Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
das Gesicht hinter den Händen.
»Weißt du, was sich unterhalb des Gitters befindet?«, fragte Quadalkar lächelnd.
»Nein, w-w-w-was d-d-d-denn?«, wollte Pruhnlok stotternd wissen. Er vermochte sich kaum gerade zu halten und schlotterte am ganzen Leib.
»Die Neugier treibt dich von jeher an. Das kann ich dir an deiner Nasenspitze ansehen«, meinte Quadalkar und rieb sich die Hände. »Du sollst erfahren, was sich in der Dunkelheit dort unten verbirgt. Knie nieder und lausche für einen Augenblick.«
Pruhnlok gehorchte, kniete sich auf den Boden und legte das Ohr auf das Gitter. Als hätte ihn eine Schlange gebissen, fuhr er plötzlich hoch und begann zu weinen. Deutlich hatte er Schreie, Kreischen und Jammern vernommen. Die Geräusche kamen ihm nur allzu bekannt vor. Sie lebten dort unten. Die Kriecher. Quadalkar hielt sie in einem Kerker unter der Halle gefangen und ließ sie zur Jagd und für den Kampf heraus. Klauenbewehrte, unbehaarte Hände in weißlich durchscheinender Haut streckten sich ihm aus dem Kerker entgegen, griffen nach dem Gitter, versuchten ihn mit lautem Geheul zu packen und an sich zu ziehen. Kalte Kriecherhände. Sie hatten ihn berührt, den Geruch des Lebendigen und des warmen Blutes aufgenommen und jetzt wollten sie ihn haben. Der Hunger trieb sie zu immer lauter werdendem Geschrei. Mehrere Kriecher zogen sich am Gitter hoch und verbissen sich mit ihren scharfen Zähnen in die Gitterstäbe. Sie waren außer sich. Der Hunger und die Gier versetzten sie in Rage, solange Pruhnlok bleich und zu Tode erschrocken auf dem Gitter stand und sie den verlockenden Geruch nach Nahrung in der Nase hatten.
Er fürchtete sich vor den Kriechern. Die Albträume der vergangenen Tage wurden wahr. Vor Angst entleerte sich die Blase gegen seinen Willen. Pruhnlok schämte sich.
»Es wird Zeit für die Fütterung«, sagte Quadalkar spöttisch. »Ich habe den Kriechern für heute einen fetten Brocken versprochen. Meine lieben Kinder sollen bekommen, wonach sie verlangen. Denke daran, schon bald wirst du einer von ihnen sein und ihr Schicksal mit ihnen teilen. Ich wünsche einen guten Appetit.«
»Bitte nicht, verschont mich, Herr«, flehte Pruhnlok mit zitternder Stimme. »Ich kann kochen. Ja, ich koche für Euch die besten Speisen, die Ihr Euch wünscht.«
Er merkte rasch, wie sinnlos sein Überzeugungsversuch war. Sein Flehen entlockte Quadalkar allenfalls ein müdes Lächeln. Der Bluttrinker verlangte nach Blut und nichts anderem. Eine Handbewegung Quadalkars – und plötzlich kippte das schwere Eisengitter unter seinen Füßen weg. Pruhnlok verlor den Halt, versuchte sich verzweifelt mit den Händen an der Kante festzuhalten. Er zappelte mit den Beinen, während die Kriecher diese bereits zu fassen suchten und ihm mit den Klauen tiefe Kratzer zufügten. Pruhnlok heulte auf und biss sich in die Zunge. Die Hände waren nass geschwitzt. Er konnte sich nicht festhalten. Seine Kräfte ließen rasch nach. Das Gewicht seines Körpers und die Kriecher zogen ihn hinab. Die Finger des Küchenjungen lösten sich. Mit einem langen Schrei auf den Lippen stürzte er in die Dunkelheit. Viele Hände fingen den nackten Körper auf und machten sich, ohne zu zögern, gierig über ihn her. Er sah ihre Augen funkeln, als sie sich auf ihn stürzten. Vielleicht waren es hundert Augenpaare oder mehr. Sie fauchten und stritten sich um die heiß begehrte Beute.
Pruhnlok hatte aufgehört zu schreien, als sich unzählige Münder um ihn herum gleichzeitig öffneten und ihre spitzen Zähne in seinen Körper bohrten. Sein Körper zuckte unter den Bissen und seine Muskeln verkrampften sich. Ein letztes Mal bäumte sich sein Leib unter einem schweren Stöhnen auf. Das durchdringende Kreischen der Kriecher wich für eine Weile einem anhaltenden Schmatzen und Saugen, das zwischendurch von einem genüsslichen Grunzen begleitet wurde.
Einige in der Halle anwesenden Bluttrinker hatten die Fütterung durch die Bodenöffnung von oben mit angesehen. Als sich Pruhnlok schließlich nicht mehr bewegte und die ersten Kriecher mit blutverschmierten Mäulern von ihm abließen, war es genug. Das Bodengitter schloss sich auf ein Zeichen ihres Königs wieder und rastete mit einem lauten Krachen ein.
»Yabara!«, rief er nach seiner Tochter. »Bring mir den anderen Jungen her. Wir wollen prüfen, ob er für ein Königskind taugt, wie du sagst.«
»Warte, Vater. Er trug eine versiegelte Schriftrolle bei sich, auf der dein Name geschrieben steht«,
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