Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Sitzungen«, sagte er und versuchte dabei richtig empört zu klingen.
Er wusste, dass seine Äußerung gegenüber Metaha respektlos war, weil er sie damit bloßgestellt hatte, und dennoch hatte sie soeben gegen eine wichtige Regel des inneren Rates verstoßen.
»Schon gut … schon gut, es tut mir leid. Rede ruhig weiter, junger Heißsporn. Aber glaube nicht, dass ich dich nicht auch so durchschaue. Mit dir stimmt etwas nicht. Irgendetwas ist da draußen in den Wäldern mit dir geschehen. Eine unbequeme Last, ein Schatten der Dunkelheit lauert in dir«, entschuldigte sie sich missmutig bei Baijosto und setzte sich wieder hin, um weiter zuzuhören.
»Darüber möchte ich später gerne mit dir reden, Metaha«, fuhr Baijosto fort. »Die Rachuren führten eine Frau mit sich, die sie von den anderen Sklavinnen getrennt hielten und auch anders behandelten als die übrigen Frauen. Sie zog meine Aufmerksamkeit sofort auf sich. Ich konnte fühlen, dass von ihr etwas Wichtiges ausging, was ich nicht einzuordnen vermochte.«
»War sie vielleicht besonders jung, sinnlich, anmutig und üppig? Hatte sie schöne Brüste?«, fragte Metaha nicht ohne Hintergedanken.
»Möglicherweise war sie schön. Wer weiß? Das konnte ich leider nicht genau erkennen. Sie war schwer misshandelt worden. Aber das war es nicht, was meine Aufmerksamkeit auf sich zog«, sagte Baijosto, der den Einwurf Metahas als Provokation verstanden hatte.
»Ihr jungen Männer seid doch alle gleich. Kaum seht ihr einen schönen Busen, vergesst ihr alles und nur noch sie ist wichtig. Meiner bescheidenen Meinung nach ist das keine Angelegenheit für den Rat. Seit wann kümmern wir uns um die kleinen Schwärmereien und schwülstigen Tagträume unserer Jäger?« Metaha ließ nicht locker und machte Baijosto mit ihrer Art langsam wütend.
»So begreift doch … darum geht es mir nicht. Sie scheint den Rachuren wichtig zu sein. Sie könnte auch für uns wichtig sein. Wir sollten sie befreien«, sagte Baijosto mit zitternder Stimme.
Ein erstauntes Raunen ging von den anderen Ratsmitgliedern aus, die Blicke miteinander austauschten. Ein älterer, ziemlich hager wirkender Naiki mit hervorstehenden Wangenknochen und eingefallenen Gesichtszügen, dünnem, bereits ergrautem Haar und im Gegensatz dazu dicht und buschig gewachsenen Augenbrauen erhob sich von seinem Stuhl. Sein Name war Ralijo der Giftmischer.
»Befreien?«, fragte Ralijo. »Habe ich dein Ansinnen eben richtig gehört? Du willst tatsächlich eine Klanfrau aus den Händen der Rachuren befreien? Wir mischen uns nicht in die Angelegenheiten der anderen Völker ein. Schon lange nicht mehr. Das weißt du. Die Klan fürchteten uns, weil wir einst mächtig und geübt im Umgang mit der Magie waren. Sie machten uns alles streitig: Land, Nahrung, Rohstoffe und am Ende unsere Traditionen und selbst unser Leben. Sie bekämpften und verdrängten uns unter der Führung ihres verfluchten Helden Ruitan Garlak vor vielen Sonnenwenden aus den fruchtbarsten Gebieten des Kontinents. Die Eisenhand ließ keine Gnade walten. Denn sie töten, was sie fürchten, und mitunter sogar das, was sie lieben. Wir sind wie Geister der Natur. Unbekannt und geheimnisvoll für die Klan agieren wir aus dem Verborgenen. Wir beobachten, und wir überleben nur, weil wir uns vor ihren neugierigen Augen versteckt halten. Kommt nicht infrage.«
Ralijo setzte sich wieder hin und erntete teils zustimmendes Nicken der anderen Ratsmitglieder. Sie alle kannten die Geschichte von Ruitan Garlak, die eng verbunden war mit ihrer immer noch schmerzlichen Niederlage, die den Untergang ihres Volkes bedeutet hatte. Ein geschickter Zug des Giftmischers, wenn es darum ging, das Ansinnen Baijostos durch die Mehrheit der Ratsmitglieder ablehnen zu lassen.
Nun war Taderijmon an der Reihe. Er war sich darüber im Klaren, dass er seinen Bruder unterstützen musste, um dessen Vorschlag es nicht gut stand. Es würde nicht einfach werden, denn der Rat hatte mit Ralijos Äußerung bereits klar Stellung bezogen.
»Ich unterstütze den Antrag von Baijosto Kemyon, ehrenwerte Ratsmitglieder«, kam Taderijmon seinem Bruder zu Hilfe. »Wir können uns nicht für alle Ewigkeit in den Faraghad-Wäldern verstecken. Ruitan Garlak ist Geschichte. Er ist lange tot und seine Eisenhand verrostet. Wovor fürchten wir uns noch? Unser Volk stirbt, und das schon seit langer Zeit. Sehen wir schlechten Gewissens weiter untätig zu, wie Ell untergeht. Wir oder das, was von uns übrig ist,
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