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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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formten. Das Brummen des Monitors wurde derweil immer schriller und ging schließlich in ein ohrenzerreißendes Pfeifen über, das auf dem ganzen Platz widerhallte. Gleichzeitig strahlte vom Zentrum des Bildschirms auf einmal ein grelles Licht aus, daß man die Augen zukneifen mußte, so sehr blendete es.
    Aber selbst jetzt reagierte Rachel nicht. Auch nicht, als Bealfeld und David zu schreien begannen. Der Kryptologe rannte los. Aus der Unterseite des Radargeräts schlugen nun |532| Funken, und schwarzer, beißender Rauch stieg in die Höhe. Mit einem Sprung warf sich David auf Rachel und drückte sie mit seinem Körper zu Boden.
    Genau im rechten Moment, denn der jungen Frau wären sonst die Splitter des zerberstenden Monitors mitten ins Gesicht geflogen. Mit einem fürchterlichen Krach implodierten die Kathodenstrahlröhren, und das Radarwägelchen kippte hinab in das Loch.
    Danach schien der Platz zur Ruhe zu kommen.
    Bealfeld und Inspektor Gutiérrez kamen herbeigerannt und halfen David auf die Beine. Der Kommissar drehte Rachel auf den Rücken und zog sie hoch. Mit einem Arm stützte er sie, während er ihr mit der rechten Hand den Sand aus dem Gesicht wischte.
    »Rachel! Was war denn los?« rief er und tätschelte ihre Wangen, die langsam wieder etwas Farbe annahmen. Dann wandte er sich an den Kryptologen: »Und Sie? Sind Sie in Ordnung?«
    »Vollkommen«, meinte David und blickte die junge Frau mitfühlend an, die unter Schockwirkung stand. »Bringen Sie Rachel zu dem Stuhl dort drüben. Der Inspektor hilft Ihnen sicher dabei. Vermutlich ist es nur der Schreck, der ihr noch in den Knochen sitzt.«
    Am stärksten aufgewühlt schien jedoch Calatrava zu sein. Er stand vor dem Loch und starrte hinunter. Von seiner fröhlichen Miene war kaum etwas geblieben. Umringt von seinen Mitarbeitern, stotterte er:
    »Dann stimmt es also … Das mit der Höhle stimmt … Und auch die seismographischen Messungen waren korrekt …«
    »Wovon sprechen Sie?« fragte David, der sich den Sand von seiner Kleidung klopfte.
    »Von einem Experiment, das ich vor einigen Jahren geleitet habe.«
    »Hier?«
    »Auf der ganzen Iberischen Halbinsel … Rund dreihundert Geophysiker aus der ganzen Welt haben daran teilgenommen … Es war die größte seismographische Messung, die es in |533| Spanien je gegeben hat. Nur hat das Militär beschlossen, die Ergebnisse geheimzuhalten.«
    »Und was hatte das Militär damit zu tun?«
    »Die Untersuchung war von ihnen finanziert worden. Zudem waren wir auf die Schiffe der Kriegsmarine angewiesen. Um die Messungen durchzuführen, benötigten wir drei Detonationsachsen, die das Land von einer Küste zur anderen durchquerten. Eine der Achsen lief von Norden nach Süden und verband ein Schiff in der Bucht von San Sebastián mit einem vor Marbella; die zweite Achse ging von Osten nach Westen, von einem Schiff vor Alicante zu einem vor Viana do Castelo in Galicien;und die dritte Achse durchquerte die Halbinsel diagonal von der Bucht von Setúbal südlich von Lissabon zu einem Schiff vor Tarragona. Wenn Sie diese drei Achsen haben, werden Sie sehen, daß sie sich hier in Antigua kreuzen; die Stadt ist praktisch das geographische Zentrum der Iberischen Halbinsel. Zu einer vorher genau festgelegten Uhrzeit lösten die Besatzungen der einzelnen Schiffe die Sprengungen aus, die durch weitere Sprengungen in Steinbrüchen entlang dieser Achsen verstärkt wurden. Wir hatten rund zweihundert Seismographen aufgestellt, um das seismische Profil der Halbinsel zu erstellen. Und wissen Sie, was wir zu unser aller Überraschung feststellten?«
    Erwartungsvolle Stille breitete sich aus. Der Geophysiker sah seine Zuhörer an, doch keiner seiner jungen Kollegen wußte eine Antwort.
    »Die durch die Sprengungen erzeugten seismischen Wellen kreuzten sich nicht! Sie prallten hier ab.«
    »Meinen Sie mit ›hier‹ etwa diesen Platz? Die Plaza Mayor von Antigua?« fragte David ganz perplex.
    »So ist es. Vor dem heutigen Tag habe ich darüber auch noch meine Scherze gemacht. Aber jetzt ist mir das Lachen vergangen.«
    »Und zu welchem Schluß sind Sie damals gekommen?«
    »Zu gar keinem. Wir konnten das Experiment nicht zu Ende führen. Die Schiffe hätten die Detonationen zur Kontrolle |534| wiederholen müssen, aber die Kriegsmarine weigerte sich. Alles blieb reine Hypothese.«
    »Und wie lautete die?«
    »Ich kann Ihnen nur meine eigene nennen: Hier unter uns gibt es entweder eine Höhle von gigantischen Ausmaßen, oder aber

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