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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Erlösung von ihrem Leid suchte. Nichts von beidem traf zu. Doch Tallia hatte eine besondere Ausstrahlung, die Kallahans Interesse geweckt hatte. Er hatte ein seltsames Kribbeln auf der Haut gespürt, als er sie zum ersten Mal am Ufer des Sees erblickt hatte. Es war, als habe er sich in einen großen Ameisenhaufen gesetzt und wäre von Tausenden wild gewordenen Ameisen am ganzen Körper gebissen worden. So schnell das Kribbeln gekommen war, so schnell verschwand es wieder. Das Mädchen hatte ohne jeden Zweifel eine besondere magische Begabung. Daher beschloss er, seine Einsamkeit eine Zeit lang aufzugeben und Tallia aus den Händen des Todeshändlers zu befreien. Das Vorhaben war leichter, als er anfangs angenommen hatte.
    Jafdabh ließ sich auf einen Tauschhandel ein. Für den Todeshändler war das Mädchen aufgrund ihres entstellten Aussehens nicht allzu viel wert. Mit einigen Fellen, einer Hirschkeule, seltenen Kräutern und einer Handvoll Anunzen war das Geschäft perfekt. Kallahan durfte Tallia mit sich nehmen und der Todeshändler zog in seinen mit Blutsklaven überfüllten Wagen weiter in Richtung Norden zu Quadalkars Kindern.
    Tallia hingegen begleitete den Saijkalsan in die Abgeschiedenheit der Berge und lernte von ihm. Sie war glücklich in den Tagen, die sie bei Kallahan verbringen durfte, denn endlich hatte sie ein neues Zuhause gefunden. Der wortkarge Einsiedler hingegen musste sich erst an die Anwesenheit des Mädchens gewöhnen. Doch je länger sie bei ihm war, desto mehr schätzte er ihre Gesellschaft. Sie schenkte ihm eine Locke ihres Haares, die er in einem Beutel auf seiner Brust aufbewahrte. Auf unerklärliche Weise schien sie ihm Glück zu bringen. So verletzte er sich zu seiner Verwunderung nicht, als er eines Tages auf einem nassen Felsen ausrutschte und einige Fuß tief abstürzte. Keinen Kratzer bekam er ab. Er fand im Nu die seltensten Kräuter, seine Ziegen gaben Milch wie niemals zuvor und die wilden Berghasen mit ihren dicken weißen Fellen gingen geradezu freiwillig in die aufgestellten Fallen.
    Die Auseinandersetzung zwischen dem dunklen Hirten und Kallahan war nicht mehr auf friedliche Weise zu lösen. Deutlich spürbar für alle in den Hallen Anwesenden hatte sich die Situation zugespitzt. Saijrae und Kallahan belauerten sich gegenseitig, jederzeit bereit, den ersten Schlag gegen den jeweils anderen auszuführen. Die übrigen Saijkalsan hatten die Hallen schnell verlassen, ohne sich noch einmal umzudrehen und zurückzublicken. Lediglich Haisan und Hofna waren in der Nähe des dunklen Hirten geblieben. Falls Kallahan tatsächlich angreifen sollte, wollten sie dem dunklen Hirten beistehen. Doch dieser hatte sie mit einem Fingerzeig zur Ruhe ermahnt und auf Abstand gehalten. Den widerspenstigen Saijkalsan wollte er selbst zur Vernunft bringen. Er brauchte die Unterstützung seiner Leibwächter dabei nicht.
    Tallia wusste, Kallahan würde sie keinesfalls in den Hallen zurücklassen. Jedenfalls nicht gegen ihren Willen. Ihr Meister war an Sturheit kaum zu übertreffen. Doch genauso wenig würde sie der dunkle Hirte ziehen lassen. Einen solchen Gesichtsverlust gegenüber einem ihm dienenden Saijkalsan konnte er niemals hinnehmen. Außer den Drohungen hatte es Saijrae bislang nicht gewagt, offen gegen Kallahan vorzugehen.
    Was hält ihn zurück?, dachte Tallia. Kallahan flößt ihm Respekt ein, das war bereits vorhin so. Aber was fürchtet er? Der Konflikt musste eskalieren. Sie bangte um das Leben ihres Meisters und sah nur einen einzigen Ausweg.
    »Ich bleibe hier«, sagte sie plötzlich laut.
    »Hier … hier … hier … hier …«, klang das Echo ihrer Stimme nach. Die Worte hatten sich einfach von ihren Lippen gelöst. Tallia hörte sich selbst von weit entfernt rufen. Es klang, als ob eine Fremde zu ihr gesprochen hätte. Waren das wirklich meine Worte? Habe ich mich freiwillig zu diesem Schritt entschieden und in mein Schicksal ergeben? Ihre Gedanken verwirrten sie.
    Kallahan sah Tallia entgeistert an. Er traute seinen Ohren kaum. Das Mädchen wollte tatsächlich aus freien Stücken bei Saijrae bleiben!
    »Wenn du dich ihm hingibst, bist du für immer verloren. Er wird deine Seele verderben«, sagte Kallahan, der seine Enttäuschung über Tallias Entscheidung nicht verbergen konnte.
    »Das bin ich sowieso. Ich war schon verdorben, als Ihr mich befreit habt und ich zu Euch kam, Meister. Geht und lasst mich hier in den Hallen bei ihm. Ich will es«, antwortete Tallia den Tränen nahe,

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