Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
in der Siedlung anwesend waren. Die meisten waren in den Wäldern unterwegs, um die Vorräte für den kommenden Winter aufzufrischen. Neben den beiden Brüdern und Ikarijo standen lediglich zwei weitere Jäger schnell zur Verfügung und Baijosto war außerdem noch verletzt. Belrod mitzunehmen wäre eine Alternative gewesen, aber seine Verletzungen mussten erst verheilen. Einen Kampf gegen die Rachuren wollten sie ihm nach der Schlacht gegen den Krolak und die Baumwölfe nicht zumuten. Sie hatten keine große Wahl und entschieden sich für eine rasche, verdeckte Vorgehensweise unter der Führung des verletzten Baijosto.
»Wir werden ein stark wirkendes Gift für unsere Pfeile brauchen, wenn wir die Rachuren ungesehen und schnell ausschalten wollen. Stärker als das Gift, das wir sonst zur Jagd verwenden. Wie sieht es mit unseren Vorräten aus?«, wollte Taderijmon wissen.
»Ihr werdet das Gift bekommen. Bei Sonnenaufgang werden die Alten das Gift für euch bereitgestellt haben«, sagte Metaha, »der Einschluss ist bereits veranlasst.«
Sie ist doch immer für eine Überraschung gut, dachte Baijosto erstaunt. Die weise Naiki lächelte ihm aus ihren toten Augen und einem zahnlosen Mund zu. Metaha hatte die Produktion des starken Pfeilgiftes in weiser Voraussicht bereits beauftragt. Anscheinend hatte sie den Ausgang der Beratungen, noch bevor diese überhaupt begonnen hatten, erwartet. Das Pfeilgift aus Pilzen und Baumrinde wurde zusammen mit einigen weiteren wohlgehüteten Zutaten so lange gekocht und gerührt, bis es am Ende zu einer zähen, braunen und klebrigen Masse verkocht war. Für die Produktion des Giftes waren die alten Naiki der Siedlung zuständig. Sie wurden zu diesem Zweck für die Dauer der Herstellung in ein am äußeren Rand der Siedlung gelegenes Gebäude eingeschlossen und erst wieder herausgelassen, wenn das Gift für die Verwendung durch die Jäger vollendet war. Diesen fast rituellen Vorgang bezeichneten die Naiki als Einschluss. Der Aufschluss hingegen erfolgte erst, nachdem die Wirkung des Giftes tatsächlich erwiesen war. Die Herstellung war mit Gefahren für Leib und Leben der Naiki verbunden. Durch das Einatmen der giftigen Dämpfe, noch während der zähe Brei erhitzt wurde, gelangte das Gift in die Lungen und Blutbahnen der Naiki. Einer nach dem anderen der mit der Produktion betrauten Naiki fiel bei entsprechend guter Qualität des Giftes in Ohnmacht und zeigte starke Vergiftungs- und Lähmungserscheinungen. Stets waren sie dabei dem Tode nah. Schon mancher Naiki war nach der Produktion nicht mehr erwacht und von den Schatten geholt worden. Die Strafen für eine fehlgeschlagene Herstellung fielen äußerst schmerzhaft aus, sofern sich nach dem Aufschluss herausstellen sollte, dass die das Gift produzierenden Naiki noch bei Bewusstsein oder gar unversehrt geblieben waren.
Die Beratung des inneren Rates war beendet. Die meisten Mitglieder verließen den Raum. Lediglich Baijosto, Taderijmon und Metaha blieben zurück.
»Nun zu dir, Baijosto«, krächzte Metaha. »Lass mich nach deiner Wunde fühlen. Taderijmon berichtete mir, du und Belrod seid von einem Krolak angegriffen worden.«
»Ja, das stimmt«, sagte Baijosto und nickte betroffen.
»Das ist eine schlimme Sache. Sollte der Fluch des Krolak auf dich übergegangen sein, müssen wir schnell handeln. Belrod habe ich bereits untersucht. Ihm wird der Fluch nichts anhaben können. Das reinste Blut der Naiki, das in seinen Adern fließt, scheint ihn zu schützen. Außerdem besitzt er nicht genug Verstand, um den Fluch auf sich wirken zu lassen. Er wird ihn nicht erreichen und daher wird Belrod von den Wirkungen verschont bleiben.«
Metaha ertastete die tiefe Wunde mit den Händen und roch ausgiebig daran. Dabei weckte sie versehentlich den schlafenden Moluschoaffen Pikko, der es sich unter Baijostos Kleidung bequem gemacht und während der gesamten Sitzung des inneren Rates geschlafen hatte. Das Äffchen sah der Behandlung neugierig zu und hüpfte zwischendurch zu Taderijmon, kletterte auf Metahas Schulter, kreischte in ihr rechtes Ohr, auf dem sie taub war, und sprang wieder zurück zu Baijosto. Metaha schüttelte missmutig den Kopf.
»Das riecht nicht gut, Baijosto«, sagte sie schließlich zögernd. »Du wirst dich früher oder später in einen Krolak verwandeln. Wenn dies geschieht, wirst du unmöglich in der Siedlung bleiben können. Du wärst eine große Gefahr für uns alle, es sei denn, wir sperren dich ein, du lernst damit
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