Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
getötet und stets seinen Kriegern einen Teil der geplünderten Kriegsbeute und genügend Nahrungsvorräte überlassen. Mit manchen der versklavten Frauen und Kindern der Klan aus den zerstörten Dörfern durften sie sich als Belohnung regelmäßig in derben Spielen vergnügen. Grimmgour selbst sammelte die Skalps der von ihm geschändeten Frauen als Trophäen. Es mussten Hunderte sein, die er in einer Truhe aufbewahrte. Die schönsten Zöpfe trug er offen als Schmuck gut sichtbar und mit Stolz an seiner Rüstung. Er war grausam und brutal. Sein Ruf war mehr als nur berüchtigt. Alleine sein Name verbreitete Angst und Schrecken unter den Klan. Kein Gegner hatte Grimmgour bislang standgehalten. Während des langen Zerstörungszuges durch die Klanlande hatten die Rachuren unter seiner Führung tausende Frauen und Mädchen versklavt und in die Chimärenbrutstätten in ihr Heimatland im Südwesten des Kontinents geschickt. Die gefangenen Männer und Knaben waren entweder vor den Augen ihrer Frauen und Mütter getötet oder in die giftigen Schwefelminen von Grathar im Zentrum des Rachurenlandes geschickt worden. Sie mussten dort unter schrecklichen Bedingungen arbeiten, bis sie völlig entkräftet zugrunde gingen. Von dort gab es kein Entrinnen.
Viele Rachuren hatten sich bereits unter Bäumen und Büschen auf den vom lang anhaltenden Regen durchnässten Waldboden gelegt und schliefen auf notdürftigen Lagern aus Blättern und Gräsern. Sie ruhten sich vor der kommenden Schlacht aus. Die Nässe schien ihnen nichts auszumachen. Einige Krieger saßen noch um die wenigen Feuer im Lager und unterhielten sich lautstark mit ihren Kameraden, pflegten ihre Waffen und Rüstungen oder grölten beim beliebten Knochenspiel. Die schnell dahinfließenden und rauschenden Strömungen des durch den Regen angefüllten Rayhin verschluckten jeden Laut.
Eine Schätzung über die genaue Anzahl der versammelten Rachuren, die zumeist aus unterschiedlichen Gruppen von Chimären bestanden, war durch die vielen kleineren zersplitterten Lager und Grüppchen nahezu unmöglich. Es mussten mindestens fünfzigtausend Krieger sein, die sich am südlichen Ufer des Rayhin in wilden und bunt gemischten Einheiten zusammengerottet hatten, um den Klan endgültig den Garaus zu machen und sich an deren frischem Fleisch satt zu essen.
Eine hochgewachsene, hagere Gestalt, eingehüllt in einen bis zum Boden reichenden schwarzen Kapuzenmantel, huschte beinahe unbemerkt durch das Lager in Richtung des Kommandozeltes. Nalkaar, der Todsänger, war im Lager eingetroffen.
Den Legenden nach hatte es einst einen magisch sehr begabten Schüler in Saijkalsan Rajurus Reihen gegeben. Er war ein Rachure. Kein Bastard, keine Chimäre. Seine Passion und besondere Begabung war es, die nur wenigen zugängliche und selten genutzte Saijkalrae-Magie des Gesanges der Toten zu erforschen. Das war eine sehr mächtige Ausprägung der Saijkalrae, die aber ihren Preis hatte. Diesen sehr hohen Preis musste auch Rajurus Schüler für seinen Ehrgeiz bezahlen, den Gesang perfektionieren und für seine Zwecke nutzen zu wollen. Der Gesang verlieh dem magiekundigen Saijkalsan die Macht über Leben und Tod.
Der Legende nach war es sehr schwer, die Magie auszuführen, denn der Saijkalsan musste in seinem Gesang eine ganz bestimmte Tonlage treffen, damit die gewünschte Wirkung erzielt wurde. Außerdem sollte es angeblich unterschiedliche Gesänge mit verschiedenen Auswirkungen geben. Wunderschöne traurige und schmerzliche Gesänge. Kaum ein Sterblicher vermochte sich dem Todesgesang zu entziehen. Man hörte unweigerlich zu, der Gesang ging durch Mark und Bein, rührte unmittelbar ans Herz. Und war man erst in Tränen aufgelöst, trat schließlich die Wirkung ein. Die einen konnten angeblich Tote zum Leben erwecken und andere wiederum töteten die Lebenden. Manche Gesänge verlängerten oder verkürzten ein Leben. Manche linderten Schmerzen, konnten sogar heilen, wieder andere verursachten Schmerz und Leid, Krankheit und Siechtum. Man sagte, dass es einen Gesang gab, der nur den Geist eines Sterblichen tötete, was den Saijkalsan in die Lage brachte, den willenlosen Körper zu steuern und für seine Zwecke einzusetzen. Jedenfalls arbeitete der Schüler unermüdlich mit den Todesgesängen, übte und komponierte selbst immer neue Variationen dazu. Sein oberstes Ziel war es, Unsterblichkeit für sich selbst zu erringen.
Eines Tages glaubte er sich endlich am Ende seines Weges angelangt, das Ziel
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