Kryson 03 - Zeit der Dämmerung
dem in Rot gewandeten Praister Henro vertieft und blickte von der unerwarteten Störung überrascht auf.
»Was gibt es, Hassard?«, verlangte Corusal irritiert zu wissen. »Ich glaube mich nicht daran entsinnen zu können, dass wir heute beabsichtigten, Audienzen zu geben!«
»Verzeiht mir die Störung, mein Fürst«, sagte Hassard, »… aber diesen Gast werdet Ihr gewiss auch außerhalb der üblichen Audienzzeit empfangen wollen.«
Der Fürst sah sich den Neuankömmling genauer an und schien zwischen einer Art Wiedererkennen und völliger Unsicherheit, wo er den Magier bereits getroffen hatte, zu schwanken. Im Hintergrund hielt sich Henro auf. Er hatte seine Kapuze über den Kopf gezogen und hielt den Kopf so gebeugt, als ob er sich unsichtbar machen wollte. Es entging Sapius jedoch nicht, dass der Praister ihn zugleich mit großem Interesse, aber auch mit Misstrauen musterte.
»Hm … ich glaube … wartet, gleich fällt es mir wieder ein«, rätselte der Fürst, »wir kennen uns bereits. Ihr seid der Saijkalsan, der im Rat der Klanfürsten einen guten Ruf besaß und der uns bei den Beratungen über die Auswahl des Heerführers für die Verteidigung der Klanlande hilfreich zur Seite stand. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr Sapius seid?«
Sapius nickte, jetzt war nicht die Zeit, dem Fürsten zu erläutern, dass er nicht mehr den Saijkalsan angehörte. Er war erstaunt, dass ihn Corusal nach einer nur kurzen Zeit des Überlegens sofort erkannt hatte. Hierfür war ein außerordentlich gutes Erinnerungsvermögen erforderlich, denn sie waren sich tatsächlich erst einmal im Rat begegnet und seitdem war viel geschehen. Interessanter als der scharfe Blick des Fürsten war jedoch die Reaktion des Praisters, als er die Bezeichnung Saijkalsan vernommen hatte. Sein Körper zuckte, von den Augen des Fürsten unbemerkt, erschrocken zusammen, und er versuchte sein Antlitz, in welchem ihm der Mund vor Überraschung offen stand, noch tiefer in der Kapuze zu verbergen.
»Ich zögerte erst und musste sehr genau hinsehen«, fuhr Corusal fort. »Eure Narben und die unübersehbaren schlecht verheilten Verletzungen – Ihr habt Euch seitdem sehr verändert. Wer hat Euch so zugesetzt?«
»Das ist eine lange Geschichte. Wie Ihr Euch denken könnt, haben die Rachuren ihren Teil dazu beigetragen. Ein Unfall mit meinem einstigen Schüler besorgte den Rest«, erklärte Sapius die äußerlichen Veränderungen knapp.
»Ihr solltet den Saijkalsan nicht anhören, Herr«, mischte sich Henro leise zischend in die Unterredung ein, »gleichgültig was er sagt oder von Euch verlangt. Schenkt ihm keinen Glauben. Sein Ansinnen kann nichts Gutes verheißen. Die Saijkalsan sind gefährlich und müssen bekämpft werden.«
»Haltet Euch zurück, Henro!«, wies der Fürst den Praister zurecht. »Sapius ist mein Gast und hat Großes für die Klanlande geleistet. Ihm gebührt mein Respekt und die Aufmerksamkeit, so wie ich Euch, obwohl Ihr ein Praister seid, mein Ohr schenkte, trotzdem mir davon abgeraten wurde.«
»Wie Ihr meint. Ich habe Euch vor ihm gewarnt«, flüsterte Henro beleidigt.
Corusal wandte sich erneut Sapius zu, der das Flüstern des Praisters sehr wohl verstanden hatte. Ihm war jedoch nicht danach, sich mit dem Praister auseinanderzusetzen. Der Magier kannte die feindselige und zerstörerische Einstellung der Praister gegenüber den Saijkalsan nur zu gut. Bis zu einem gewissen Punkt konnte er ihre Ablehnung sogar verstehen und inzwischen teilte er ihre Einstellung über die Gefährlichkeit der Diener der Saijkalrae. Er hatte allerdings seine Gründe dafür und besaß die tieferen Kenntnisse über die beiden Brüder und die Beschränkungen der Macht, die sie ihren Saijkalsan auferlegten. Doch was sich die Praister zur Zeit der großen Inquisition in ihrem Verfolgungswahn geleistet hatten, würde er ihnen nie verzeihen können. Er musste vorsichtig sein, denn die Praister besaßen Einfluss und gute Verbindungen in die Fürstenhäuser bis hin zur Regentenfamilie.
»Was führt Euch zu mir, Sapius?«, fragte Corusal.
»Kann ich in Anwesenheit des Praisters offen zu Euch sprechen?«
»Das könnt Ihr. Nichts, was unter uns gesprochen wird, verlässt ohne meine ausdrückliche Anordnung diese Gemächer«, meinte der Fürst.
»Gut, dann will ich mich kurz fassen und ohne Umschweife zur Sache kommen. Wie ich erfuhr, habt Ihr einen Sohn. Ich bin gekommen, ihn zu sehen«, sagte Sapius freiheraus.
Die linke Augenbraue zweifelnd und
Weitere Kostenlose Bücher