Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
wohl nichts werden. Höchstens nach einem zweiten Krug dieses Weines. Aber wer weiß, ob ich dann überhaupt noch klar denken kann, dachte Sapius.
Trotz aller Bedenken bestellte Sapius einen weiteren Krug, nachdem er den ersten für seine Verhältnisse zu schnell geleert hatte, um seinen Durst zu stillen. Die erwartete Wirkung blieb nicht aus, und noch bevor er auch den zweiten Krug Wein geleert hatte, lag Sapius’ Kopf schwer und matt auf dem Tisch. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sich jemand zu ihm gesetzt hatte. Weintrunken hob Sapius den Kopf. Er versuchte seine schweren Augenlider offen zu halten, um sein Gegenüber besser sehen zu können. Nur verschwommen nahm er die Umrisse einer in einen Kapuzenmantel gehüllten Gestalt war, deren Gesicht und Hände er auch bei größter Anstrengung nicht zu erkennen vermochte. Niemand außer Sapius schien den Besucher bemerkt zu haben. Die Gestalt beobachtete ihn aufmerksam.
»Sapius … Sapius, wir sind gekommen, um mit Euch zu sprechen. Wir dachten, wir hätten Euch im Land der Tränen Klarheit verschafft. Nun mussten wir jedoch zu unserem Bedauern feststellen, dass Ihr Euch erneut im Irrtum befindet«, sagte die Stimme, die Sapius vertraut vorkam.
»Ah … Ihr seid es, Wanderer«, lallte Sapius erfreut, der sich nur mit Mühe und Not wach halten konnte – oder schlief er bereits und träumte?
»Wir sind es in der Tat. Aber unser Besuch gibt uns leider nur wenig Anlass zu Freude. Was habt Ihr getan, Sapius, und was sucht Ihr hier in dieser verfluchten Schenke, in der sich meist nur böses Gesindel ein Stelldichein gibt?«, fragte der Wanderer.
»Ich kann Euch wieder einmal nicht folgen. Meine Träume sind ein einziges Wirrwarr. Ihr seid ein Rätsel für mich. Was wollt Ihr mir sagen?«, antwortete Sapius.
»Ihr glaubt, Quadalkar würde Euch aus freien Stücken im Kampf gegen die Saijkalrae helfen? Wie seid Ihr nur darauf gekommen? Quadalkar war von jeher der treueste Diener des dunklen Hirten. Trotz seines Verrates. Er ist es bis heute, denn er hat sich ihm einst voll und ganz verschrieben. Die Leere in seinem Herzen, die auf die Abkehr von seinem Herrn folgte, lässt ihn verzweifeln. Ihm fehlt die Liebe des dunklen Bruders, nach der er sich so sehr verzehrt. Sollte die Gruppe der von Euch entsandten Gefährten ihn und seine Kinder tatsächlich finden, dann sind sie für immer verloren. Ihr habt sie ins Verderben geschickt und damit schwere Schuld auf Euch geladen, Sapius. Quadalkar wird sie nicht wieder gehen lassen und seinen unbändigen Hunger nach Blut an ihnen stillen. Sollten sie Glück haben, wird er sie töten und ihnen das Schicksal eines Bluttrinkers ersparen. Wenn nicht, werden sie fortan seiner Familie angehören und ein seelenloses Leben in der Dunkelheit verbringen«, führte der Wanderer aus.
Plötzlich fühlte sich Sapius hellwach und nüchtern. Die tadelnden Worte des Wanderers trafen ihn hart und mitten ins Herz. Er verstand nicht, worüber er sich geirrt haben sollte. Es hatte keine Garantien für die erfolgreiche Umsetzung seiner Idee gegeben und dennoch war er davon überzeugt gewesen, dass dies der einzig richtige Weg war, die Saijkalrae zu bekämpfen und erneut in ihre Schranken zu weisen. Quadalkar hatte sich einst gegen seine Herren gewandt, gesiegt und war dafür mit dem Fluch des Bluttrinkers und ewigem Leben – sofern sich dieses Dasein überhaupt als ein solches bezeichnen ließ – bestraft worden. Der Bluttrinker wusste, wie er sich gegen die Saijkalrae behaupten konnte. Sein Ratschlag und seine Unterstützung wären von unschätzbarem Wert für Sapius gewesen.
»Aber was ist mit dem Verrat gegen die beiden Brüder? Quadalkar hat sich von ihnen abgewandt und die Saijkalrae verflucht. Woher wisst Ihr, dass er dem dunklen Hirten treu geblieben ist?«, warf Sapius ein.
»Quadalkar ist ein seelenloses Geschöpf der Finsternis. Der dunkle Hirte nahm ihm seine Seele, gleich nachdem er sich unterworfen hatte. Einst, da wandte er sich auch deshalb gegen die Saijkalrae … das … nun ja … ist wohl wahr. Er wurde zum Verräter, nachdem er selbst verraten worden war. Aber dieser Vorfall liegt lange zurück in den Schatten der Vergangenheit Krysons. Er war rastlos, zornig und verwirrt damals. Erst die große Inquisition machte ihn zu dem grausamen Wesen, für das er in den folgenden Zeiten gehalten wurde. Er war es nicht von Anfang an. Ein vom Wahnsinn getriebenes Geschöpf, ein verräterisches Monster, dessen Name auf dem ganzen Kontinent
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