Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
Vom Netzwerk:
Lordmaster Madhrab in allen Anklagepunkten bis auf den letzten für schuldig und verurteilt den Angeklagten zu einem Schicksal in der Grube. Der Vorwurf der Unzucht mit einer Orna ist nicht belegt. Das Gericht der Bewahrer verzichtet dennoch auf eine Anhörung und eine Vernehmung der beschuldigten Orna, da der behauptete Verstoß in Anbetracht der vielen nachgewiesenen Verbrechen des Lordmasters für die in dieser Verhandlung verkündete Bestrafung nicht mehr als erheblich ins Gewicht fällt«, verkündete der Overlord.
    Erneut ging ein erstauntes Raunen durch die Anwesenden. Die Entscheidung kam einem Todesurteil gleich und doch räumte sie dem für schuldig Befundenen eine zwar sehr unwahrscheinliche, aber immerhin geringe Möglichkeit ein, dem Schicksal der Grube eines Tages zu entkommen. Nie zuvor war einem Verurteilten die Flucht gelungen, aber jeder in der Kammer Anwesende wusste, dass Madhrab unvergleichliche Fähigkeiten besaß, die ihm ein Überleben im zu erwartenden Wahnsinn der Grube ermöglichten und sogar eine Flucht als nicht gänzlich ausgeschlossen erscheinen ließen.
    »Das oberste Gericht kam weiterhin zu der Entscheidung, dem Angeklagten sämtliche Titel und Rechte als Bewahrer sowie als Nno-bei-Klan abzuerkennen«, fuhr Boijakmar unbeirrt mit der Verkündung fort. »Das Urteil erstreckt sich als weitreichender Bann auf die Familie und die nächsten Angehörigen des Verurteilten, die ab sofort bar jeglicher Rechte sind und deshalb fürchten müssen, von jedem beliebigen Nno-bei-Klan getötet oder in die Sklaverei geführt zu werden, ohne dass diesem dabei irgendwelche Folgen oder Nachteile entstünden. Dies gilt für den Angeklagten gleichermaßen, sollte es ihm wider Erwarten gelingen, der Grube eines Tages zu entkommen. Der Besitz des Angeklagten und seiner Familie geht hiermit standesgemäß auf den Orden der Sonnenreiter über und wird durch die Bewahrer baldmöglichst eingezogen. Das Recht, das Blutschwert Solatar führen zu dürfen, endet mit Verkündung dieses Urteils. Solatar wird fortan Lordmaster Chromlion zugesprochen. Die Vollstreckung möge beginnen.«
    Erschöpft ließ sich Boijakmar auf den Stuhl fallen und wartete auf Wortmeldungen der Beteiligten. Kein Räuspern, kein Husten durchbrach die Stille der Betroffenheit. Niemand wagte, das Wort an das Gericht zu richten.
    »Gibt es Einwände gegen das Urteil?«, fragte Boijakmar. »Wenn ja, bringe er diese hier und jetzt vor.«
    Abschließend stellte der Overlord fest: »Das Urteil der Bewahrer ist unwiderruflich und durch nichts und niemanden anfechtbar.«
    Bevor sich Boijakmar vom Richterstuhl erheben konnte, meldete sich Chromlion zur Überraschung aller mit einer Frage zu Wort: »Warum hat das Gericht den Bauern Madhrab nicht zum Tode verurteilt?«
    »Diese Frage wird das Gericht nicht beantworten. Das Urteil ist der Schwere der Verbrechen angemessen. Ein Schicksal in der Grube solltet Ihr nicht einmal Eurem ärgsten Feind wünschen, Lordmaster Chromlion«, meinte der Overlord gelassen. »Seid zufrieden mit dem, was Ihr erreicht habt. Ehre, Stärke und Gerechtigkeit den Bewahrern. Die Verhandlung ist hiermit geschlossen.«
    *
    »Öffnet das Tor!«, rief Brairac den Wachen auf dem äußeren Wall zu.
    Die Sonnenreiter waren noch einige Fuß vom Tor entfernt. Links und rechts des Weges ragten die spitzen Enden der in den Boden eingelassenen Eisendorne gefährlich in die Höhe. Elischa wollte nicht daran denken, wie es sich wohl anfühlte, unversehens vom Pferd zu stürzen und von den Dornen aufgespießt zu werden.
    Während sie unter der Führung Kaptan Brairacs die Dornenebene gezügelten Schrittes vorsichtig durchritten, sah sich Elischa immer wieder um. Sie war sich nicht sicher, ob ihre Sinne sie getäuscht hatten, als sie den heimtückischen Mord an dem Bewahrer beobachtet hatte. Je näher sie dem äußeren Tor kamen, desto mehr verfestigten sich allerdings ihr Glaube und die Hoffnung, dass die verhüllte Gestalt des Mörders nicht Madhrab gewesen war. Immerhin hatte sie ihn nur aus dem Augenwinkel beobachtet und schemenhaft wahrgenommen. Zwar war der heimliche Verfolger nicht minder geschickt und schnell in seinem Vorgehen. Doch unterschied er sich deutlich in den Bewegungen. Der Attentäter hatte sich schleichend und lautlos wie ein körperloser Geist bewegt, während Madhrab dieses Talent aus der Welt des Verborgenen ihrem Wissen nach vermissen ließ.
    Verzeih mir, Madhrab, wie konnte ich dich dieser unwürdigen Tat nur

Weitere Kostenlose Bücher