Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
Bestimmt nicht mehr als eine Hora strammen Fußmarsches, aber Ihr solltet besser unseren Kaptan Gwantharab fragen. Ich denke, er möchte, dass wir Euch sicher dorthin geleiten.« Der Bogenschütze lächelte und winkte seinen Kaptan heran.
Der Kaptan nickte und kam forschen Schrittes auf die beiden zu. Gwantharab war ein Klan mittleren Alters, der groß gewachsen und durch und durch athletisch wirkte. Seit er denken konnte, hatte er den Sonnenreitern gedient. Er war einer der wenigen Klan, die ganz in der Nähe des Hauses des hohen Vaters aufgewachsen waren und eine große Familie ihr Eigen nennen konnte. Sieben Kinder, vier Mädchen und drei Jungen, darunter die beiden Jüngsten, die unzertrennlichen Zwillinge Hardrab und Foljatin, die sich wie ein Ei dem anderen glichen und ihrem Vater sehr ähnlich sahen, hatte er im Laufe der Sonnenwenden mit seiner Frau gezeugt und liebevoll aufgezogen. Er sah seine Familie, so oft ihm dies in Anbetracht des fordernden Dienstes nur möglich war. Frau und Kinder waren ihm wichtiger als alles andere.
Während der letzten Sonnenwenden war ihm der Ausgleich jedoch nicht immer gelungen. Zu oft hatten die Sonnenreiter mit den auserwählten Bewahrern ins Feld ziehen und die Grenzen des Landes gegen feindliche Eindringlinge sichern müssen. Mondelang waren sie von zu Hause weg und in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt, die manchen guten Kameraden und Freund das Leben gekostet hatte. Die Wirren des Krieges, die sich zunächst schleichend, doch mit jeder weiteren Sonnenwende immer verheerender über das Land gelegt hatten, waren sicherlich auch ein Ergebnis der offen zutage liegenden Schwäche des Regenten in Tut-El-Baya, dem sein eigenes Wohlergehen und das seiner engsten Angehörigen nebst den Höflingen weit wichtiger waren als das Wohlergehen seiner ihm anvertrauten Landeskinder.
Den Status eines Veteranen und Kaptan hatte sich Gwantharab in den Grenzkriegen gegen die Rachuren redlich verdient. Drei Sonnenwenden hatte er während der Grenzkriege in den von Wüsten und Mooren geprägten kärglichen Landschaften der Grenzlande verbracht, Entbehrungen hingenommen, seine Familie nicht mehr gesehen, was ihn beinahe dazu gebracht hatte, seinen bereits über dreißig Sonnenwenden dauernden Dienst nach dem Ende der Grenzkriege an den Nagel zu hängen.
Gwantharab war dennoch geblieben, weil er sich kein anderes Leben als das eines Sonnenreiters vorstellen konnte. Die Soldaten liebten ihn und schätzten seine harte, aber immer gerechte Art. Er war ein Mann, auf den sie sich bis in den Tod verlassen konnten. Ein Vorbild, wie es nur selten zu finden war.
Zäh und drahtig waren die Attribute, die Elischa bei näherem Betrachten des Kaptans einfielen. Seine Haare waren kurz geschnitten und bereits hie und da von grauen Strähnen durchzogen. Er besaß markante Gesichtszüge, die nicht unbedingt danach aussahen, als ob sie allzu oft zu einem Lächeln verzogen worden wären. Auffällig waren die graublauen Augen, die seltsam traurig wirkten. Einige Narben zierten das ansonsten bartlose Gesicht.
Der Kaptan war sehr höflich und verbeugte sich ehrfürchtig, bevor er die Orna ansprach: »Es ist mir eine große Ehre«, fing er an. »Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass wir hier draußen kurz vor der entscheidenden Schlacht eine Orna antreffen könnten. Noch dazu eine, die ohne Bewahrer mitten durch von den Rachuren besetztes Gebiet reist. Ihr seid doch eine Orna nicht wahr?«
Elischa nickte bejahend.
»Ihr müsst verzeihen, wenn ich zu viele Fragen stelle. Aber die Umstände, unter denen wir Euch hier antrafen, sind doch mehr als ungewöhnlich,« fuhr Gwantharab fort.
»Ich habe eine Botschaft unserer heiligen Mutter für Euren Befehlshaber, die ich persönlich überbringen muss,« sagte Elischa wahrheitsgemäß.
»Aye, Ihr wollt also zu Lordmaster Madhrab, dem Bewahrer des Nordens«, schlussfolgerte Gwantharab. »Nun, wir möchten Euch gerne zu ihm bringen. Das ist es, was ich Euch anbieten kann. Sicheres Geleit bis zum Lager. Ist Euer Begleiter denn in der Verfassung, dass wir ihn mitnehmen können?«
»Ich denke, ja. Ich habe seine Wunden, so gut es mir unter diesen Umständen möglich war, versorgt und ihm etwas gegen die Schmerzen gegeben, das ihn einschlafen ließ. Der Schlaf wird erholsam sein und Wunder wirken. Wenn er wieder aufwacht, wird es ihm schon viel besser gehen. Meint Ihr, dass Ihr ihn tragen oder auf einer Bahre ins Lager transportieren könnt? Es wäre
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