Kryptum
schenkten. Doch dann kamen sie zu dem Korridor, der das erste Viertel des Platzes begrenzte. Und da begannen sich die Dinge zu ändern.
»Jetzt wird es allmählich interessant. Langsamer, Jungs, langsamer! Und du, Patricia, bleib kurz stehen.«
Calatrava winkte Bealfeld, David und Rachel, näher an den Monitor der jungen Kollegin zu rücken. Mit dem Finger zeichnete er einen imaginären Kreis um einen tiefen Einschnitt in der Mitte des Bildschirms. Es war ein seltsamer Profilschnitt. Die Radarwellen, die direkt unter der Erdoberfläche noch gleichmäßig und parallel verliefen, wölbten sich nach unten, je tiefer sie gingen, und bildeten so ein großes U.
»Markiert diesen Bereich mit ein paar Stangen. Und geht weiter. Aber langsam!« rief Calatrava seinen Kollegen zu.
»Was ist das?« fragte Rachel.
»Ein Hohlraum, Ms. Toledano.«
»Und wie groß ist dieser Hohlraum?«
»Es ist noch zu früh, um darüber eine Aussage machen zu können. Wir müssen sehen, ob er sich zur Mitte des Platzes hin fortsetzt. Nach dem, was ich auf dem Monitor des Radars sehe, haben wir gerade erst den äußeren Rand berührt. Im nächsten |530| Schritt werden wir überprüfen, ob das nur ein kleiner Hohlraum im Gestein ist oder ob er irgendwie mit dem Krater in Verbindung steht.«
Nachdem Calatravas drei Kollegen einige weitere abgesteckte Korridore abgegangen waren, bestand kein Zweifel mehr: Der Hohlraum wurde immer größer und tiefer, je weiter sie sich dem Loch in der Mitte des Platzes näherten, in dem die Monstranz versunken war.
»Die Höhle ist riesig! Und sehr, sehr tief. Und da ist Wasser, sehr viel Wasser … Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.«
Calatrava, der sicher nicht leicht zu beeindrucken war, sah auf einmal ziemlich besorgt aus. Er stand auf und eilte auf den Platz, um sich mit seinem Team zu besprechen. Danach kehrte er mit ein paar Technikern zum Wagen zurück, wo sie weitere Gerätschaften ausluden, darunter einen noch kleineren, wendigeren »Staubsauger« als der von Patricia. Er glich einem Buggy auf Gummirollen. Mitten über der Achse der Räder war das Radar befestigt, das über eine lange Lenkstange verfügte, mit der man unter Ausnutzung der Hebelkraft die Gerätschaft heben und senken konnte.
»Die Oberflächenantenne dieses GPRs hat 900 Megahertz. Man erreicht damit also eine sehr hohe Auflösung«, erklärte der Geophysiker. »Wenn ich es noch genauer wissen will, werde ich dieses andere, noch kleinere Radar einsetzen; es arbeitet mit 2-Gigahertz -Antennen.«
Während die anderen drei weiter systematisch die abgesteckten Korridore abschritten, nahm Calatrava nun selbst das neue Radar. Ausgehend von der Stelle, wo sie den unterirdischen Hohlraum erstmals geortet hatten, begann er bedächtig immer engere Kreise um den Krater in der Mitte des Platzes zu ziehen. Die Radargramme, die auf dem Monitor zu sehen waren, schienen Calatrava sehr zu verwirren. Sein Gesicht verriet große Besorgnis, als er an einer Stelle stehenblieb und sogar die Lenkstange des Wägelchens losließ, um sich über den Monitor zu beugen.
|531| Rachel hielt es nun nicht mehr länger im Wagen. Quer über den ganzen Platz lief sie zu ihm.
»Was ist los?«
»Es ist dieses Loch. Schauen Sie.«
Die junge Frau trat näher, um die Profilschnitte besser erkennen zu können. Sie waren ziemlich scharf. Der U-förmige Einschnitt, den die übertragenen Radarwellen zeigten, war mit jeder Runde, die der Geophysiker um das Loch in der Mitte drehte, tiefer geworden.
Gefolgt von Rachel, setzte Calatrava seine Umrundung fort, bis er an den Rand der Öffnung kam. Der Geophysiker hatte darauf geachtet, dabei sehr vorsichtig vorzugehen, dennoch begann das gesamte GPR nun zu beben, und die Radargramme wackelten. Der Monitor brummte bedrohlich. Calatrava umklammerte die Lenkstange des Geräts. Der Monitor schien völlig außer Rand und Band zu geraten. Das Brummen wurde immer durchdringender.
Bealfeld, der die Radarmessung mit angehaltenem Atem verfolgt hatte, stieß einen Schrei aus, der alle aufschreckte: In dem Krater, ganz tief unten, schien sich etwas in Krämpfen zu winden wie ein verwundetes Raubtier, das man in seiner Höhle aufgestört hatte. Calatrava ließ den Apparat los und versuchte Rachel von dem Loch wegzuziehen.
»Zurück, Ms. Toledano!«
Aber Rachel war wie hypnotisiert. Sie riß sich von ihm los und beugte sich tief über den Monitor, auf dem die Bilder wieder schärfer wurden und sich zu einem beunruhigenden Umriß
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