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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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das Tor in die Anlagen der heiligen Mutter eingetreten war, brachte sie ihr Pferd in die nahe gelegenen Stallungen, um es dort den für die Versorgung der Tiere eingeteilten Schwestern zu überlassen. Sie wusste, dass das Pferd in guten Händen sein würde. Auf dem Weg in die Stallungen begegnete sie einigen ihrer Schwestern, die sie freundlich lächelnd grüßten, gerade so, als hätten sie sich erst vor Kurzem gesehen und Elischa wäre lediglich von ihrem täglichen Spaziergang durch die heimischen Gärten zurückgekehrt. Dabei war sie seit ihrer Abreise gut zwei Monde weg gewesen. Niemand trat an sie heran und stellte Fragen über ihre Reise durch die Klanlande oder die Geschehnisse während und nach der Schlacht. Das zurückhaltende Verhalten ihrer Ordensschwestern kam Elischa entgegen, denn sie hatte mit sich selbst zu kämpfen und war keineswegs in der Stimmung, Fragen zu beantworten oder über die Ereignisse zu berichten.
    Natürlich lag es in ihrer Pflicht, umgehend die heilige Mutter aufzusuchen. Die Orna erwarteten eine unverzügliche Rückmeldung, sobald eine Schwester von einer Reise zurückgekehrt war. Ihr würde sie ohnehin ausführlich Rede und Antwort stehen müssen.
    Am besten, ich gehe gleich zu Mutter, dann habe ich es hinter mir und kann mich anschließend in meine Zelle zurückziehen. Ich muss über so vieles in aller Ruhe nachdenken , dachte Elischa. Gedankenverloren strich sie mit zarten Fingern über das weiche Fell ihres Pferdes. Die Berührung und die Wärme des Tieres, sein gelegentliches Schnauben wirkten beruhigend. Es fiel ihr daher nicht leicht, sich von ihrem Pferd zu verabschieden und es von nun an den pflegenden Händen der anderen Schwestern zu überlassen. Immerhin hatte sie das treue Tier nur dank Madhrabs einfühlsamer Fähigkeit, mit den Pferden sprechen zu können, bekommen.
    Sie musste ihre Gedanken erst ordnen und versuchen ihre Gefühle zu beherrschen, bevor sie zur heiligen Mutter ging. Elischa befürchtete, sie könnte sich durch ein unbedachtes Wort oder einen ungewollten Gefühlsausbruch sofort verraten. Die heilige Mutter war eine hervorragende Beobachterin mit großer Erfahrung, deren Sinne für jedwede Stimmungsschwankung bestens geschärft waren. Das Schlimmste war, dass sie Elischa mehr als gut kannte. Es war für sie beinahe unmöglich, ihr länger etwas vorzumachen. Doch selbst wenn ihr die Mutter wohlgesinnt und stets wie eine richtige Mutter und Freundin für sie gewesen war, durfte sie sich ihr nicht offenbaren. Die Aufdeckung ihres Geheimnisses war für sie selbst und Madhrab äußerst gefährlich. Madhrab durfte den Eid nur dann ablegen, wenn sie ihre intime Verbindung auf Dauer geheim halten konnten.
    Von den Tierställen führte der Weg ins Haupthaus durch die ausgedehnten Gartenanlagen der Orna. Wie oft war sie hier während ihrer Kindheit und langen Ausbildung zur Orna entlanggegangen. Selbst im Schlaf und mit verbundenen Augen hätte sie den Weg gefunden. Sie schloss die Augen und versuchte sich die Blütenpracht und die herrlichen Düfte zur wärmeren Sonnenwendenzeit vorzustellen, wenn die Gärten voller Leben waren. In allen Farben des Regenbogens schillernde Insekten und fleißige Bienen schwirrten durch die Luft, sammelten den süßen Nektar der Blüten und trugen ihn in ihre Nester, um daraus wohlschmeckenden Honig herzustellen.
    Die Blüte- und Erntezeit war längst vorbei. Die Orna und ihre Schülerinnen waren eifrig dabei, die Gärten für den kommenden Winter vorzubereiten. Sie hatten bereits einen Großteil der Beete umgegraben, mit Zweigen abgedeckt, Zwiebel in Holzkisten eingelagert und wieder neue für die frühe Sonnenwendenzeit gesteckt. Empfindliche Pflanzen und Bäume wurden sorgfältig in schützende Leinentüchern und Stroh eingepackt.
    Die heilige Mutter hatte ihre Kammer im obersten Stockwerk des Hauses. Dort fand sich auch Elischas bescheidene Zelle am äußeren Flügel des Gebäudes, der in westlicher Richtung zu den Anlagen der Bewahrer ausgerichtet war. Die Zelle, in der lediglich ein schlichtes Bett mit einer Strohmatratze, ein kleiner Schrank mit Elischas Kleidung und ihren persönlichen Sachen, ein Holzschemel und eine Waschschüssel standen, besaß ein schmales Fenster, durch welches sie auf den Zehenspitzen stehend über die Mauer einen Teil der Übungsplätze der Bewahrer einsehen konnte. Oft hatte sie die Bewahrer während ihrer Waffenübungen fasziniert beobachtet und dabei schon früh ihren persönlichen Favoriten

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