Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
mit Licht und Schatten zu spielen wusste, um innen wie außen den Eindruck von Größe und Schönheit zu erwecken. Am meisten beeindruckte den Magier das Farbenspiel auf den Eiskristallen, wenn sich das durch Fenster und Decken fallende Licht brach und in allen Farben des Regenbogens schimmerte. Die Flure zogen sich über mehrere übereinanderliegende Ebenen, die durch geschwungene, ebenfalls aus Eis geschlagene Treppen miteinander verbunden waren. Über die an manchen Stellen links und rechts zur Sicherheit angebrachten Geländer konnte man einen Blick auf die darunterliegenden Ebenen werfen, was einen auf den oberen Stockwerken ob der Höhe schwindelig werden ließ. Die meisten Flure waren blank und spiegelglatt poliert. Andere von ihnen zu passierende Bereiche wiesen deutliche Spuren von Vandalismus und Zerstörung auf.
»Wer hat die tiefen Spuren und Kratzer im Eis hinterlassen? Es muss eine immense Arbeit sein, die Flure auf diese Weise in Ordnung zu halten«, wollte Sapius wissen.
»Hm … das war der Sohn des Fürsten mit seinen Schneetigern, und zu meiner Schande muss ich gestehen, einer meiner besten Eiskrieger war ebenfalls nicht ganz unbeteiligt. Manche wissen die Arbeit der Dienerschaft und das Kunstwerk nicht zu schätzen. Macht Euch keine Gedanken deswegen. Die Fürstin scheint sich daran nicht zu stören, also müsst ihr es auch nicht«, antwortete Hassard peinlich berührt.
»Der Sohn des Fürsten? Ich dachte, Alvara und Corusal seien kinderlos geblieben«, fragte Sapius überrascht.
»Nein, nein … wahrscheinlich ist die Nachricht von der Geburt ihres Sohnes noch nicht bis überall durchgedrungen. Wir alle waren glücklich überrascht von der Nachricht, dass dem Fürstenpaar am Ende doch noch ein Erbe geschenkt wurde. Die Fürstin hat das Kind nach Wintereinbruch zur Welt gebracht. Sie hat es offenbar geschickt verstanden, ihre Schwangerschaft vor uns allen bis zur Niederkunft zu verstecken. Wir hatten Glück, dass zu jener Zeit eine Orna im Palast weilte, die der Fürstin zur Hand gehen konnte. Es war eine schwere Geburt und im ganzen Palast herrschte große Aufregung und Vorfreude. Tomal ist ein wahres Wunderkind. Ich bin mir sicher, dass der Fürst einer Begegnung zustimmt, wenn Ihr ihn darum bittet. Er ist sehr stolz auf den Jungen, auch wenn dieser sehr viel Unfug im Kopf hat.«
Sapius konnte sich glücklich schätzen, dass Hassard an diesem Tag gut aufgelegt und ihm gegenüber außergewöhnlich mitteilsam war. So erfuhr er bereits auf dem Weg zu den Gemächern des Fürsten eine Menge über die Ereignisse der vergangenen Monde. Es war offensichtlich, dass Hassard ihn als einen der Ihren ansah und ihm deshalb großes Vertrauen entgegenbrachte, da die gemeinsamen Erlebnisse der Schlacht am Rayhin sie auf eine gewisse Weise, die nur der Kampf und die Not hervorbringen konnten, miteinander verbanden. So hielt der Eiskrieger auch nicht mit seiner kritischen Meinung über den ebenfalls zum Wintereinbruch eingetroffenen Praister Henro hinter dem Berg, der sich seiner Ansicht nach durch Irreführung und falsche Versprechen in das Vertrauen des Fürsten geschlichen hatte. Hassard traute dem Praister nicht über den Weg und hätte diesen am liebsten unter ständiger Beobachtung gehalten. Das wurde ihm vom Fürsten allerdings strikt untersagt. Sie hatten sich deswegen gestritten, und Corusal hatte für ihn in sehr ungehaltener Art und Weise auf die seitens Hassard gegen den Praister geäußerten Verdächtigungen reagiert.
Es kam Sapius wie eine Ewigkeit vor, die sie durch die Flure und Ebenen des Eispalastes gelaufen waren, bis sie endlich ihr Ziel erreicht hatten. Vor den Gemächern des Fürsten waren zwei Wachen postiert, die steif, aber freundlich salutierten, als sie Hassard in Begleitung seines Gastes erkannten. Der Anführer der Eiskrieger erklärte Sapius, dass der Leibwächter des Fürsten zum Schutz des Fürstensohnes abgeordnet worden sei. Einen besseren Beschützer als Baylhard könnte sich Tomal nicht wünschen. Hassard räumte zwar ein, dass die Bewahrer in mancherlei Hinsicht fähiger und als Einzelkämpfer gar unerreichbar sein mochten, wohingegen es Baylhard nichtsdestominder gelungen war, den Bewahrer Chromlion in Schach zu halten und selbst Lordmaster Madhrab von der Erscheinung und den Talenten des Leibwächters zutiefst beeindruckt gewesen war.
Die Wächter stießen das Tor zu den Kammern des Fürsten auf und ließen Hassard und Sapius passieren. Corusal war in ein Gespräch mit
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