danach verneinend den Zeigefinger hin und her. Ihre Dreistigkeit verblüffte mich.
Ich wandte mich wieder Abdullah zu.
›Ich habe gehört, daß Maluk Euch vor kurzem eine Reihe Sklaven angeboten hat, die einmal Rubén Cansinos gehörten.‹
›Ich kenne keinen Cansinos‹, antwortete er unerwartet schroff, woran ich merkte, daß er um keinen Preis darüber sprechen wollte.
›Er ist ein alter Mann, einer jener Juden, die aus Spanien vertrieben worden sind‹, bohrte ich nach.
Abdullah schüttelte abermals den Kopf und wandte sich dann brüsk ab, um seine Sachen zusammenzupacken und das Weite zu suchen, bevor ich noch mehr Fragen stellte.
Da erklärte die junge Mulattin plötzlich:
›Ich kenne ihn.‹
|486| ›Wen? Rubén Cansinos?‹ fragte ich überrascht.
Das Mädchen nickte heftig.
›Dich hat aber keiner gefragt!‹ fuhr Abdullah ihr über den Mund.
›Sag, wo kann ich ihn finden?‹ fragte ich schnell, bevor der Sklavenhändler sie für ihre Unbesonnenheit bestrafte.
›Das wird Euch allein nicht möglich sein‹, erwiderte das Mädchen keck.
Da witterte Abdullah die Gelegenheit, sie doch noch loszuwerden. Als ich ihn fragend anblickte, in der Hoffnung, die Worte der Mulattin bestätigt zu finden, erklärte er:
›Ich weiß von nichts, aber sie sagt womöglich die Wahrheit, denn sie ist hier geboren und aufgewachsen. Sie ist die Tochter von Samsara, einer der schönsten Kurtisanen, die es in Fes je gegeben hat. Man würde sie mir aus den Händen reißen, wenn ihre Mutter noch Zeit gehabt hätte, sie in ihren Künsten zu unterweisen. Aber sie starb früh, und seither ist die Kleine durch die Gassen gestreunt, immer hinter den Wasserträgern und Laufburschen her. Und das muß man ihr lassen, sie kennt diese Stadt wie kaum ein anderer.‹
Als er mich noch zweifeln sah, fragte er:
›Ist Euch eigentlich jemand zu Diensten?‹
Ich schüttelte den Kopf.
›Ich könnte Euch einen guten Preis machen.‹
›Erst muß ich mir sicher sein, daß diese junge Mulattin weiß, wo ich Rubén Cansinos finden kann.‹
›Ohne mich werdet Ihr ihn nicht finden‹, meinte sie dreist.
Weil Abdullah seine Ware endlich loswerden wollte, überließ er sie mir sehr billig. Ich willigte in den Handel ein, in der Absicht, sie freizulassen, sobald ich mein Ziel erreicht hätte. Damals ahnte ich nicht im entferntesten, wie geschickt dieses Mädchen namens Tigmú war.«
»Geschickt wobei?« fällt Ruth ihm ins Wort.
Randa schweigt. Er möchte seiner Tochter nichts von Dingen erzählen, die sie sicher mißverstehen würde. Zum Beispiel, daß er Tigmú mit in die Herberge nahm, wo er seine Kammer |487| gegen eine größere tauschte, damit er ihr ein eigenes Lager bereiten konnte, durch einen Vorhang von seinem Bett getrennt. Er möchte diese Details unter keinen Umständen vor Ruth ausbreiten. Dennoch kommt er nicht umhin, daß seine Gedanken nun abschweifen zu dem, was dann geschah.
Als sie endlich allein in seiner Kammer waren, hatte er das Mädchen gefragt:
»Wie kommt es, daß du, eine Äthiopierin, Rubén Cansinos kennst?«
Und Tigmú hatte ihm geantwortet:
»Ihr solltet zwei Dinge wissen. Zunächst einmal bin ich gar keine Äthiopierin, sondern stamme von den Juden ab, die aus der Romanze zwischen Salomo und der Königin von Saba hervorgegangen sind. Und außerdem stinken meine Achseln nicht.«
Schon wieder die vermaledeiten Achseln! Es schien dies für sie eine Frage der Ehre zu sein, was sie ihm auch sofort beweisen wollte, denn sie lief schnurstracks hinab in den Hof, um sich am Brunnen zu waschen. Nur in ein Handtuch gewickelt, kehrte sie zurück und hob mit einem koketten Blick die Arme.
»Überzeugt Euch selbst«, forderte sie ihn auf.
Dabei rutschte das Handtuch herunter, so daß sie nun splitternackt vor ihm stand. Er hätte sich nie träumen lassen, jemals einen so grazilen, gertenschlanken Körper zu erblicken, dessen sandfarbene Haut golden glänzte. Ihre vollen, festen Brüste offenbarten, daß sie längst kein kleines Mädchen mehr war, und ihre Bewegungen waren von einer so natürlichen Anmut, wie er es bis dahin nur bei Frauen gesehen hatte, die von klein auf daran gewöhnt waren, die Wasserkrüge auf der Hüfte zu tragen. Als er sie so sah, wurde er ganz verlegen, weshalb er sie bat, sich anzuziehen.
Sie hüllte sich wieder in das Tuch, ohne ihre Enttäuschung zu verbergen.
»Ganz wie Ihr wünscht, ich bin Eure Sklavin«, antwortete
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