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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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verdächtigen?, schämte sie sich für ihre Gedanken.
    Niemals hätte der Lordmaster einen Mord aus dem Hinterhalt begangen, dessen war sie sich beinahe sicher. Das passte nicht zu seinem Wesen. Er hatte sich stets offen dem Kampf gestellt. Nichts anderes erwartete sie für den Fall einer Flucht Madhrabs aus dem Haus des hohen Vaters, wenn er tatsächlich entdeckt werden sollte.
    Von den Rufen Brairacs aufmerksam geworden beugte sich eine Sonnenreiterin über den Rand des Walles und begrüßte den Trupp, der mittlerweile das verschlossene Tor erreicht und haltgemacht hatte.
    »Hey ho, Sonnenreiter, wohin des Weges?«, rief sie von der Mauer herab. »Uns wurde kein Reitertrupp für die frühen Morgenstunden angekündigt.«
    »Wir grüßen Euch. Macht das Tor auf!«, befahl Brairac. »Wir haben einen weiten Weg vor uns und werden keinesfalls im Winter draußen übernachten. Wenn wir zur Abenddämmerung wieder im Haus sein wollen, dürfen wir keine Zeit verlieren.«
    »Tut mir leid, Kaptan«, antwortete die Sonnenreiterin, die in Brairac einen Vorgesetzten wiedererkannt hatte, »die Regeln sind eindeutig. Ich darf Euch das Tor nicht öffnen, ohne vorher Eure Berechtigung überprüft zu haben. Habt Geduld. Die Überprüfung wird eine Weile dauern.«
    »Verdammt«, rief Brairac unwirsch, »habt Ihr mich nicht verstanden, Sonnenreiter? Wir haben es eilig und für Eure Weile ist nicht genügend Zeit. Zum letzten Mal, öffnet das Tor!«
    »Wartet ...«, sagte die Sonnenreiterin.
    Das war ihr letztes Wort.
    Mit einem lang anhaltenden Schrei stürzte die Wache vor den Augen ihrer Kameraden von der hohen Mauer und landete bäuchlings in den Dornen, die ihren Körper durchbohrten, als bestünde dieser lediglich aus in der Sonne geschmolzener Butter. Blutig ragten die Spitzen der Eisendorne aus Rücken und Hinterkopf der Sonnenreiterin, die nach ihrem Sturz sogleich zu den Schatten gegangen war und deren Gliedmaßen lediglich noch vereinzelt zuckten.
    Die Pferde scheuten, als die Sonnenreiterin unmittelbar neben ihnen aufgespießt wurde, und tänzelten nervös auf den Hinterbeinen. Die Reiter hatten Mühe, ihre Tiere im Zaum zu halten und nicht selbst abgeworfen zu werden.
    »Bei den Flammen der Pein, was war das?«, entfuhr es Brairac entsetzt.
    »Vielleicht fürchtete sie den Zorn des Kaptan und stürzte sich lieber gleich zu Tode«, flüsterte ein den Trupp begleitender Sonnenreiter vor Elischa.
    »Oder sie hat sich zu weit über die Brüstung gelehnt und das Gleichgewicht verloren«, meinte ein anderer Kamerad.
    »Redet keinen Unsinn«, rief Brairac die Männer zur Ordnung, »sie wurde von der Mauer gestoßen. Konntet ihr den Attentäter erkennen?«
    Die Sonnenreiter tuschelten untereinander und schüttelten den Kopf. Sie hatten außer der Sonnenreiterin niemanden auf der Mauer gesehen. Elischa behielt ihre Beobachtungen für sich. Während sie die Dornenebene durchquert hatten, war es ihr nicht gelungen, sich des unguten Gefühls zu entledigen, von der verhüllten Gestalt weiter verfolgt zu werden. Sie dachte, sie hätte den schemenhaften Umriss des Mörders ein- oder zweimal zwischen den Dornen ausmachen können, verwarf diese Wahrnehmung aber als Trugbild schnell wieder, weil sich der Schatten bei genauerem Hinsehen jedes Mal in Nichts aufgelöst hatte.
    Die Ketten gerieten in Bewegung. Die schweren Riegel und Eisenstäbe wurden wie von unsichtbarer Hand zur Seite geschoben. Es dauerte nicht lange, bis das Tor aufschwang und den Weg freigab. Elischa fragte sich, was mit den anderen Sonnenreitern geschehen war, die das Tor bewachten. Immerhin wurden mehrere Wachen benötigt, um den schweren Mechanismus zu bedienen.
    »Wir reiten!«, befahl Brairac.
    Die Pferde setzten sich eines nach dem anderen in Bewegung. Unmittelbar nach Passieren des Tores verfielen die Sonnenreiter – soweit der tiefe Schnee dies zuließ – in einen schnellen Galopp, um die Mauern der Häuser rasch hinter sich zu lassen und an Abstand zu gewinnen.
    *
    Overlord Boijakmar unterhielt sich angeregt mit den Beisitzern und einigen der Anwesenden über die Folgen der eben abgeschlossenen Verhandlungen, als er plötzlich durch ein heftiges Pochen an der Tür aus den Gesprächen gerissen wurde.
    Das Urteil sollte sofort und lediglich unter den Augen der den Verhandlungen beiwohnenden Bewahrer, Gesandten und Praister vollstreckt werden. Niemand sonst musste von der Bestrafung erfahren. Das hohe Gericht der Bewahrer wollte keinen Unmut erregen und hielt es

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