Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
er, sein Wesen in den hintersten Winkeln seines Geistes zu verstecken. Er fürchtete, Saijrae könne auf diese Weise seine Gedanken lesen. Der Saijkalsan drohte in der Schwärze der Augen zu versinken. Ihm wurde plötzlich schwindelig und er glaubte schon, sein Bewusstsein schwände. Seine Knie fühlten sich weich an und begannen zu zittern.
»Was versuchst du vor mir zu verbergen, Malidor?«, bohrte Saijrae nach. Seine hohe Knabenstimme klang unerbittlich und schnitt scharf und hell durch die Hallen.
»Willst du mich täuschen, wie du einst deine blinden Bewunderer betrogen hast?«, versuchte er Malidor einzuschüchtern.
»Nein, mein Hirte«, antwortete Malidor und schüttelte seine Benommenheit ab. »Aber als ich den Namen von Sapius hörte, habe ich mich an meinen Meister und sein unrühmliches Ende erinnert. Wir überprüften ihn auf seine Loyalität. Er wandte sich im Fieberwahn von den Saijkalrae ab und gehört jetzt zu den Gescheiterten in der ewigen Finsternis der Hallen.«
»Sapius soll bei den Gescheiterten verweilen? Warum spüre ich seine Gegenwart dann nicht? Niemand kann sich vor meinen Sinnen verbergen, wenn er sich in den Hallen aufhält. Ich muss tatsächlich von unfähigen Schwachsinnigen umgeben sein. Du hast nichts verstanden, Malidor. Ich nehme an, du hast ihn in deinem Ehrgeiz dorthin gebracht. Das sehe ich dir und deinem hinterhältigen Lächeln an. Ist dir bewusst, welche Kraft und welch schier unerschöpfliches Talent in Sapius, dem Sohn des Drachen, schlummert? Wir haben ihn zu den Saijkalsan geholt, um ihn steuern und überwachen zu können. Es war nicht einfach, ihn zu uns zu bringen. Er fand den Zugang nicht, weil er uns gegenüber stets skeptisch war. Deshalb brauchten wir eine List und Quadalkars blutgierige Mithilfe, die Sapius beinahe das Leben gekostet und ihn der Verdammnis überantwortet hätte. Doch seine Macht musste begrenzt werden. Das war nur möglich, indem wir ihn zu einem Saijkalsan und unserem getreuen Diener machten. Er diente uns nur, weil er glaubte, er habe uns gegenüber eine Lebensschuld durch seine Rettung vor Quadalkar zu erfüllen. Du solltest lediglich auf ihn achten, ihn vor Unbill und fremden Einflüssen bewahren, von ihm lernen, aber nicht seine Loyalität anzweifeln. Nur deshalb brachte mein Bruder dich und Sapius damals an den Klippen zusammen und offenbarte ihm dein kleines Geheimnis. Glaubst du wirklich, du wärst stärker als er? Naiver, kleiner, überheblicher Saijkalsan! Denkst du tatsächlich, er sei geschlagen und vegetiere immer noch bei den Gescheiterten dahin? Du hast deine Kompetenzen in maßloser Selbstüberschätzung überschritten«, ärgerte sich der dunkle Hirte lautstark.
»Aber Sapius erwies sich als Verräter. Ich musste ihn beseitigen«, erwiderte Malidor kleinlaut.
»Er spricht wahr, mein Hirte«, warf Haisan plötzlich ein. »Sapius ging in die falsche Richtung, als er die Hallen zuletzt aufsuchte. Er gefährdete Euer Erwachen.«
»Gerade von dir hätte ich weit mehr Verstand erwartet, Haisan. ›Er ging in die falsche Richtung‹«, äffte er seinen Diener nach. »Tun wir das nicht alle irgendwann? Was hätte es für einen Unterschied gemacht, wenn ich noch einige Sonnenwenden länger neben dem weißen Schäfer in den Hallen friedlich geschlafen hätte? Du und Hofna wusstet von Sapius’ Fähigkeiten und davon, welche Hoffnungen wir all die Zeit in ihn gesetzt hatten. Sapius war von jeher ein eifriger Verfechter der Wahrung des Gleichgewichtes. Mein alleiniges Erwachen konnte er nicht gutheißen, aber das bedeutet nicht, dass er zu einem Verräter werden musste. Er hätte die Saijkalrae zusammen mit euch eines Tages zu neuer Blüte führen können. Deshalb hättet ihr es niemals so weit kommen lassen dürfen. Mitnichten ist er noch in der ewigen Finsternis der unteren Hallen gefangen. Wie könnt ihr das nur glauben, naives Pack? Sapius ist entkommen und frei. Ich sah ihn in einem Traum.«
»Wie ist das möglich? Ich sah, wie er stürzte und sich jeden Knochen im Leib brach«, fragte Malidor, der sich auf einmal nicht mehr wohl in seiner Haut fühlte.
»Ihm wurde geholfen. Du musst noch viel lernen, Malidor. Ein Saijkalsan kann die Schatten überwinden. Frag Rajuru, selbst ihrem ehemaligen Schüler Nalkaar gelang das seltene Kunststück, auch wenn ihm dabei ein Missgeschick wiederfuhr und er seither Gesangstunden an seinesgleichen gibt«, antwortete der dunkle Hirte spöttisch.
Saijrae drehte Malidor den Rücken zu und schwang
Weitere Kostenlose Bücher