Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
ihm, Elischa und dem Magier Sapius wusste von der Beziehung des Bewahrers zu der Orna. Statt auf die Frage zu antworten, schüttelte er nur heftig den Kopf und riss an den Ketten.
»Aha«, stellte Sick fest, »ich habe einen wunden Punkt getroffen. Nun, Bewahrer, was ist mit Eurer Antwort? Ihr kennt doch die Regeln.«
Madhrab schwieg. Er musste etwas unternehmen. Keineswegs durfte er zulassen, dass Sick für Elischa zur Gefahr wurde, nur weil er sich als schwach und der Folter unterlegen gezeigt oder sich am Ende selbst aufgegeben hatte.
»Wisst Ihr, was ich mit ihr machen werde, wenn sie in den Kerker gebracht wird, weil Ihr Euch nicht beherrschen konntet? Sie soll sehr schön sein, habe ich gehört. Sollte ich mit ihr fertig sein, wird sie nicht einmal mehr für eines der heruntergekommensten Hurenhäuser in Tut-El-Baya taugen«, versuchte Sick den Bewahrer aus der Reserve zu locken.
»Ihr werdet Elischa in Frieden lassen«, antwortete Madhrab, »sonst ... sonst werde ich ...«
»Was? Nur heraus damit, Lordmaster Madhrab«, gab sich Sick grüblerisch, »wollt Ihr mich schon wieder töten?«
»Töten?«, flüsterte Madhrab, »Nur töten? Nein, das wäre viel zu wenig für Euch.«
»Ihr macht mir Angst«, erwiderte Sick mit einem Lächeln auf den Lippen, »das solltet Ihr wirklich nicht. Könnte Euch schlecht bekommen.«
Sick trat dicht an den Bewahrer heran. Madhrab konnte seinen fauligen Atem riechen. Die Lippen des Foltermeisters bewegten sich leise flüsternd am Ohr des Lordmasters.
»Bereiten wir unserem Spiel ein Ende«, hauchte er, »es warten neue Herausforderungen auf mich. Ich hatte meinen Spaß mit Euch, das muss ich gestehen, und Ihr habt Euch immerhin als würdig erwiesen. Wäre ich ein Geselle, dann wärt Ihr mein Meisterstück gewesen. Niemand außer Euch hat meine Künste so lange und ausdauernd durchgestanden, wie Ihr das tatet. Aber einmal muss Schluss sein. Eine Sulsak überlebt keiner.«
Jetzt oder nie, dachte Madhrab. Seine Hand schnellte nach oben und packte den Foltermeister am Hals. Die Kette reichte knapp, um Madhrab diese allerletzte Gelegenheit zu gewähren. Wer auch immer Sick beauftragt und ihm freie Hand gelassen hatte, hatte in Kauf genommen, dass Madhrab die Folter nicht überleben würde, oder sogar seinen Tod gewollt.
Sick erschrak und versuchte sich sofort aus dem Griff zu befreien. Er ließ den Kasten fallen und schlug mit beiden Händen auf den Bewahrer ein. Es gelang ihm nicht, die Hand des Bewahrers zu lösen. Lauthals nach dem Jungen rufend tastete er nach seinen Werkzeugen.
Mit nur einer Hand hielt Madhrab den Foltermeister wenige Zoll über dem Boden. Dennoch hatte er Mühe, fester zuzudrücken. Er konnte ihn festhalten, aber er würde ihn nicht erwürgen können. Dazu fehlten ihm die Bewegungsfreiheit und die Kraft.
Das Flötenspiel nahm an Lautstärke zu, während Sick nach Atem rang und der Lordmaster verzweifelt versuchte den Foltermeister festzuhalten.
»Junge«, rief Madhrab, einen Versuch über die virtuos gespielte Musik hinweg wagend, »komm her, nimm deinem Vater die Schlüssel ab und schließe die Ketten auf. Dein Leiden ist vorbei.«
Sick sah den Lordmaster mit verwunderten Augen an. Was versuchte der Lordmaster damit zu erreichen? Madsick war der Sohn des Folterers. Eines Tages würde er den Posten im Verlies des hohen Vaters übernehmen. Keine schlecht bezahlte und auch nur eine bedingt anstrengende Aufgabe, wie Sick fand. Sick folterte aus Leidenschaft. Dieses Leben war die Erfüllung seiner Träume und bereitete ihm Freude. Wie sollte dies bei seinem eigenen Fleisch und Blut anders sein? Vieles hatte er ihm als sein Vater bereits gezeigt. Der Junge wusste, was den Gefangenen besonderen Schmerz bereitete und wie sie leicht zum Reden zu bringen waren.
Doch Madhrab spekulierte auf etwas anderes, was er in den Augen des Jungen zu sehen und in seiner Musik zu fühlen glaubte. Madsick ist nicht der Sohn, den sich der Vater wünscht, dachte der Lordmaster, er durchleidet mit jedem Gefangenen unbeschreibliche Qualen, sobald Sick zur Folter antritt. Die Musik ist voller Gefühl und Schmerz. Der Blick des Jungen besteht jedoch aus Furcht und Trauer.
»Madsick«, befahl Sick verwirrt durch die ungewöhnliche Bitte des Bewahrers, »hilf mir diesen durchgedrehten Irren vom Hals zu schaffen.«
Von einem zum anderen blickend überlegte Madsick, was er tun sollte. Behutsam legte er die Flöte zur Seite und wiegte den Kopf hin und her, ohne dabei die Augen
Weitere Kostenlose Bücher