Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
war ein großes und schweres Eisengitter in den Boden eingelassen. Es wirkte an dieser Stelle seltsam deplatziert, und Renlasol konnte sich nicht erklären, welchem Zweck es wohl diente.
Vor der Wand hinter dem Thron baumelten vier Blutsklaven, die, mit den Füßen an langen Ketten befestigt, kopfüber von der Decke hingen. Ihre Hälse waren durchtrennt worden. Unter ihnen befand sich ein Auffangbecken aus marmoriertem Stein, von welchem eine schmale Rinne zu einem kleinen Brunnen in der Mitte der Halle führte. Sie mussten bereits eine Weile dort hängen, denn ihre Körper sahen nicht mehr frisch aus. Die Wunden waren klebrig verkrustet und hatten längst aufgehört zu bluten. Der Brunnen war bis auf einen kleinen eingetrockneten Rest leer.
Renlasol ließ seinen Blick durch die Halle schweifen. Was er sah, stimmte ihn keineswegs froh, obwohl keine Kriecher zu entdecken waren. Entlang der Wände und in den schwach ausgeleuchteten Ecken hatten die Kinder des Quadalkar Aufstellung bezogen. Der Aufmarsch der Bluttrinker machte auf Renlasol den Eindruck, als ob sie zusammengerufen worden waren und auf einen wichtigen Gast oder ein Festmahl zu Ehren ihres Königs warteten. Es waren viele, zu viele, um sie mit einem Blick zu erfassen und zählen zu können.
Eine Armee von Bluttrinkern, dachte Renlasol erschrocken, Quadalkar hat sich im Geheimen ein furchterregendes Heer aufgebaut, mit dem er ohne Weiteres die Klanlande erobern könnte. Die Kriecher gar nicht erst mitgezählt.
Die Königskinder Yabara und Nochtaro betraten die Halle ihres Vaters. Sie gingen geradewegs auf den Thron zu und blieben vor dem Eisengitter stehen, wobei sie es tunlichst vermieden, auf das Gitter zu treten.
Yabaras Stimme schnitt sich, einem scharfen Messer gleich, in den Kopf des Knappen. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen, solange sie in seinem Kopf war.
Wiederum war er in der Lage, jedes Wort zu verstehen, das Yabara an Quadalkar richtete, obwohl sie ihre Lippen nicht bewegte. Wesentlich erstaunlicher für Renlasol war jedoch die Tatsache, dass er nunmehr den allerhöchsten Geist der Bluttrinker genauso gut hören konnte.
»Meine Kinder sind zurück. Wie ich sehe, war der Handel erfolgreich und ihr habt neue Sklaven mitgebracht.« Die Stimme Quadalkars klang tiefer als der tiefste Abgrund.
»Ja, Vater«, antwortete Yabara, »aber der Todeshändler hat die Vereinbarungen nicht eingehalten und uns zu wenige geliefert. Ich drohte ihm und doch zeigte er sich unbeeindruckt. Er beleidigt meine Sinne, Vater. Wir sollten ihm bei nächster Gelegenheit eine Lektion erteilen und ihn für seine Dreistigkeit bestrafen.«
»Lass Milde walten, mein Kind«, beschwichtigte Quadalkar, »auf Jafdabh ist Verlass. Er hat uns trotz großer Gefahren stets beliefert und ist leicht zu durchschauen. Seine Schwächen sind Gold und Anunzen. Das macht ihn berechenbar. Du wirst auf Ell keinen Besseren für diese Aufgabe finden.«
»Aber was ist, wenn uns das Blut bis zur nächsten Lieferung ausgeht?«, erwiderte Yabara. »Wir haben viele Mäuler zu stopfen und die Kriecher sind gierig. Das weißt du.«
»Das ist mir bewusst«, sagte Quadalkar. »Du und Nochtaro seid gute Kinder und wollt nur das Beste für unsere Familie. Wir werden das Blut einteilen und die Sklaven länger als sonst am Leben halten. Lass uns dieses Mal genau abwägen, wer zur Familie gehören soll und wer nicht.«
»Was geschieht, sollte Jafdabh keine Ware mehr liefern?«, fragte Yabara.
»Wenn es sein muss, töten wir einige Kriecher«, antwortete Quadalkar.
»Sind die Kriecher nicht auch unsere Brüder und Schwestern? Schwächen wir denn nicht unsere Schlagkraft, wenn wir sie töten? Sie kämpfen immerhin treu für dich«, warf Nochtaro ein.
»Kriecher kämpfen für ihre Gier nach Blut und für sonst nichts«, meinte Quadalkar. »Sie gehorchen, weil sie keine andere Wahl haben. Ich bin ihr Herr und Meister. Ich entscheide, ob sie leben oder sterben dürfen. Und die Königskinder entscheiden selbst über ihre Kriecher. So war es immer, seit Anbeginn unserer Familienbande. Nimmt ihre Anzahl überhand oder müssen die anderen Bluttrinker wegen der Kriecher Hunger leiden, sterben sie. Das ist ihr Schicksal. Und jetzt, lasst mich die frische Ware sehen.«
Yabara gab ein Handzeichen. Sofort setzten sich die Eisenkäfige ruckartig in Bewegung und schwebten an den Ketten dem Boden entgegen.
»Befindet sich eurer Einschätzung nach einer unter den Sklaven, der es wert wäre, ein weiteres
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