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Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin

Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin

Titel: Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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ebenfalls mit der Vergiftung infizierten. Die Katastrophe war im Grunde unabwendbar. Elischa brachte es nicht über ihr Herz, die nicht zu behandelnden Verwundeten einfach zu töten. Das sprach eindeutig gegen ihre Erziehung als Orna, gegen alle Grundsätze und Werte, die sie in all den Sonnenwenden verinnerlicht und als gut empfunden hatte. Sie hatte einen Eid abgelegt, den Wesen zu helfen und Leben zu retten, wo immer ihr das möglich war. Eine solch frevlerische Tat widersprach ihrem innersten Gefühl und würde ihr Gewissen auf das Schwerste belasten.
    Sapius sang und krächzte, so laut und falsch er nur konnte. Mittlerweile waren ihm die Lieder aus seiner Heimat aus- und er war dazu übergegangen, seinen Stab munter schwingend Trinklieder zu grölen, die er auf seinen Reisen durch die Klanlande in irgendwelchen Wirtshäusern und Spelunken meist von bereits stark angetrunkenen Gästen gehört hatte. Seine Stimme wurde heiser. Sein Hals brannte. Bald würde er keinen einzigen Ton mehr aus seiner ausgetrockneten Kehle herausbringen. Der Magier kam sich selbst wie angetrunken vor, während er lauthals grölte und ihn dabei ein leichtes Schwindelgefühl überkam. Es kam, was irgendwann kommen musste. Seine Stimme versagte. Sapius konnte nur noch flüstern.
    Madhrab stellte mit Entsetzen fest, dass der Gesang der Todsänger mit dem abrupten Verstummen von Sapius zu den Klankriegern drang und allmählich wieder die ersten verheerenden Auswirkungen auf das Gemüt der Verteidiger zeigte. Die Zeit wurde knapp. Er musste zu ihnen vordringen. Der Lordmaster spürte, wie der Gesang sein Herz zusammendrückte – es war ihm, als laste ein schwerer Fels auf seinem Herzen – und ihm die Tränen in die Augen trieb. Mit bleischweren Beinen schleppte er sich voran. Es waren nur noch wenige Schritte bis zu den Todsängern. Der Lordmaster ballte die Hand zur Faust, schlug sich mehrmals ins Gesicht und zwang sich Schritt für Schritt weiterzugehen. Schwerfällig tötete er noch drei Rachuren. Dann war er endlich an seinem ersten Ziel der Entscheidungsschlacht angelangt. Die Todsänger scharten sich sofort schützend um ihren Anführer Nalkaar.
    Nalkaar schrie: »Singt … singt … für den Bewahrer … singt und tötet den Bewahrer. Konzentriert euren Gesang nur auf ihn. Vergesst die anderen. Entreißt ihm seine Seele.«
    Und die Todsänger sangen. Sie sangen nur für ihn und rangen um seine Seele und damit um sein Leben. Der Gesang war das Schönste und Schmerzlichste, was Madhrab je zu Ohren gekommen war. Er lauschte den Klängen, fühlte sich unweigerlich hingezogen und fiel auf die Knie. Zum ersten Mal in seinem Leben flehte er die Kojos an. Er vergoss bittere Tränen. Der Gesang steigerte sich zu einem furiosen Klangbild, das die ganze Welt zu umspannen schien. Madhrabs Herz drohte zu zerspringen. Er kauerte sich zusammen. Die wundervolle Musik, sie durfte niemals enden. Verzweifelt hämmerte der Bewahrer mit den Händen auf die Erde.
    Um ihn herum tobte der Kampf unverändert brutal weiter. Die anderen Klankrieger blieben von dem Todesgesang unbeeinflusst, solange sich die Todsänger nur auf Madhrab konzentrierten. Die Rachuren hielten sich währenddessen zurück und näherten sich auf Befehl Nalkaars nicht.
    Die Schlacht trat für den Bewahrer völlig in den Hintergrund. Er vergaß, warum er gekommen war. Er erinnerte sich nicht daran, jemals gegen Rachuren gekämpft zu haben. Nichts war mehr wichtig außer diese wundervolle Klänge. Überleben, die Klan, der Sieg – wozu? Ein wunderschönes Gesicht tauchte in seinen Gedanken auf, Elischa, sie schien so fern und verblasste sogleich wieder. Wer war diese Frau? Eine Orna? Liebte er sie? Etwa mehr als diese Musik? Das konnte nicht sein! Seine Freunde. Hatte er jemals Freunde gehabt? Die Klänge beherrschten ihn vollständig. Es war ihm gleichgültig, was mit seinen Freunden geschah. Der Gesang war die Essenz seines Lebens, füllte ihn aus, lockte ihn und schmerzte ihn zugleich. Nur der Todesgesang blieb, umgarnte ihn, hielt ihn fest. Wie fürchterlich weh diese Klänge taten! Er wollte sterben. Die Töne versetzten Madhrab in eine Art Trance und entführten seine Gedanken in eine andere, ihm unbekannte Welt.
    Nalkaar lächelte. Welch schöner Anblick: Der Befehlshaber der Klan, ein Bewahrer, der beste Bewahrer unter allen Bewahrern überhaupt, der scheinbar unbesiegbare Madhrab, Lordmaster, ausgezeichnet mit der Gnade der Kojos, kniete vor ihm und litt Todesqualen. Der

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