Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Treppen hinabzusteigen. »Was ist hier los?«, wollte Boijakmar wissen, als er die Hälfte der Stufen hinter sich gebracht hatte.
»Lordmaster Madhrab ist zurück«, bekam er von einem der Bewahrer zur Antwort. »Er weigert sich, sich von uns gefangen nehmen zu lassen, mein Vater.«
Erst in diesem Moment erkannte der hohe Vater den Lordmaster unter den Kämpfern und suchte sogleich dessen Blick. Doch Madhrab hielt seine Augen auf die anderen Bewahrer gerichtet, die ihn jederzeit wieder angreifen konnten. Keiner von ihnen hatte bislang die Waffen fallen lassen.
»Steckt eure Waffen endlich weg«, sagte Boijakmar, dieses Mal in einem sanfteren Tonfall, »ihr werdet nicht weiterkämpfen. Nicht hier und nicht jetzt. Wenn ihr eure Kräfte unbedingt messen wollt, dann geht in eine der Arenen.«
Madhrab wischte das Blutschwert an dem Mantel eines auf dem Pflaster liegenden Bewahrers ab und steckte seine Waffe als Erster wieder weg. Der Lordmaster verschränkte die Arme vor dem Brustkorb und wartete regungslos auf die Ankunft des hohen Vaters. Die übrigen Bewahrer folgten nach und nach. Als Boijakmar den Versammlungsplatz endlich erreicht hatte, war die Eskalation vorbei. Die Situation entspannte sich.
»Madhrab, mein Sohn«, fuhr Boijakmar ruhig fort, »du bist wieder bei uns. Das ist gut. Ich freue mich, dass du dir meine Worte zu Herzen genommen hast und zurückgekommen bist. Wie ich sehe, hast du ganze Arbeit geleistet und einige deiner Ordensbrüder schwer verletzt.«
»Der Empfang war nicht der freundlichste«, bemerkte Madhrab verbittert.
»Deine Ordensbrüder befolgten nur eine Anordnung des Regenten, nicht mehr und nicht weniger. Du darfst ihnen das nicht übel nehmen«, tadelte der Overlord seinen ehemaligen Schüler.
»Seit wann befolgen die Bewahrer solch absurde Anordnungen und ordnen sich dem Regenten auf Kosten ihrer freien Entscheidungshoheit unter?«, antwortete Madhrab überrascht.
»Versteh doch, Madhrab«, sagte der hohe Vater, »wir dürfen uns nicht gegen das Gesetz stellen. Wir sind die Hüter des Gesetzes. Wir urteilen über die Taten anderer. Wenn wir die Gesetze nicht einhalten, machen wir uns unglaubwürdig und verlieren unseren Anspruch, in letzter Instanz Recht sprechen und unabhängig sein zu dürfen. Der Regent kann eine Untersuchung verlangen. Und genau das hat er getan. Wenn wir seine Bitte missachten, brechen wir unsere eigenen Regeln und die Gesetze des Landes. Ich bitte dich, mach uns keinen Ärger. Deine Haft ist doch nur für die Dauer der Untersuchung. Wir werden den Prozess schnell vorantreiben und zu einem für uns alle vernünftigen Ende bringen. Vertrau mir, Madhrab.«
Madhrab sah den Overlord eindringlich an, versuchte den Sinn der Worte oder deren unausgesprochene tiefere Bedeutung zu ergründen. Was wollte ihm der hohe Vater mitteilen? Er konnte die Gefangennahme nicht ernsthaft wollen.
Der Lordmaster überlegte einen Moment und stimmte schließlich schulterzuckend zu. »Aye, wenn es dir und den Bewahrern hilft und die Angelegenheit damit bereinigt werden kann, dann werde ich mich ohne Widerstand einsperren lassen. Ich verlasse mich auf dein Wort, Vater. Für die Dauer der Untersuchung bis zum Prozess. Keinen Tag länger.«
»Legt ihn im Verlies in Ketten«, keuchte Chromlion mit schmerzverzerrter Stimme, »das ist während der Untersuchung vorgeschrieben. Er ist gefährlich und könnte fliehen.«
»Er hat leider recht«, stimmte Boijakmar zu, »so schwer es mir auch fallen mag, wir wollen uns später nicht dem Vorwurf einer Sonderbehandlung aussetzen und die Untersuchung dadurch gefährden oder gar einen weiteren Prozess riskieren. Es gibt keine Vergünstigungen für den Lordmaster.«
Madhrab nahm die letzten Worte gelassen entgegen. Er brauchte und wollte keine Privilegien.
An die Sonnenreiter gewandt sagte Boijakmar abschließend: »Bringt Lordmaster Kaysahan und die anderen Verwundeten zu den Orna. Sie sollen sich um die Verletzungen kümmern.« Ich hoffe für Madhrab, dass sie durchkommen, dachte Boijakmar.
Lordmaster Madhrab ließ sich ohne Widerstand die Waffen abnehmen und abführen. Der hohe Vater blickte ihm mit sorgenvoller Miene nach, als sie ihn in das Hauptgebäude brachten, unter dem sich das Verlies befand. Seine Rückkehr hätte ich mir wahrlich anders vorgestellt. Eine solche Behandlung hat er gewiss nicht verdient. Aber das Opfer ist wichtig, die Bewahrer können sich keine Schwäche erlauben , überlegte der Overlord.
Nachdem Elischa durch
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