Kryson 01 - Die Schlacht am Rayhin
zugleich. Sein Kopf sank unter die Wasseroberfläche, er war bereits zu geschwächt, ihn wieder herauszuheben. Wasser drang in Nase und Mund ein. Dennoch nahm er in seiner größten Not noch etwas anderes wahr. Unmittelbar neben ihm im Wasser lag der Rachure, den er mit seinem Dolch verwundet hatte. Ein mit dunkelblauen und schwarzen Federn bestückter Pfeil ragte aus seiner Stirn heraus – er hatte den Feind mitten zwischen die Augen getroffen und ihn auf der Stelle getötet. Die anderen Rachuren ließen sofort von Sapius ab und suchten ihr Heil in der Flucht. Ohne schützende Deckung und Schilde kamen sie jedoch nicht weit. Einer nach dem anderen fiel von Pfeilen durchsiebt. Ihre Leichname trieben langsam den Fluss entlang.
Eine aufkommende Schwärze umfing Sapius. Das Wasser drohte jeden Moment in seine Lungen einzudringen. Hätte er doch nur die Kraft gehabt, seinen Kopf über Wasser zu heben.
Als er wieder zu sich kam, lag er unter einem großen, schattenspendenden Baum am anderen Flussufer. Er hustete Wasser und Blut. Sein ganzer Körper war ein einziger Quell von unvorstellbaren Schmerzen. Nur undeutlich nahm er seine direkte Umgebung aus verquollenen Augen wahr, bis er die ihm in der kurzen Zeit vertraut gewordene Stimme Elischas vernahm. Die Orna hatte sich über ihn gebeugt und musterte ihn mit sorgenvollem Blick.
»Er lebt!«, rief sie mit einer großen Erleichterung in der Stimme. »Er atmet und lebt. Er hat soeben seine Augen geöffnet.«
Eine ihm fremde Stimme antwortete ihr knapp: »Das ist gut. Er hatte großes Glück. Wir kamen gerade noch rechtzeitig. Der Pfeil war ein bedauerliches Versehen.«
Elischa wandte sich wieder direkt an Sapius. »Könnt Ihr mich hören?«
Sapius stöhnte leise als Zeichen dafür, dass er sie verstanden hatte.
»Sapius, Ihr müsst ruhig liegen bleiben. Bewegt Euch nicht und redet nicht. Schont Eure Kräfte. Ihr seid schwer verwundet und habt viel Blut verloren. Ich werde mich um Euch kümmern, Eure Wunden versorgen und die Blutungen stillen, so gut ich es vermag. Wir sind in Sicherheit.«
Der Saijkalsan wäre ohnehin nicht in der Lage gewesen zu sprechen. Elischa führte eine Kristallphiole an seine Lippen, die eine klare, rötlich durchscheinende Flüssigkeit enthielt. Mit einer Hand in seinem Nacken hielt sie seinen Kopf leicht nach oben, damit ihm das Trinken leichter fiel.
»Trinkt das, bis auf den letzten Tropfen. Das wird Euch helfen und den schweren Blutverlust wieder ausgleichen.«
Sapius trank bereitwillig und schloss dabei die Augen. Die Flüssigkeit fühlte sich warm an, kribbelte auf seiner Zunge und an seinem Gaumen. Als sie seinen Magen erreichte, wurde sein Innerstes von einem wohligen Gefühl erfüllt und die Schmerzen wichen umgehend aus seinem Bewusstsein. Sapius wurde müde und schlief kurz darauf tatsächlich ein. Elischa holte einige Salben, Mixturen und Lederbeutel mit verschiedenen Kräutern aus ihrer Tasche hervor. Sie ließ sich durch hilfsbereite Hände etwas Wasser und Erde bringen. Das für weiter entfernte Augen unsichtbare Feuer der Orna brannte nach wenigen Augenblicken, sodass sie ein wenig Wasser in einem kleinen Kupferkessel erhitzen konnte und mit ausgewählten Kräutern, Erde und einigen frisch am Flussufer geernteten Zutaten zu einem wohlriechenden Brei anrühren konnte. Daraufhin stimmte die Orna ein sanftes, wohlklingendes Lied an, das bis in Sapius’ unruhige Träume vordrang und sein Herz höher schlagen ließ. Mit ihren Händen strich sie vorsichtig Heilsalbe auf seine tiefen Wunden. Die Blutungen waren im Nu gestillt. Geschickt fertigte sie aus Kleidungsstücken, Kräutern und Wasser Verbände für Brüche, Prellungen, Biss- und Schnittwunden. Als Elischa endlich fertig war, gab es an Sapius’ Körper nur noch wenige freie Stellen, die nicht mit einem Verband versehen waren.
»Ihr seid ein ausgezeichneter Schütze, wenn ich das sagen darf. Ich habe Euch gesehen. Ihr trefft auf den Punkt genau und schießt Eure Pfeile in sehr schneller Abfolge. Wirklich erstaunlich … wie weit ist es noch zum Lager der Klan?«, fragte Elischa den neben ihr stehenden Bogenschützen, der sie die ganze Zeit aufmerksam beobachtet und ihr die eine oder andere Hand gereicht hatte, während sie den schwer verletzten Saijkalsan versorgt hatte.
Der junge Klan mit den langen dunkelbraunen Haaren und moosgrünen Augen antwortete ihr freundlich: »Danke, das ist sehr nett von Euch. Mein Name ist Drolatol. Das Lager ist ganz in der Nähe.
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