Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Nacht einen Traum, einen beängstigenden, verstörenden Traum, und doch erschien er mir am Ende gut zu sein, je länger ich im Laufe des Tages darüber nachdachte. Die Lesvaraq kehrten in meinem Traum wieder. Doch wenn die Lesvaraq tatsächlich wiedergeboren werden sollten, um Ulljans Erbe anzutreten und das Gleichgewicht zu wahren oder wiederherzustellen, dann werden wir uns zeigen und für ihre Sache einstehen müssen. Genauso wie wir es in unserer Blüte getan haben. Es könnte einen magischen Krieg bedeuten. Auch wenn ihr mich alle für verrückt halten solltet, ich stimme dafür, die Sklavinnen aus den Händen der Chimären zu befreien.«
Falarijon ließ sich ächzend auf seinen Stuhl zurückfallen. Nun waren die Befürworter der Befreiungsaktion – einschließlich Baijosto selbst – bereits zu viert. Sie brauchten nur noch eine einzige Stimme, um einen Mehrheitsbeschluss für die Befreiung der Sklavinnen herbeizuführen.
»Viel wurde geredet«, Metaha hatte sich erneut erhoben und zu sprechen begonnen, »über unser Blut und das Sterben der Naiki. Ich will nicht verhehlen, dass ich die Beobachtungen Gafilhas und Falarijons ebenfalls gemacht habe. Ich teile sogar die Rückschlüsse, die unsere beiden ehrenwerten Ratsmitglieder daraus gezogen haben … uneingeschränkt.«
Das war allerdings eine Überraschung, mit der Baijosto nicht gerechnet hatte. Ausgerechnet Metaha würde seinem Antrag am Ende womöglich noch zustimmen.
»Allerdings wäre ich lieber tot, bevor ich es zulassen wollte, das heilige Blut der Naiki mit dem Blut anderer Völker zu verwässern. Ich gebe weiterhin zu bedenken, dass, wenn die Klanfrau unsere Siedlung einmal betreten hat, sie diese nie wieder wird verlassen können. Was werdet ihr tun, wenn sie sich nicht fügt? Werden wir sie töten, wie wir einst die junge Klanfrau getötet haben, die sich unschuldig in einen unserer Jäger verliebte? Ein Kind unseres Blutes in ihrem Bauch tragend floh sie aus der Siedlung und setzte später die gemeinsame Tochter am Waldrand aus. Sie fürchtete sich. Sie hatte Angst um ihr Kind und hat es dennoch einer ungewissen Zukunft überlassen. Wer weiß, was aus ihm wurde? Die Klan hätten das kleine Mädchen womöglich getötet. Wir aber töteten die Frau, indem wir sie zurückbrachten und von den Baumwipfeln unserer Siedlung in die Tiefe stießen. Die älteren unter den ehrenwerten Ratsmitgliedern werden sich noch gut daran erinnern und an die Schuldgefühle, das schlechte Gewissen und die drückende Stimmung, die uns für lange Zeit danach befiel. Es war nicht recht. Eine Schande, die unsere Seelen auf Dauer befleckt. Wenn dies das Schicksal der Klanfrau sein sollte, dann lasst sie lieber, wo sie jetzt ist, dann darf sie wenigstens leben und auf ein besseres Schicksal hoffen. Was wird mit den anderen Sklavinnen, die mit ihr gehen? Ihr könnt sie unmöglich in die Siedlung bringen. Werden wir ihnen das Gedächtnis löschen und sie mit dem Gemüt kleiner Kinder schutz- und hilflos den Gewalten und den Baumwölfen des Faraghad überlassen?«, gab Metaha zu bedenken.
Die Alte legte eine Pause ein. Es schien, als würde sie die anderen Ratsmitglieder mit ihren von der Blindheit getrübten Augen mustern. Die Ratsmitglieder schwiegen und blickten ungeduldig auf Metahas Lippen. Wie würde sich die weise Naiki entscheiden?
»Was ist, Metaha? Stimmst du Baijosto nun zu oder nicht?«, warf Taderijmon ein, ohne auf ihre Einwendungen näher einzugehen.
»Ich stimme unter den genannten Vorbehalten zu«, antwortete Metaha. »Ich denke, wir sollten uns die Klanfrau ansehen. Aber ich werde mich gegen den Ratsbeschluss stellen, wenn sie getötet werden müsste, weil sie die Naiki gesehen hat, aber nicht bei uns bleiben will. Ich bin dagegen, dass wir die anderen Sklavinnen ebenfalls hierher in die Siedlung bringen. Das brächte nur Verderben und Streit mit sich.«
»In Ordnung, wir werden eine andere Lösung suchen, wenn es tatsächlich so weit kommen sollte. Ich schlage vor, dass wir das Gedächtnis der anderen Frauen nach der Befreiung löschen und einer unserer Jäger sie sicher aus dem Faraghad-Wald bis in die Nähe einer Klansiedlung bringt. Wer für den Antrag ist, der hebe nun die Hand«, sagte Baijosto Kemyon.
Er zählte am Ende sechs Hände, die für die Befreiung der Sklavin waren, und nur drei Gegenstimmen. Der innere Rat hatte sich entschieden.
Eine weitere Schwierigkeit in der Planung der Befreiungsaktion bestand darin, dass nicht genügend Jäger
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