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Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin

Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin

Titel: Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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ähm ... besser gesagt Eure Stimmung wirkt heute gänzlich anders als noch gestern Abend«, fragte er.
    Elischa blickte ihm direkt in die Augen. Die unterschiedlichen Augenfarben irritierten ihn erneut. Sie war ernst. »Heute Nacht ist etwas Furchtbares geschehen«, erklärte die Orna ihre gedrückte Stimmung. »Ich weiß nicht, was es war. Freunde und Verbündete waren betroffen. Ich spürte eine schwere Last, eine Art Frevel, eine unverzeihliche Schandtat. Eine schwere Entscheidung wurde getroffen. Jemand musste einen sehr hohen Preis bezahlen. Tod für Leben. Wahnsinn und Verzweiflung sind starke Gefühle, die sich deutlich erkennen lassen. Das Ereignis hat ein deutliches Muster in den Aufzeichnungen der Orna hinterlassen, aber ich konnte seltsamerweise nichts sehen. Eine Art dichter Nebel lag vor meinem Auge. Nur das Gefühl des Furchtbaren war klar und deutlich zu spüren.«
    »Ihr steht in dauernder Verbindung mit dem Haus der Mutter und könnt von hier aus die Muster in den Aufzeichnungen erkennen?« Sapius war einigermaßen verblüfft.
    »Nicht ständig, nein, aber wenn ich Ruhe habe und mich konzentriere, kann ich den Kontakt herstellen und sogar unsere im Tempel lagernden Aufzeichnungen einsehen. Das kann jede Orna mit etwas Übung«, erläuterte Elischa ihre außergewöhnliche Fähigkeit.
    »Habt Ihr eine Ahnung davon, was passiert sein könnte?« Sapius war besorgt.
    »Nein, leider nicht. Vielleicht ist es besser, dass ich nicht sehen konnte, was geschehen ist. Wenn ich ehrlich bin, will ich es gar nicht wissen. Das Wissen könnte uns auf unserem Weg ablenken, uns möglicherweise hinderlich sein. Alles hat seinen Grund, der Nebel, vielleicht hat Mutter ihn über mein Auge gelegt, damit ich mir keine Sorgen mache«, fügte Elischa hinzu.
    »Möglich ... wer weiß.« Sapius kaute genüsslich auf einem Speckstreifen herum und schob ein Ei hinterher. »Wann brechen wir auf?«, fragte er mit vollem Mund.
    »Ich schlage vor, dass wir erst unser Frühstück beenden, die paar Sachen zusammenpacken, das Lager abbrechen, unsere Spuren beseitigen und uns dann so schnell wie möglich auf den Weg machen. Euer Pferd ist frisch und versorgt, das habe ich bereits erledigt. Einen sicheren Pfad zum Rayhin müssen wir noch auskundschaften. Wenn sich die Sonnen am höchsten Punkt zur Mittagsröte treffen, sollten wir bereits am Flussufer sein«, meinte Elischa.
    Sapius war überrascht, gleichzeitig jedoch peinlich berührt. Während er noch in tiefem und festem Schlaf versunken war, hatte Elischa bereits alles Notwendige für ihren Aufbruch vorbereitet.
    Die Orna kramte aus einer Tasche eine löchrige Holzkiste hervor und öffnete vorsichtig den Deckel. Sie nahm zwei dunkelrot glänzende, daumengroße Käfer aus der Kiste, legte sie beide mit den sechs zappelnden Beinen nach unten auf ihre Handfläche und strich mit dem Finger vorsichtig über Fühler und Facettenaugen. Sie murmelte etwas für Sapius’ Ohren Unverständliches, näherte sich mit den Lippen den Käfern gerade so, als wollte sie die beiden küssen, und blies einen Atemhauch ganz vorsichtig unter die Flügel der Käfer, bis sich diese leicht öffneten. Die Käfer pumpten ihre Flügel auf und flogen brummend in Richtung Höhlenausgang.
    »Was habt Ihr vor?«, fragte Sapius verdutzt. Er hatte den liebevollen Umgang mit den beiden Käfern mit Erstaunen und nicht ohne Vergnügen beobachtet.
    »Ach ... Ihr meint meine beiden Lieblinge, Takk und Toff, nicht wahr?« Zum ersten Mal sah er sie wieder richtig lächeln an diesem Morgen. Ein klein wenig schelmisch, ja sogar verschmitzt wirkte Elischa. »Das sind meine Augen. Eigentlich sind es nur harmlose Brünnkäfer. Ihr findet sie an den Waldrändern, häufig aber auch in der Nähe von Obstbäumen. Sie müssen schrecklich schmecken, denn jeder Vogel verschmäht Brünnkäfer freiwillig und macht einen großen Bogen um sie herum. In Gefahr sondern sie ein unangenehm riechendes Gas aus ihrem Hinterleib ab. Das hat den Vorteil, dass sie kaum Fressfeinde haben. Takk und Toff sind zahm, lieb und sehr gefräßig. Sie mögen Gras, ganz besonders frische Blätter von Laubbäumen, und wenn sie nichts anderes bekommen, nagen sie sogar Pergamentrollen an ... Die beiden Käfer kundschaften den besten Weg für uns aus.«
    »Ihr überrascht mich immer wieder aufs Neue.« Sapius kam aus dem Staunen nicht heraus. »Eure Kunstgriffe sind ganz erstaunlich. Erst das Feuer, jetzt die Käfer. Eure Ausrüstung ist wirklich interessant.«

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