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Kryson 03 - Zeit der Dämmerung

Titel: Kryson 03 - Zeit der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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bemerkte an dem sich lockernden Griff ihres Peinigers, dass er über ihre Antwort verblüfft war.
    »Du hast was?«, die von Entsetzen getragene Stimme hörte sich an, als sei sie nicht von dieser Welt.
    Elischa bemerkte, dass die Schattengestalt zwar ihre Gefühle erahnen – oder wie er sich ausgedrückt hatte, riechen konnte – und womöglich sogar in ihren Gedanken las, anscheinend aber nicht in der Lage war, diese zu hinterfragen oder die richtigen Schlüsse zu ziehen. Diesen Vorteil wollte sie nutzen, um das Kind vor dem Verfolger zu schützen.
    »Ich habe das Kind verloren«, wiederholte Elischa mit festerer Stimme.
    »Du sprichst die Wahrheit. Das fühle ich. Aber irgendetwas stimmt nicht. Wie konnte das geschehen? Die Prophezeiungen müssen sich erfüllen. Es kann, nein, es darf nicht verloren sein. Das Kind war so wichtig für den Orden. Ich muss es haben. Viele mussten auf dem Weg ihr Leben lassen. Wie sonst soll ich …« Die Gestalt klang plötzlich zutiefst verzweifelt.
    »Bitte, lass mich los«, flehte Elischa.
    »Das kann ich nicht. Du wirst mit mir kommen und dich dafür verantworten. Ich habe dir die Flucht ermöglicht. Aber du wirst dort nicht mehr gerne gesehen werden. Sie halten dich und den Lordmaster für Mörder.«
    »Ich habe niemanden getötet. Sie werden verstehen, sobald ich mich erkläre. Die Flucht, die Umstände, die Zeit der Dämmerung … ich durfte es nicht behalten. Es musste so kommen.«
    »Rede keinen Unsinn. Das werden sie nicht«, lachte die Gestalt, die offenbar in der Lage war, ihre Stimmung abrupt von betrübt in freudig erregt zu wechseln, »weil sie nicht anders verstehen wollen. Sie haben ihre Mörder, und das genügt ihnen.«
    »Ich frage dich noch einmal, wer bist du? Erzähle es mir, und ich werde mit dir gehen, ohne mich zu wehren!« Elischa gewann ihren Mut allmählich zurück.
    Offensichtlich wollte er sie im Moment nur bedrohen und einschüchtern, um zu erfahren, wo er Tomal finden konnte. Und er schien sie für irgendetwas zu brauchen. Sie musste Zeit gewinnen und eine bessere Gelegenheit zur Flucht abwarten. Er nahm die Klinge von ihrem Hals, hielt ihren Kopf aber weiter nach hinten gebeugt und drückte ihr ein Leinentuch auf die offene Wunde, die nicht tief war, aber dennoch wie ein Feuer auf ihrer Haut brannte.
    »Gut, du willst also wissen, wer dir zur Flucht verholfen hat und dich bis hierher verfolgt hat. Der Winter und die Ereignisse um die Zeit der Dämmerung haben mich leider aufgehalten, sonst wäre ich bereits früher gekommen und hätte vollbracht, was mir aufgetragen wurde. Doch schließlich habe ich dich gefunden. Mein Herr wird zufrieden sein. Und doch wird er zornig werden, wenn er erfährt, dass das Kind verloren ist. Aber mir bleibt wenig Zeit, meine Aufgabe zu erfüllen. Mein Herr ruft mich bereits zu sich. Er bedarf meiner und ich muss ihm zur Seite stehen.«
    »Ich verstehe kein Wort von dem, was du da redest«, sagte Elischa, die versuchte sich umzudrehen, um ihren Gegner sehen zu können, was dieser aber geschickt zu verhindern wusste.
    »Geduld ist eine Tugend, die du nicht dein Eigen nennst, Elischa. Aber ich sehe dir deine Ungeduld nach. Ich bin der Schatten eines Mannes, trage jedoch keinen Namen. Das dunkle Mal, die schwarze Seele und das zweite Ich verkörpert meine Wenigkeit, wenn du so willst. Mein Herr gab mir einen Körper und ließ all die Dunkelheit und Boshaftigkeit seines Geistes in mich fließen, sodass er frei von der Last wurde, die ihn über Sonnenwenden zeit seines Lebens gedrückt hatte.«
    »Wer ist dein Herr?«, hakte Elischa nach, die noch nicht verstanden hatte, mit welcher Erscheinung sie es zu tun hatte.
    »Weißt du es denn wirklich nicht?«, fragte die Gestalt überrascht. »Sein Name ist … Boijakmar. Er ist der hohe Vater und Overlord der Bewahrer. Doch er ist weit mehr als das. Seit ihn Quadalkar berührt und mit dem dunklen Mal versehen hat, beschäftigte er sich mit der dunklen Magie und suchte ein Mittel, sich von dem Makel der Bluttrinker reinzuwaschen. Nichts fürchtete Boijakmar mehr als den Fluch der Bluttrinker. Sein Feldzug prägte ihn in dieser Hinsicht. Das dunkle Mal hätte ihn in eine Abhängigkeit zu Quadalkar gebracht und ihn am Ende den Fluch selbst erleben lassen. Die Befreiung von diesem Makel gelang ihm aber nur, indem er einen Mann tötete, weil er ein Gefäß für sich selbst und die dunkle Seite seiner selbst brauchte. Dieses Gefäß bin ich. Boijakmar tötete mich und verbannte meine

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