Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
tiefen Schwarz und glänzten ölig im Lichtschein der Kerzen.
Sie hatten den dunklen Hirten am Vorabend der Schlacht an den Ufern des Rayhin nach nahezu endlos dauerndem Schlaf aus seiner in die Wand der Halle eingelassenen Nische herausgeholt und ihn behutsam auf den für die Zeremonie vorbereiteten Steinquader gebettet. Nun warteten sie seit bereits einem Tag und einer Nacht gespannt, dass er endlich die Augen öffnete. Ihre monotonen Gesänge und rituellen Gebete hatten bisher keine Wirkung gezeigt. Noch hatte sich der schwarze Bruder der Saijkalrae nicht gerührt.
Über fünftausend Sonnenwenden waren vergangen, seit Quadalkar die ungleichen, im Schicksal verbundenen Brüder mithilfe eines Fluches in einen tiefen Schlaf versetzt hatte. Fünftausend Sonnenwenden, die in den Hallen der Saijkalrae kaum von Bedeutung waren und doch eine halbe Ewigkeit gedauert hatten, während der sich der Kontinent Ell stark veränderte.
Die Macht der Saijkalsan hatte inzwischen an Bedeutung verloren. Magie war nur noch selten und wenn überhaupt, dann heimlich anzutreffen. Die einst stolzen und magiebegabten Völker der Altvorderen waren besiegt, verschwunden oder gar ausgestorben. So hieß es. Lediglich die Ältesten des Volkes der langlebigen Tartyk, der legendären Drachenreiter im Süden des Kontinentes Ell, am Rande des Südgebirges, konnten in der fünften Generation noch von den großen Völkern der Altvorderen berichten. Einige der ältesten noch lebenden Drachen hatten tatsächlich mit eigenen Augen Naiki und Nno-bei-Maya über den Kontinent schreiten sehen.
Es war anzunehmen, dass die Drachen sogar die Verwüstungen eines dem Wahnsinn anheimgefallenen Quadalkar noch mitbekommen und den Ausgang des erbitterten Kampfes der Saijkalrae-Brüder gegen den bluttrinkenden Saijkalsan mit angehaltenem Atem beobachtet hatten. Doch die Drachen konnten nicht sprechen und nicht schreiben. Sie waren daher nicht in der Lage, ihr Wissen auf herkömmliche Weise an die Nachkommen weiterzugeben.
Bei all den anderen Völkern auf Ell waren diese weit zurückliegenden, Kryson entscheidend verändernden Ereignisse längst in Vergessenheit geraten und gehörten der Vergangenheit an. Die Nno-bei-Klan hatten im Laufe der Sonnenwenden allmählich die Vorherrschaft auf Ell übernommen. Ihre Anlagen waren gut und sie vermehrten sich stark. Über Generationen hinweg war es ihnen gelungen, Gebiet für Gebiet für sich einzunehmen und zu besiedeln. Sieben Fürsten teilten sich die Klanlande untereinander auf. Über ihnen herrschte ein Regent, dessen Stammsitz in der großen Hauptstadt Tut-El-Baya lag. Die Klan hatten Städte gegründet, die gewachsen und gediehen waren. Sie hatten prunkvolle Paläste und Tempel errichtet. Bis in die fruchtbarsten und rohstoffreichsten Gebiete des Kontinents Ell hatten sie sich ausgebreitet. Dennoch hatten auch sie den Höhepunkt ihres Wirkens überschritten und sahen sich mittlerweile der ständigen Bedrohung durch die Rachuren ausgesetzt.
Jetzt war der Augenblick gekommen, in welchem die Schatten der Vergangenheit die Gegenwart wieder einzuholen vermochten.
Die wenigen übrig gebliebenen Saijkalsan hatten das Erwachen des dunklen Hirten mit einem gewaltigen Blutopfer von langer Hand vorbereitet. Eine der treibenden Kräfte der Erweckung war Saijkalsan Rajuru gewesen. Sie hatte sich als Herrscherin der Rachuren im Verlauf der Sonnenwenden in den unterirdischen Brutstätten eine schlagkräftige Armee von Chimären- und Bastardkriegern herangezüchtet und ausgesandt, den Kontinent unter der Führung ihres gefürchteten Sohnes Grimmgour mit einem grausamen Krieg zu überziehen. Einzig und allein dem Zweck folgend, den dunklen Hirten vom Fluch des Quadalkar zu erlösen und ihn schließlich wiederzuerwecken. Rajuru hatte sich als Dienerin voll und ganz dem dunklen Hirten unterworfen, obwohl sie die Gefahren für Verstand, Leben und Seele kannte, die einem Saijkalsan drohten, wenn er sich nur einer Seite der Brüder verschrieb. Rajuru fürchtete die Konsequenzen offenbar nicht. Sie war zu einer alten und einflussreichen Hexe gereift, die mit der Macht der Magie umzugehen verstand und gleich einem Totenerwecker über Leben und Tod gebieten konnte. Nach dem überaus mächtigen, vor langer Zeit abtrünnig gewordenen Quadalkar war sie wohl die Älteste und vielleicht sogar Stärkste unter den noch existierenden Saijkalsan. Sie selbst fühlte sich Quadalkar zumindest ebenbürtig.
Die an diesem Komplott beteiligten
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