Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
tatsächlich ernsthaft in Erwägung zöge.«
Elischa zeigte sich bewusst überrascht und tat so, als hätte sie von nichts gewusst. »Oh, das ist …«, warf sie freudestrahlend ein.
»Wunderbar, nicht wahr?«, griff die heilige Mutter das Wort auf, »aber das Erstaunlichste daran ist, dass er meinem Wunsch tatsächlich zugestimmt hat. Das berichtete mir Overlord Boijakmar nach seiner Rückkehr aus dem Heereslager. Auf mein Drängen hin gab mir der hohe Vater bereits sein Einverständnis. Die Zeiten ändern sich und es geschehen manchmal noch Zeichen und Wunder, mit denen ich niemals gerechnet hätte. Wir werden die Zeremonie bald vorbereiten müssen. Ich bin wirklich froh, dass du wieder hier bist.«
Ihre Unterhaltung wurde jäh unterbrochen, als es plötzlich heftig an der Tür klopfte.
»Herein«, rief die heilige Mutter sogleich.
Eine junge Ornaschülerin stürzte völlig aufgelöst in die Kammer. »Heilige Mutter«, platzte sie um Atem ringend mit der Nachricht heraus, »ein Unglück ist geschehen. Sie bringen uns vier schwer verwundete Bewahrer. Ein Lordmaster ist darunter. Er liegt womöglich im Sterben.«
»Was?«, fragte die Mutter entsetzt. »Das kann nicht sein. Was ist geschehen? Wer brächte es fertig, vier Bewahrer zu verwunden?«
»Ich weiß es nicht«, sagte die Schülerin, »es gab anscheinend einen Kampf im Haus des hohen Vaters.«
Elischa erbleichte. Sie befürchtete, Madhrab könnte unter den Verwundeten sein.
Blass um die Mundwinkel und mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn stand die heilige Mutter von ihrem Stuhl auf und deutete Elischa durch ein Handzeichen an, ihr zu folgen. Sie eilten durch Flure, die Treppen hinab und erreichten schließlich abgehetzt die im Keller liegenden Räume der Heilung. Dort lagen die Verwundeten auf den hastig frei gemachten Behandlungstischen. Die Sonnenreiter, die die verletzten Bewahrer gebracht hatten, warteten geduldig. Ein Stein fiel Elischa vom Herzen, als sie sah, dass Madhrab nicht unter den Verwundeten war.
»Das sieht böse aus«, sagte die heilige Mutter, nachdem sie sich die tiefe Wunde von Kaysahan genauer angesehen hatte, »wir werden all unsere Künste aufwenden müssen, um ihn vor einem Gang zu den Schatten zu bewahren.«
Der Lordmaster hatte das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt und verlor viel Blut. Die Verletzungen der anderen Bewahrer waren zwar schwer, aber nicht lebensgefährlich, wie die heilige Mutter zur Erleichterung der Umstehenden schnell feststellte. Chromlions Wunde konnte genäht werden. Mehr als eine hässliche Narbe würde nicht zurückbleiben.
»Wer hat das getan?«, fragte Mutter einen der hinter ihr stehenden Sonnenreiter.
»Lordmaster Madhrab, heilige Mutter«, antwortete der Gefragte pflichtgemäß.
Elischa zuckte bei der Nennung des Namens unweigerlich zusammen. Madhrab? Warum sollte er gegen die eigenen Ordensbrüder kämpfen? Irgendetwas konnte nicht stimmen. Sie vermochte sich nicht vorzustellen, was vorgefallen sein musste, um den Lordmaster so weit zu bringen.
»Warum hat er seine Brüder angegriffen?«, wollte Mutter wissen.
»Sie wollten ihn gefangen nehmen … und scheiterten. Er wehrte sich standhaft gegen die Festnahme«, erklärte der Sonnenreiter, wobei er eine gewisse Bewunderung für den Lordmaster nicht unterdrücken konnte.
»Ich verstehe nicht … weshalb?«, bohrte Mutter weiter.
»Es wurde uns kein Grund genannt. Aber soweit ich weiß, gibt es eine schriftliche Anordnung des Regenten Haluk Sei Tan aus dem Kristallpalast in Tut-El-Baya, die von Lordmaster Kaysahan vor einigen Tagen persönlich an den hohen Vater überbracht wurde«, ergänzte der Sonnenreiter seine Ausführungen.
»Das riecht nach einem bösartigen Intrigenspiel, wenn nicht sogar nach Verrat«, brummte die heilige Mutter kaum hörbar, »sie wollen Madhrab ausschalten. Womöglich vernichten. Aus welchem Grund auch immer. Wahrscheinlich haben sie Angst vor ihm.«
»Aye«, bestätigte der Sonnenreiter, der sehr genau zugehört hatte »das denken viele von uns auch.«
Elischa war sprachlos und verzweifelt und wusste nicht, was sie tun sollte.
Die heilige Mutter nahm sie rasch zur Seite. »Es tut mir leid, meine Tochter. Wir werden unsere Pläne ändern müssen«, flüsterte sie Elischa ins Ohr, »aber wir dürfen uns nicht in dieses hinterhältige Spiel einmischen und uns dadurch selbst in Gefahr bringen. Solange die Angelegenheit nicht geklärt ist, werden wir uns zurückhalten. Der Lordmaster hätte seine Brüder
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