Kryptum
freundlich tun, bis sie unsere Ausweise kontrolliert hätten. Das würde uns wertvolle Zeit kosten. Besser, ich fahre langsamer.«
Tatsächlich tauchte bald darauf auf der rechten Seite hinter einer Hecke der Streifenwagen mit dem Radarmeßgerät auf. Bealfeld hob die Hand zum Gruß, und sobald sie außer Sicht waren, trat er wieder aufs Gas.
»David, entschuldigen Sie, aber wir sind gleich beim Haus der Toledanos, und Sie haben mir immer noch nicht erzählt, wie Sie und Rachel aneinandergeraten sind.«
»Das werden Sie gleich erfahren … Um beim Direktor zu erreichen, daß ich an dem von meinem Vater begonnenen Programm CA-110 weiterarbeiten durfte, hatte ich mir eine Argumentation zurechtgelegt, die das ursprüngliche Ziel – ein Warnsystem für radioaktive Abfälle zu schaffen – noch weiter faßte. Die Zeiten hatten sich geändert, und man dachte inzwischen darüber nach, wie man ein Übersetzungsprogramm für das Universum entwickeln könnte: es ging darum, eine Art Botschaft zu generieren, die denjenigen, der sie empfangen würde, über unsere Zivilisation in Kenntnis setzen könnte. Vielleicht würde das irgendwann einmal der Überlebende einer Atomkatastrophe sein. Oder jemand aus einer anderen Zivilisation, der im Weltraum diese Information von einem Satelliten erhält, den man dafür ins All geschossen hat. Jedenfalls war der Vorschlag, ein solches Übersetzungsprogramm zu schreiben, meine einzige Chance, dieses Projekt CA-110 wiederaufleben zu lassen. Da kam Rachel Toledano ins Spiel. Sie benahm sich wie ein Elefant im Porzellanladen. Mit einem Artikel in der Sonntagsbeilage der Zeitung, für die sie arbeitete.«
|141| »Sie war damals also bereits Journalistin in NewYork?«
»Sie benahm sich zumindest schon so. Der Artikel bestand aus einem Interview, das sie mit dem Berater für Nationale Sicherheit geführt hatte, und einem Foto von ihm und dem Präsidenten bei einer Besprechung im Oval Office des Weißen Hauses. Soweit nichts Besonderes, man kennt das ja. Der Berater hatte jedoch einen Hefter mit einem Projekt in der Hand, das als VRK –
Very Restricted Knowledge
– eingestuft war, der höchsten Geheimhaltungsstufe der National Security Agency. Einem ungeschulten Auge entgeht so etwas vielleicht, aber wenn man genau hinsah, konnte man die fettgedruckten Buchstaben auf dem Titelblatt lesen. Und wenn man, wie ich, daran mitgearbeitet hatte, konnte man auch noch weitere Einzelheiten erkennen. Zum Beispiel CA-110. Das Projekt, an dem ich zu arbeiten begonnen hatte. Zu allem Überfluß stammte das Foto nicht von uns, weil Rachel ihren eigenen Fotografen dabeigehabt hatte. Kaum, daß er davon erfuhr, schlug Minspert Alarm und schickte zwei Agenten des FBI zu der Zeitung, um die Negative beschlagnahmen zu lassen.«
»Wozu? Das Foto war doch schon veröffentlicht worden.«
»Dieses Vorgehen hatte durchaus seine Berechtigung, denn es gab natürlich noch weitere Fotos neben dem, das veröffentlicht worden war. Und wenn man die vergrößerte, konnten sie unter Umständen weitere Einzelheiten über jenes Dokument enthüllen. So erklärten es die FB I-Agenten jedenfalls Rachel Toledano. Doch sie weigerte sich strikt, sie herauszugeben. Als einziges Zugeständnis erklärte sie, die Negative sorgfältig aufbewahren zu wollen. Und hier trete ich auf den Plan. Besser gesagt, Minspert schickt mich – all meiner Proteste zum Trotz – vor, weil ich ja eine so gute Beziehung zur Mutter der jungen Frau habe.«
»Und Sara? Wußte sie davon?«
»Nein, sie erfuhr es erst hinterher. Anfangs glaubte ich noch, sie aus all dem heraushalten zu können, weil ich um die heftigen Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Tochter wußte. Und später wurde alles so kompliziert, daß ein Eingreifen |142| Saras nur kontraproduktiv gewesen wäre. Das hinderte Rachel paradoxerweise dennoch nicht daran, mir genau das vorzuwerfen:die inakzeptable Vermischung von Privatem und Beruflichem. Und sie ließ mich das auch deutlich spüren.«
»Na ja, Sie wissen doch, wie Journalisten sind«, meinte Bealfeld. »Viel schlimmer ist es, wenn sie ihr Berufsethos herauskehren.«
»Seien Sie nicht zynisch,Herr Kommissar. Auch wenn Ihnen das etwas naiv vorkommen mag, so ging ich doch in der besten Absicht zu ihr, denn ich fühlte mich dafür verantwortlich: Wenn ich das Dokument mit einem Deckblatt geschützt hätte, wäre das alles nicht passiert. Aber wer kommt schon auf den Gedanken, daß sich der Berater mit einem Dokument der NSA
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