Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
gemeint hatte. Der Tod ihrer Eltern durch die Hand des Bewahrers Master Chromlion hatte sie schon früh aus der Bahn geworfen. Danach war Tallia aufgrund der Weigerung ihrer Eltern, sie den Sonnenreitern zu überlassen, mit Schimpf und Schande aus ihrem Dorf gejagt worden und hatte sich eine Zeit lang alleine durch die für ein Mädchen gefährlichen Gegenden von Ell geschlagen.
Ein Todeshändler aus Tut-El-Baya hatte sie, nur wenige Monde nachdem sie ihre Heimat fluchtartig verlassen musste, aufgegriffen. Für den erfahrenen Jafdabh und seine Begleiter war sie eine leichte Beute gewesen. Sie hatten Tallia in einem See in der Nähe des Landes der Bluttrinker angetroffen, wohin sie sich vorübergehend geflüchtet hatte und sich von der anstrengenden Reise zu erholen versuchte. Tallia war halb verhungert gewesen. Sie hatte verzweifelt und erfolglos versucht, mit ihren ungeübten Händen einen Fisch zu fangen.
Die Todeshändler verkauften Mädchen und Frauen für reichlich Anunzen: wenn sie es gut mit ihnen meinten als Dienstmägde an die wohlhabenderen Familien auf Ell und wenn ihnen das weitere Schicksal der Mädchen gleichgültig war in die Hurenhäuser der Städte. Die Bordellbesitzer zahlten anständig und Bedarf an frischen Gesichtern war immer vorhanden. Je jünger und hübscher die Mädchen waren, desto höhere Preise konnten die Todeshändler mit ihnen erzielen. Ein solches Schicksal musste Tallia allerdings bei Jafdabh nicht befürchten. Wie der Todeshändler sogleich enttäuscht feststellte, war ihr Gesicht durch hässliche Narben entstellt worden. Tallia war jedoch mit Jafdabh an einen berüchtigten Todeshändler geraten, der seine höchst einträglichen, aber riskanten Geschäfte verbotenerweise mit den Rachuren machte, an die er Waffen und Frauen für deren unterirdische Brutstätten lieferte. Jafdabh schreckte noch nicht einmal davor zurück, seine frische fleischliche Ware als Blutspender heimlich an Quadalkar und dessen Bluttrinker zu verkaufen.
Jafdabh liebte den Nervenkitzel, der mit seinen Geschäften einherging. Er liebte vor allem die vielen prall mit Anunzen gefüllten Lederbeutel und Holzkisten mit Schmuck und allerlei Geschmeide, die er dafür am Ende meist erhielt. Gute Geschäfte witterte der Meister seines Faches über große Entfernungen. Es war ihm gleichgültig, womit er seinen Reichtum mehren konnte. Hauptsache, das eigene Vermögen wuchs und wuchs. Die Klan munkelten, Jafdabh sei der wohl reichste lebende Klan auf Ell und überträfe angesichts seines mit dubiosen Geschäften angehäuften Vermögens sogar noch die sehr gut ausgestatteten Fürstenhäuser Fallwas und Alchovi. Jafdabh selbst hatte keine Skrupel, Kriegsgerät und Waffen an den Todfeind zu verkaufen oder die Sinne berauschende Essenzen und verbotene Kräuter jeder Art an die Kinder des eigenen Volkes. Nicht einmal die regelmäßigen Lieferungen von Frauen, Männern, Mädchen und Knaben an die Bluttrinker plagten sein Gewissen. Er führte die zumeist aus vielen Wagen bestehenden Karawanen selbst an, obwohl er dies längst nicht mehr nötig hatte. Aber er kannte Ell so gut wie den Stand seines Vermögens, den er sich stets notierte und in einem kleinen mit Leder bespannten Buch mit sich führte. Jeden Schleichweg war er schon mehrmals gefahren und jede Abkürzung war ihm geläufig. Er kannte viele Klan und hatte die besten Kontakte auf dem gesamten Kontinent.
Weder die Rachuren noch Quadalkars Kinder hatten ihn jemals enttäuscht. Lieferte er die bestellte Ware in guter Qualität pünktlich bei seinen außergewöhnlichen Kunden ab, zahlten sie weit besser als alle anderen auf Ell.
Saijkalsan Kallahan hatte das Mädchen schon über einige Tage aus sicherer Entfernung beobachtet, lange bevor Jafdabh sie am See aufgegriffen, gefesselt und auf einen seiner Wagen verfrachtet hatte. Tallia war ihm aufgefallen, als er gerade dabei war, seine Nahrungsvorräte aufzufüllen. Er tat dies in regelmäßigen Abständen alle drei bis vier Monde und vor den langen Wintern ausgiebig, damit er während der Wintermonde in den Bergen nicht hungern oder verdursten musste. Eine solche Reise konnte ihn durchaus für die Dauer eines Mondes aus der Einsamkeit seiner Behausung herauslocken.
Er hatte Tallia als ungewöhnlich eingeschätzt, was sich im Nachhinein bestätigte. Kein Klanmädchen wagte sich alleine so nahe an die Grenze zum Land der Bluttrinker. Entweder war sie naiv oder nur eine arme, verirrte Seele, die nach ihrem Ende und der
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